Das Willkommen des Lobes

II.

 

„Lobe, meine Seele, den Herrn und alles, was in mir ist, seinen heiligen Namen.“ (Ps 102, 1)

 

Vor der Kommunion

 „Lobet den Herren!“ So sollte es sein; wie aber ist es in Wirklichkeit? Oh Herr, du weißt es. „Gleich Land ohne Wasser dürstet meine Seele nach dir.“ (Ps 142, 6) Hart und unbeweglich wie ein Fels, kalt wie Eis, schwer wie Blei, vermag ich nichts und fühle ich nichts; aber meine Unempfindlichkeit, mein Elend lastet schwer auf mir. Ich kann mich betrüben über die Sünde und Untreue, die wahrscheinlich Ursache dieser Unempfindsamkeit sind, aber ich kann nichts tun, um derselben loszuwerden. Anstrengung würde die Sache verschlimmern. Besser ist es, ruhig zu deinen Füßen zu liegen und zufrieden zu sein mit einem Zustand, der wohl der Prüfungen und Demütigungen genug in sich schließt, der aber keine Sünde ist und infolgedessen dir nicht missfallen kann. Und da dem so ist, warum soll ich mich betrüben? Quare tristis est anima mea? Warum bist du traurig, meine Seele, und warum betrübst du mich? Hoffe auf Gott, denn ich will fortwährend ihn lobpreisen. Gerade meine Ohnmacht preiset ihn, sie preiset seine Allmacht, die in solchem Gegensatz zu meiner Schwäche steht, sie preiset seine Güte, die sich zu meinem Elend herablässt, sie preiset seine Liebe, die meine Kälte erträgt und mich zu seiner Umarmung zulässt, gerade so wie ich bin.

„Lobet Gott zu aller Zeit!“ (Tob 4, 20) Ja, oh Herr, das ist mein Wunsch, sogar dann, wenn die Worte des Lobes nur ungern und langsam über meine Lippen kommen. „Mit willigem Herzen will ich bekennen,“ sagt David. (Ps 27, 7) Nichts erwähnt er von Gefühlen. Du forderst sie nicht; warum soll ich mich deshalb grämen?

Das sind Zeiten, die trotz aller Pein nicht ohne Trost sind. Es ist nichts Geringes, auf meine eigenen Kosten eine so erhabene Majestät gastlich aufzunehmen. Und wenn du zufrieden bist, muss ich es wohl auch sein. Lasse nur nicht zu, dass mein Zustand dir missfalle oder dich beleidige, und ich will ihn geduldig, ja freudig ertragen; denn all das geht vorüber. Du verbirgst dein Angesicht; doch dieses Verbergen sowie auch der qualvolle Gedanke, dass ich dir nicht voll entsprechen kann, endigt mit diesem Leben. Nur eine kleine Weile noch — und ich werde dich von Angesicht zu Angesicht schauen; meine Seele wird dich verherrlichen, so wie ich es wünsche. „Ich werde satt werden, wenn sichtbar wird deine Herrlichkeit. (Ps 16, 15)

Oh mein Gott, ich opfere dir jenes Lob auf, das meine Seele anstimmen wird in dem Augenblick, wenn sie durch die Tore der Ewigkeit eingehen und sich mit der Schnelligkeit des Lichtes zu deinem Throne hinschwingen wird. Wenn sie, durch den Anblick deines Wesens entfesselt, in den wonnevollen, nimmer endenden Jubelgesang einstimmen wird, wenn keine Schwermut, keine Traurigkeit den Flug ihrer Liebe hemmen, noch Selbstsucht das an sich reißen wird, was dir mit Recht gebührt, wie die Lärche in der Höhe des Himmels der Sonne entgegentrillert, so wird dann mein ganzes Wesen dir entgegenjubeln.

