Das Willkommen des Glaubens

II.

 

„Ich glaube, Herr, hilf meinem Unglauben!“ (Mk 9, 23)

 

Vor der Kommunion

Glaube, lebendiger Glaube würde alle unsere geistigen Übel heilen und all unserer Not abhelfen. Nichts als diesen lebendigen Glauben forderte der Herr von denen, die hilfeflehend zu ihm kamen, als er auf Erden wandelte. Glaube fordert er auch von uns allen. „Er konnte dort nicht viel Wunder wirken wegen ihres Unglaubens,“ so wird uns berichtet, als ob diese ungläubige Gesinnung seine Hände gebunden und sogar seine Allmacht beeinträchtigt hätte. Andrerseits sagte er zu dem Vater, der ihn um die Heilung seines Sohnes anflehte: „Wenn du glauben kannst, alles ist dem möglich, der glaubt.“ Er spricht, als ob die Erhörung unserer Gebete viel mehr in unserer Hand als in der seinigen läge. Dieser arme Vater hatte gesagt: „Wenn du etwas vermagst, hilf uns, habe Mitleid mit uns!“ Jesus aber sprach zu ihm: „Wenn du glauben kannst, so ist alles möglich.“ Und sofort rief der Vater unter Tränen aus: „Ich glaube; Herr, hilf meinem Unglauben!“ Und von jener Stunde an war der Knabe geheilt. Aus den Worten unseres Herrn erkennen wir, dass er weiß, wie schwer uns der Glaube fällt, ferner dass er uns zu einem lebendigen Glauben zu führen sucht., indem er uns den Lohn dafür darbietet, und dass der Glaube alles, was er will, von ihm erlangt. Er versteht die Schwierigkeit, die uns der Glaube macht. Umgeben von sichtbaren Dingen, fällt uns die Überzeugung schwer, dass das, was wir täglich sehen und mit Händen greifen und das uns so fest und dauernd scheint, doch nichts als ein Schatten ist, im Vergleich mit den unsichtbaren Dingen, in deren Mitte wir einst leben werden. Es fällt uns schwer, die Tatsache festzuhalten, dass wir bei Tag und Nacht, beim Wachen und Schlafen, unter dem Auge desjenigen sind, der uns näher ist, als wir selbst uns sein können; dass wir in ihm leben, uns bewegen und sind, und in ihm jede Fähigkeit der Seele und des Leibes gebrauchen; dass, unbeschadet unserer Willensfreiheit, seine Vorsehung doch alle unsere Handlungen so leitet, dass sie zur Vollstreckung seiner Absichten dienen.

Wir sehen so schwer ein, dass diese Vorsehung, welche Schmerz, Kummer, sogar moralische Übel zulässt, doch alles zum Besten der Auserwählten wendet, und dass ohne ihr Wissen kein Haar von unserem Haupte fällt, dass wir, obgleich elend und klein in unseren Augen, doch in den Augen unseres himmlischen Vaters unaussprechlich teuer und kostbar sind, dass er uns immer gut aufnimmt, wenn wir zu ihm kommen, und am allerbesten dann, wenn wir kommen, um Vergebung unserer Sünden zu bitten. Schwer fällt uns die Überzeugung, dass dieselbe göttliche Person, die das Haus zu Nazareth heiligte, in jeder katholischen Kirche zugegen ist, nicht bildlich, sondern wirklich und wahrhaftig; dass derjenige, der mit seinen zwölf Aposteln längst des Sees dahinwandelte, der mit ihnen aß und trank, der schlief, wenn er ermüdet war, betete, wenn, Kummer ihn drückte, der über den Verlust eines Freundes weinte, der freudigen Herzens erschien, wo immer ein Willkommen ihn erwartete, und der trauerte, wenn die Seinigen ihn nicht aufnahmen, —  dass er noch immer auf Erden weilt, mitten unter uns, mit Fleisch und Blut, mit Gottheit und Menschheit, unveränderten Wesens, mit derselben Zärtlichkeit und Liebe, die ihn während seines irdischen Lebens seinen Freunden so teuer machten!

Diese Wahrheiten sind schwer mit so lebendigem Glauben festzuhalten, dass sie uns in Fleisch und Blut übergehen. Daher sagt der Herr: Wenn du glauben kannst. Welch andere Antwort hätten wir, als die Worte des jüdischen Vaters: Ich glaube; Herr, hilf meinem Unglauben!

Bereitwillig hilft er uns; doch wie überall, so auch hier: Er hilft jenen, die sich selbst helfen. Und wie helfen wir uns? Durch die ruhige Erwägung dessen, was wir durch den Glauben besitzen. Er verlangt von uns keine Anstrengung, um andächtige Gefühle zu erwecken, er verlangt nur den überlegten Akt des Glaubens. Ganz nahe meinem Herzen ist nach der Kommunion  jenes Herz, das mich bis in den Tod geliebt, dass sich erschöpft hat in allen Arten von Opfern und Arbeiten, das, um meine Liebe zu gewinnen, sich der lieblichsten Gleichnisse bediente; das Herz, das meinen Undank schmerzlich fühlte und das mich jetzt auffordert, Sühne zu leisten für die Vergangenheit und Liebe mit Liebe zu vergelten. Wie könnte ich, von diesem Beweggründen ausgehend, meinen Glauben beteuern, ohne wenigstens den Wunsch zu fühlen, die verlangte Gegenliebe entgegenzubringen?

