66. Kapitel

Von den Anfechtungen durch trügerische Vorspiegelungen und Erscheinungen in der Todesstunde

Sollte unser Feind, der in seiner Hartnäckigkeit mit seinen Belästigungen niemals aufhört, dir durch Blendwerke und trügerische Erscheinungen als Engel des Lichtes zusetzen wollen, so verhalte dich ganz ruhig und unerschüttert in dem Bewußtsein deines Nichts und rede ihn mit Kühnheit an: „Weiche von hinnen, Unseliger, in deine Finsternis, ich verdiene keine Erscheinungen und bedarf einzig der Barmherzigkeit meines Jesus und der Fürbitte Mariens, des heiligen Josef und der übrigen Heiligen."

Scheint es dir aber infolge zahlreicher und fast unwidersprechlicher Anzeichen, daß die Gesichte himmlischen Ursprunges sind, weise sie auch dann mit Entschiedenheit zurück. Fürchte nicht, daß dein Widerstand, der sich auf deine Unwürdigkeit gründet, dem Herrn mißfällt. Denn stammt die Erscheinung von ihm selbst, dann wird er es schon deutlich kundtun, und du wirst nichts verlieren, da er seine Gnade, die er den Demütigen schenkt, ihnen wegen der Übung der Demut nicht entzieht.

Dies sind die gebräuchlichsten Waffen, deren sich der Feind beim letzten Hinscheiden wider uns bedient. Außerdem versucht er aber einen jeden nach seiner eigentlichen Neigung, die er als dessen schwache Seite kennt.

Deshalb sollen wir uns bereits vor dem Nahen der Stunde unseres Entscheidungskampfes wider unsere heftigeren Leidenschaften wohl rüsten und sie mit Nachdruck bekämpfen, um uns den Sieg in jenem Augenblick zu erleichtern, der uns jede Möglichkeit raubt, ihn sonst zu erringen.