Was aber, oh mein Gott, habe ich einstweilen dir anzubieten? Habe ich nichts, wirklich nichts, wodurch ich wenigstens meinen guten Willen beweisen könnte? Ein guter Wille ist reich an Erfindungen, alles ist ihm Mittel und Weg, ja sogar Hindernisse sind ihm dienlich. Was kann ich in meiner Armut finden, das zu deinem Lobe tauglich wäre? Eine Unempfindlichkeit, die nichts bewegen, eine Starrheit und Härte, die nichts durchdringen kann, sind das die Gefühle, die zu deinem Lobpreis dienen? Ja, denn auch sie können den Schöpfer verherrlichen, der sich würdigt, auf dieses Elend, auf diese Armut seines Geschöpf herabzublicken. Sie können zu einem überaus angenehmen Opfer werden, wenn ich sie zerknirschten und gedemütigten Herzens, als Strafe für meine Sünden hinnehme. Sie können zur Verstärkung des Gegensatzes dienen, der zwischen dem allmächtigen, von Liebe brennenden Schöpfer und seinem armseligen, hilflosen Geschöpfe besteht, das sich weder zu ihm erheben kann, noch sein Entgegenkommen zu erwidern vermag. Oh mein Gott, diese Ehre, dieses Lob bringe ich dir da, und zwar mit freudigem Herzen. Das ist mein Eigentum, meine persönliche Gabe, denn ohne mich könntest du sie nicht haben. Nimm diese Gabe an als Pfand dessen, was ich geben würde, wenn ich dazu imstande wäre, und dessen, was ich dir eines Tages wirklich geben werde. Meine Seele ist jetzt wie ausgetrocknetes Erdreich vor dir, o Herr. Aber der Tag wird kommen, an dem „die öde Wüste sich freuen und die Einöde frohlocken und wie eine Lilie blühen wird. Sie wird sprossen und frohlocken, in Freude lobsingend.“ (Is 35, 1)

 

Nach der Kommunion

Würdig bist du, Herr, unser Gott, zu empfangen Preis und Ehre und Kraft. (Offb 4, 11)

„Ihr Diener des Herrn, preiset den Herrn, lobet und erhebet ihn über alles in alle Ewigkeit!“ (Dan 3, 85)

„Jauchzet zu Gott, alle Lande; lobsinget seinem Namen!“ (Ps 65, 1)

„Dich sollen preisen, o Herr, alle deine Werke und deine Heiligen dich rühmen!“ (Ps 144, 10)

“Lobsinget unserm Gott, lobsinget! Lobsinget unserm König, lobsinget!“ (Ps 46, 7)

„Gut ist es, den Herrn zu preisen und zu lobsingen deinem Namen, Allerhöchster!“ (Ps 91, 2)

„Lobe meine Seele den Herrn! Ich will loben den Herrn, solange ich lebe, will lobsingen meinem Gotte, solange ich bin.“ (Ps 145, 2)

„Laudamus Te, bennedicimus Te, adoramus Te, glorificamus Te.“ "Wir loben dich, wir benedeien dich, wir beten dich an, wir verherrlichen dich.“

Laudamus Te. Oh mein Gott, ich lobe dich um deiner selbst willen. Was sich mir in deinen Vollkommenheiten zeigt, das ist in Wirklichkeit deine Natur, deine Wesenheit. Du bist nicht allmächtig, weise, wahr, schön, liebend, gut; du bist die Allmacht, die Weisheit, die Wahrheit, die Schönheit, du bist die Liebe und Güte selbst. Ich preise dich also für das, was unendlichen Preises würdig ist. Oh, dass ich dazu fähig wäre, nichts Geringeres würde ich dir bieten! Und, Dank sei dir gesagt, jetzt, da dein innig geliebter Sohn in mir ist, bin ich dazu fähig; er preiset dich aus aller Kraft und mit der ganzen Liebe seiner heiligen, menschlichen Seele. Ich vereinige meinen Lob mit dem seinigen. Durch ihn, mit ihm und in ihm, in Vereinigung mit allen Engeln und Heiligen, die dich durch ihn verherrlichen, erhebe ich lobpreisend meine Stimme zu dir.

Benedicimus Te. Mein Gott, ich preise dich für alles, was du uns bist; für deine ewige Liebe zu uns, für alles, was du in der Zeit für uns gewirkt hast. Ich preise dich für die Menschwerdung und das Leben, den Tod und die Auferstehung deines vielgeliebten Sohnes. Ich preise dich, dass du uns seine Mutter und seine Kirche gegeben hast; für alle Sakramente, besonders das allerheiligste Sakrament des Altares, und für jene, ohne welches die Eucharistie ein für uns unerreichbares Geschenk wäre, für das Sakrament der Versöhnung und des Friedens.

