Aussprüche des hl. Johannes M. Vianney, Pfarrer von Ars

GLAUBENS- UND GEBETSLEBEN

 

ÜBER DAS GEBET

 

Das Gebet ist nichts anderes als eine Vereinigung mit Gott. In dieser innigen Vereinigung sind Gott und die Seele gleichsam zwei zusammengeschmolzene Stücke Wachs, die man nicht mehr trennen kann. Diese Vereinigung Gottes mit seinem kleinen Geschöpf ist eine unbegreifliche Glückseligkeit.

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Gott hat uns in seiner Güte gestattet, zu ihm sprechen zu dürfen. Unser Gebet ist wie ein Weihrauch, den er mit dem größten Wohlgefallen aufnimmt.

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Das Gebet ist die Erhebung der Seele zum Himmel.

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Je mehr jemand betet, desto mehr will er beten. Der Betende gleicht einem Fisch, der anfangs auf der Oberfläche des Wassers schwimmt, dann untertaucht und immer tiefer hinabdringt. Die Seele versenkt, vertieft, verliert sich in den Süßigkeiten des Umgangs mit Gott.

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Wenn man betet, muß man Gott sein Herz öffnen.

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Um gut zu beten, braucht es nicht vieler Worte. Man weiß, daß im Tabernakel der liebe Gott ist. Man öffnet ihm sein Herz, man ist gern in seiner heiligen Gegenwart. Dies ist das beste Gebet.

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Sobald man am Morgen erwacht, soll man Gott sein Herz, seinen Geist, seine Gedanken, seine Worte, seine Handlungen, seine ganze Person darbringen, um sich ihrer nur zu seiner Ehre zu bedienen.

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Jene, die nicht beten, bücken sich zur Erde, wie ein Maulwurf, der ein Loch macht, um sich darin zu verbergen. Sie sind ganz irdisch, ganz vertiert und denken nur an das Zeitliche.

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Wer nicht betet, ist wie ein Hühnchen, das sich nicht in die Lüfte erheben kann. Wenn es ein wenig fliegt, sinkt es gleich wieder herab. Wer betet, ist dagegen wie ein unerschrockener Adler, der in der Luft schwebt und sich immer der Sonne zu nähern scheint.

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Nichts betrübt das Herz Jesu so sehr, als sehen zu müssen, daß seine Leiden für so viele verloren sind. — Beten wir also für die Bekehrung der Sünder! Dies ist das schönste und nützlichste Gebet. Denn die Gerechten sind auf dem Wege zum Himmel, und den Seelen im Fegfeuer ist der Eintritt dazu gesichert. — Aber die Armen Sünder, die armen Sünder! — Das Los einiger ist unentschieden. Ein Vaterunser und ein Ave Maria könnte sie retten. — Wie viele Seelen können wir doch durch unsere Gebete bekehren! Wer eine Seele vor der Hölle bewahrt, rettet diese und die eigene Seele.

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Wie oft gehen wir in die Kirche, ohne zu wissen, was wir tun und um was wir bitten wollen!

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»Reden Sie nicht so viel in den Zeitungen, aber um so mehr vor dem Tabernakel!«

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O wie schön ist das Gebet! Ein Mensch, der in der Gnade Gottes lebt, hat nicht nötig, daß man ihn beten lehre; er kennt das Gebet von selbst, weil es seinem innersten Bedürfnis entspricht.

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Beim guten Gebet vergeht die Zeit mit großer Schnelligkeit und so angenehm, daß man ihren Ablauf kaum bemerkt.

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Der liebe Gott bedarf unser nicht. Wenn er uns aber gebietet, zu beten, so tut er es, weil er unser Heil will, und weil unser Heil nur darin bestehen kann.

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Wenn im Himmel ein Tag ohne Anbetung möglich wäre, so wäre es nicht mehr der Himmel. Und wenn die armen Verdammten ungeachtet ihrer Leiden beten könnten, so wäre es keine Hölle mehr.

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Zwei Dinge sind erforderlich, um sich mit unserm Herrn zu vereinigen und sein Heil wirken zu können: das Gebet und die Sakramente.

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Das gute Gebet macht die ganze Glückseligkeit des Menschen auf Erden aus.