Aussprüche des hl. Johannes M. Vianney, Pfarrer von Ars

GLAUBENS- UND GEBETSLEBEN

 

GOTTES BARMHERZIGKEIT UND GERECHTIGKEIT

 

Es gibt Menschen, die dem ewigen Vater ein hartes Herz zuschreiben. Oh, wie sehr täuschen sie sich! Der ewige Vater hat, um seine eigene Gerechtigkeit zu entwaffnen, seinem Sohne ein über alle Maßen gutes Herz gegeben. Man gibt nicht, was man nicht hat. Der Heiland hat zu seinem Vater gesagt: »Mein Vater, vergib ihnen!«

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Der liebe Gott ist ebenso gern bereit, uns zu vergeben, wenn wir ihn darum bitten, wie eine Mutter bereit ist, ihr Kind dem Feuer zu entreißen.

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Denkt euch eine arme Mutter, die das Beil der Guillotine auf das Haupt ihres Kindes fallen lassen muß: das ist der liebe Gott, wenn er einen Sünder verdammt.

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»Ich habe zu viel Böses getan«, sagst du, »der liebe Gott kann mir nicht vergeben«. Das ist eine grobe Lästerung. Man setzt damit der Barmherzigkeit Gottes Grenzen, während sie doch keine hat. Sie ist ja unendlich.

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Hätte jemand auch so viel Böses getan, als nötig ist, um eine ganze Pfarrei ins Verderben zu stürzen, so wird ihm doch der liebe Gott alles verzeihen, wenn er es aufrichtig beichtet, wahrhaft bereut und fest entschlossen ist, es nie mehr zu tun.

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Der liebe Gott ist gar nicht böse, aber gerecht ist er. Glaubt ihr, er werde euch um den Hals fallen, nachdem ihr ihn euer ganzes Leben lang verachtet habt? O wie sehr irrt ihr euch! Es gibt ein Maß der Gnade und der Sünde, nach welchen sich Gott zurückzieht. — Was würdet ihr von einem Vater sagen, der zwei Kinder, von denen das eine gut, das andere böse ist, auf ganz gleiche Weise behandelte? Gewiß würdet ihr sagen: »Dieser Vater ist nicht gerecht«. Nun seht, auch Gott wäre nicht gerecht, wenn er zwischen denen, die ihm dienen, und denen, die ihn beleidigen, gar keinen Unterschied machen würde.