Oh Gott, ich preise dich für alles, was du mir aus deinem Gnadenschatz verliehen hast, Leben, Zeit und Gnade; für all die Gaben der Seele und des Leibes, die du mir, je nach meine Bedürftigkeit einerseits, und deinen Absichten für meine ewige Glückseligkeit andererseits gegeben oder vorenthalten hast. Ich preise dich für all die Gnaden und Vorteile, die du mir durch das heilige Messopfer, die Sakramente und das Gebet gewährt hast. Ich preise dich für deine unerschütterliche Geduld mit mir und die Vergebung meiner vielen Sünden; ich preise dich, dass du so oft in der heiligen Kommunion zu mir gekommen bist und mir in meinem Elende deine hilfreiche Hand geboten hast, für die Einsprechungen und Einladungen, durch welche du mich an dich zu ziehen gesucht hast. Ich preise dich für die Freuden und Leiden meines Lebens, die nach deiner weisen Vorsehung mein Bestes bewirken. Ich preise dich für die Gnade der Beharrlichkeit in deinem Dienste; für dein gnädiges Gericht über mein armes, sündenvolles Leben; für den Platz in deinem Reiche, auf den du mich, nach Ablauf der Zeit meiner Läuterung, berufen wirst; für die Freude, auf immer und ewig in deiner Gegenwart zu weilen und dein unverhülltes Angesicht schauen zu dürfen.

„Alltäglich will ich dich preisen und deinen Namen loben ewig, ja immer und ewig.“ (Ps 144, 2)

Adoramus Te. Mein Gott, ich bete dich an. In diesem Leben habe ich nur eine ganz schwache Vorstellung von jener Anbetung, jener Selbstvernichtung, welche meine Seele bei dem Anblick deiner Heiligkeit, deiner Majestät, deiner Schönheit und Macht empfinden wird. Aber in diesem Augenblicke ist Christi Seele in mir gegenwärtig, die deine göttliche Majestät vollkommen erkennt und welche dir die gebührende Anbetung darbringen kann. Mit ihrer Anbetung vereinige ich die meinige. Durch ihn und mit ihm und in ihm sei dir, oh Gott Vater, in Einheit des Heiligen Geistes Ehre und Herrlichkeit von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Glorificamus Te. Oh mein Gott, ich verherrliche dich für alles, was du in dir selbst bist, und für all die Offenbarungen deiner selbst im Reiche der Natur, der Gnade und der Herrlichkeit. Die unvernünftigen Geschöpfe verherrlichen dich dadurch, dass sie deinen Willen erfüllen. Die Himmel verkünden Gottes Ruhm, Erde und Meer erheben lobpreisend ihre Stimme zu dir. Oh dass auch alle Menschen dich verherrlichen! Oh dass sie alle der Aufforderung nachkommen möchten: „Lobsinget unserm Gott, alle seine Diener und die ihr ihn fürchtet, klein und groß!“ (Offb 19, 5)

„Preiset den Herrn, so hoch ihr könnt, er ist doch noch höher, denn seine Herrlichkeit ist wunderbar; lobet den Herrn, erhebet ihn, soviel ihr könnt, denn er ist größer als alles Lob!“ (Sir 43, 32 f.) So armselig ich auch bin, nach der Kommunion kann ich nach Gebühr ihn preisen. Seine unbegrenzten Vollkommenheiten übertreffen nicht mein Lob. Ich kann sie unendlich verehren. Ich kann sie erheben, soviel sie es verdienen. Denn alles vermag ich in dem, der mich stärkt. Nicht ich, sondern mein Herr und Gott, der nun in mir ist. Durch ihn, mit ihm, in ihm, sei Gott, dem Vater, in Einheit des Heiligen Geistes, Ehre und Ruhm von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

 

Aufopferung und Bitte

Gebet vor einem Kruzifix