Einleitung

Viele Umstände pflegen die Art und Weise unserer Vorbereitung für den Besuch eines Gastes zu bestimmen — seine Stellung, seine Beziehungen zu uns, der Zweck seines Besuches, vielleicht auch unsere persönlichen Bedürfnisse. Für alle diese Fälle und für jeden einzelnen gibt es nur ein passendes Wort. Und dieses Wort heißt „Willkommen“. Ob der Gast dieses Wort von unseren Lippen hört, ob er es auf unserem Antlitz liest, gleichviel, er ist zufrieden. Ein „Willkommen“ in leuchtenden Buchstabe begrüßt den Herrscher. „Willkommen“ klingt schön von den Lippen des ärmsten Bauern, wir hören es gerne selbst von einem, den wir nicht näher kennen. „Willkommen“ passt für den vertrauten Freund wie für den Verwandten, es steht auch dem Kinde gut. Es ermüdet nicht, es wird nicht langweilig oder überflüssig. Denn je nach den Umständen ändert es seine Bedeutung, indem es bald den Gast, bald uns selbst erfreut. Ist jemand fröhlich oder traurig, ist ihm Unrecht geschehen, ist er müde, geängstigt, beunruhigt: „Willkommen“ pass für alle Fälle.

Unser Herr ist einer aus uns und in allem, die Sünde ausgenommen, ist er uns ähnlich geworden. Sein Herz erwidert, gleich unserem Herzen, den Gruß „Willkommen“. Schneller schlug sein Herz, wenn er, müde von der Arbeit des Tages, am Abend die Schwelle des Hauses zu Nazareth überschritt und ein „Willkommen“ im Antlitze seiner Mutter las, wenn er dieses „Willkommen“, hell und glänzend, dem ganzen Hause zu Bethanien aufgedrückt sah und Marthas ehrfurchtsvollen, doch herzlichen Gruß und das Lispeln ihrer Schwester vernahm, unhörbar für alle andern, nur nicht für ihn. So süß ist dieses „Willkommen“ seinem Ohr, dass er sich herablässt, es zu erbitten: „Zachäus, steig eilends herab, denn heute muss ich in deinem Hause Einkehr nehmen. Und Zachäus stieg herab und empfing ihn mit Freuden.“ „Und als die Jünger, die nach Emmaus gingen, sich dem Flecken, ihrem Ziele, näherten, da stellte er sich, als wollte er weitergehen. Aber sie drangen in ihn und sprachen: Bleib bei uns;, denn es wird Abend und der Tag hat sich schon geneigt. Und er ging mit ihnen hinein.“

Hören wir, wie der Heiland anderseits das Willkommen vermisst und wie schmerzlich ihn die bloß äußerliche Form des an Anstandes berührt: „Du gabst mir keinen Kuss.“

Wir wissen also, was wir ihm bieten sollen; das Hauptziel bei unseren Kommunionen muss seine Freude sein. Allerdings gehen wir zu ihm, um gesättigt, bereichert, getröstet zu werden; doch ein stärkerer Grund, ein dringenderes Bedürfnis muss für uns die Erwiderung seiner Liebe sein; mit Freuden müssen wir den Gast in unser Herz aufnehmen, dessen Wonne es ist, bei uns zu sein.

Unser Willkommen pflegt, die wir gesehen, verschieden zu sein, je nach der vorherrschenden Stimmung. Bald ist es frohlockend, bald demütig, bald ernst und voll der tiefsten Gefühle und dann wieder der Ausdruck des Dankes, je nachdem Lob oder Reue, Vertrauen und Sehnsucht oder Liebe das Zepter führen. Aber immer sind es nur Variationen über einen Akkord und jede derselben wird ihr Echo finden in seinem eigenen „Willkommen“ an der Schwelle unserer ewigen Heimat. Wenn wir herauskommen aus der Finsternis der Welt, werden wir ihn dort erblicken, wie er auf uns wartet. Unzählige Male ist er uns als Gast Willkommen gewesen, während der Zeit unserer Pilgerfahrt; nun ist unsere Stunde gekommen, nun sind wir seine Gäste. „Kommet, ihr Gesegneten meines Vaters, besitzet das Reich, das euch vom Anbeginn der Welt bereitet ist. ... Gehe ein in die Freude deines Herrn. ....“