Oh Gott, mein Gott, ich glaube fest und unerschütterlich, dass ich im Begriffe stehe, jenes Herz in mein Herz aufzunehmen, das mich bis zum Tode am Kreuze geliebt. Ich glaube an seine Liebe zu mir. Obgleich ich schwach, unwürdig und wiederholt in Sünden gefallen bin, zweifle ich nicht an deiner Liebe zu mir. Gerade für Seelen wie die meine ist das Wunder des heiligen Sakramentes gewirkt worden — ein Heilmittel gegen jede Krankheit der Seele. Ich glaube, Herr, ich glaube, hilf meinem Unglauben! Du kennst die Schwierigkeiten, die sich mir entgegenstellen, besser als ich selbst. Du weißt, wie die Sorgen des Lebens, die ich jeden Morgen auf mich nehme, mich niederdrücken, meine Gedanken in Anspruch nehmen und mir wenig Zeit lassen für die Erinnerung an dich und die Angelegenheiten meiner Seele. Eben aus diesem Grunde komme ich zu dir und werfe alle meine Sorgen auf dich; aus diesem Grunde übergebe ich meine Seele in deine Hut; aus diesem Grunde vertraue ich dir an meine Leiden und Versuchungen, die arbeitende Hand, den geschäftigen Geist, das Gesamtwerk meines Lebens; richte du es empor, heilige es, mache es verdienstvoll für den Himmel! Mit deinen Werken vereinige ich die meinigen; ich will sie einzig nur für dich vollbringen. Ich glaube, dass du wirklich zugegen bist, weil du es gesagt hast. Erinnere dich an dein Wort: Alles ist dem möglich, der glaubt, und zum Lohn für meinen Glauben heile meine Seele!

 

Nach der Kommunion

 In tiefster Anbetung beuge ich mich vor dir, o mein Gott und Heiland! Du bist derselbe, der auf das Wort: „Herr, ich glaube“ das kranke Kind des israelitischen Vaters geheilt hat; du bist derselbe. Herr, ich glaube und vor dir niederfallend bete ich dich an.

„Betet ihn an, ihr alle seine Engel!“ (Ps 96, 7)

„Lobet den Herrn, alle seine Auserwählten, und danket ihm!“ (Tob 13, 10)

„Lobsinget unserm Gott, ihr alle seine Diener, und die ihr ihn fürchtet, klein und groß! (Offb 19, 5)

„Lobsinget seinem Namen, lasset herrlich erschallen sein Lob!“ (Ps 65, 2)

„Denn dieser ist Gott, unser Gott in Ewigkeit, auf immer und ewig.“ (Ps 47, 15)

„Würdig bist du, Herr, unser Gott, zu empfangen Preis und Ehre und Kraft.“ (Offb 4, 11)

„Amen! Lob und Herrlichkeit und Weisheit und Dank, Ehre und Macht und Kraft sei unserem Gott in alle Ewigkeit. Amen!“ (Offb 7, 12)

Durch deine Berührung wurde jener arme, kranke Knabe geheilt; tue mir desgleichen; ich glaube fest, dass du es kannst. Ich hoffe auf dich, indem ich mein Vertrauen auf deine Liebe und dein Mitleid setze. Krank und verwirrt, wie ich bin, übergebe ich mich deinen Händen. „Wenn du etwas vermagst,“ so sprach der Vater des armen Knaben. Ich weiß, Herr, dass du alles vermagst und dass du mit einem einzigen Wort mir helfen kannst. Überdies weiß ich, dass dein Wunsch, mir zu helfen, noch größer ist als mein Verlangen nach Hilfe. Ich liebe dich und danke dir für deine Güte und überlasse mich ganz dir. Dank sei dir gesagt für die unverdiente Gabe des Glaubens, der mich lehrt, dass du wirklich und wahrhaftig in mir zugegen bist. Herr, vermehre meinen Glauben, denn in dem Maße, als er wächst, werden Hoffnung und Liebe mit ihm zunehmen! Hilf, dass ich nach diesem Glauben lebe, gib, dass er alle meine Werke durchdringe! Gib, dass ich deine Hand in allen Vorkommnissen dieses Lebens erkenne, dass ich die Leiden mir zunutze mache, dass ich die vergänglichen Dinge der Zeit im Lichte der Ewigkeit betrachte, dass ich lebe für das zukünftige Leben!

„Herr, vermehre meinen Glauben!“ Das war das Gebet deiner Apostel, das Flehen all deiner Heiligen. Ihr ganzer Gottesdienst, all ihre Verdienste, die ganze Macht ihre Gebete, ihr guter Einfluss, ihre Liebe zu dir, ihre Freude in dir die ganze Ewigkeit hindurch entspross jenem Keime, — der einst klein war wie das Senfkorn — dem Glauben ihrer Taufe, dem Glauben der einen wahren Kirche.

Auch ich bin ein Kind der Kirche; auch ich habe den Glauben, den die Heiligen haben. O mein Gott, lasse ihn in meinem Herzen Frucht bringen, wie in dem ihrigen! Vermehre meinen Glauben! Gib mir jenen Glauben, der Berge versetzt, der jedes Hindernis, das mich von dir trennen könnte, aus dem Weg räumt und dem du einst das Lob erteilen wirst: Groß ist dein Glaube!

 

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