NEUNUNDVIERZIGSTE ROSE

A) Bemerkungen über die Ablässe

Damit du beim Beten deines Rosenkranzes die den Mitgliedern der Rosenkranzbruderschaft gewährten Ablässe gewinnest, ist es angezeigt, einige Bemerkungen über die Ablässe beizufügen.

Der Ablaß im allgemeinen ist eine Nachlassung der zeitlichen Strafen für begangene Sünden durch Zuwendung der überfließenden Genugtuungen Jesu Christi, seiner heiligsten Mutter und aller Heiligen, welche Genugtuungen im Kirchenschatz enthalten sind.

Der vollkommene Ablaß ist eine Nachlassung aller Sündenstrafen; der unvollkommene, z.B. von 100 Tagen, ist die Nachlassung so vieler Strafen, als man in 100 Tagen getilgt hätte, wenn man eine Buße von entsprechender Dauer nach den alten kirchlichen Satzungen erhalten hätte. Nun schrieben aber diese Satzungen für eine einzige Todsünde sieben und manchmal zehn und fünfzehn Jahre Buße vor, sodaß eine Person, die zwanzig Todsünden begangen hatte, wenigstens zwanzigmal sieben Jahre Buße hätte leisten müssen, und so weiter.

Damit die Mitglieder der Bruderschaft die Ablässe gewinnen, müssen sie:

1. wahrhaft bußfertig sein und die heiligen Sakramente empfangen, wie die Ablaßbullen es vorschreiben;

2. dürfen sie keine Anhänglichkeit an irgendeine läßliche Sünde haben, weil mit der bleibenden Anhänglichkeit an die Sünde die Schuld bleibt, die Strafe aber nicht nachgelassen wird, solange die Schuld vorhanden ist;

3. müssen sie die Gebete und anderen guten Werke verrichten, die in den Bullen vorgeschrieben sind. Wenn man nach der Meinung der Päpste einen unvollkommenen Ablaß, z.B. von 100 Tagen gewinnen kann, ist der Empfang der Sakramente nicht immer notwendig, wie z.B. bei den Ablässen, die mit dem Gebet des Rosenkranzes verbunden sind, mit den Prozessionen, den geweihten Rosenkränzen usw. Vernachlässige diese Ablässe nicht!

Flamin und viele andere Schriftsteller berichten, eine Dame aus vornehmer Familie, namens Alexandra, die wunderbar bekehrt und vom heiligen Dominikus in die Rosenkranzbruderschaft aufgenommen worden war, sei ihm nach ihrem Tode erschienen und habe zu ihm gesagt, sie sei zu siebenhundert Jahren Fegfeuer verurteilt worden wegen mehrerer Sünden, die sie durch ihre weltlichen Eitelkeiten begangen habe, und sie bat ihn, er möge ihr helfen und durch die Gebete der Mitglieder der Rosenkranzbruderschaft Hilfe zukommen lassen, was er auch tat. Vierzehn Tage darauf erschien sie dem heiligen Dominikus leuchtender als eine Sonne, denn so rasch war sie durch die Gebete erlöst worden, welche die Mitglieder der Bruderschaft für sie verrichtet hatten. Sie sagte ihm ferner, die Armen Seelen im Fegfeuer lassen ihn bitten, mit der Predigt des heiligen Rosenkranzes fortzufahren und Sorge zu tragen, daß ihre Verwandten sie an ihrem Rosenkranz teilnehmen lassen, wofür sie dieselben überreichlich belohnen würden, wenn sie einmal in die Glorie eingegangen wären.

 

 

B) Ablässe für das Beten des Rosenkranzes (gem. der Ordnung von 1968)

Das Rosenkranzgebet erhält einen Vollablaß, wenn es in einer Kirche oder öffentlichen Kapelle, in der Familie, in einer religiösen Gemeinschaft oder Gebetsgemeinschaft verrichtet wird; sonst einen Teilablaß.

Der Rosenkranz ist eine Gebetsform, die aus 15 Dekaden des Englischen Grußes (Gegrüßet seist Du Maria...) besteht, vom Gebet des Herrn (Vater unser...) unterbrochen wird und mit der Betrachtung der 15 Geheimnisse unserer Erlösung verbunden ist.

Jedoch wird für gewöhnlich bereits der dritte Teil dieses Gebetes, d.h. 5 Gesätzchen, als Rosenkranz bezeichnet.

Für die Erlangung des Vollablasses gilt:

1. Es genügt das Beten eines Drittels des Rosenkranzes, jedoch müssen diese 5 Dekaden (Gesätzchen) ohne Unterbrechung gesprochen werden.

2. Das mündliche Gebet muß von der Betrachtung des entsprechenden Geheimnisses begleitet sein.

3. Beim gemeinsamen Gebet sollen die Geheimnisse nach örtlicher Gewohnheit erwähnt werden. Beim privaten Beten genügt die geistige Betrachtung der Geheimnisse.

4. Allgemeingültige Voraussetzungen für den Vollablaß:

a) Wer einen Ablaß gewinnen will, muß getauft und darf nicht exkommuniziert sein. Er muß sich mindestens bei Beendigung des vorgeschriebenen Gebetes oder Werkes im Stande der Gnade befinden und ein Glied der röm. katholischen Kirche sein.

b) Damit ein Ablaß gewonnen werden kann, muß zumindest die allgemeine Absicht dazu vorliegen, und die vorgeschriebenen Werke müssen zur festgelegten Zeit und in der Maßgabe dieser Ordnung erfüllt werden.

c) Ein Vollablaß kann nur einmal am Tage gewonnen werden.

d) Für die Todesstunde kann jedoch ein zusätzlicher Ablaß gewonnen werden.

e) Für den Vollablaß müssen zudem folgende Bedingungen erfüllt sein:

sakramentale Beichte innerhalb von 8 Tagen (Bußandacht genügt nicht)

eucharistische Kommunion am betreffenden Tag

ein Gebet nach der Meinung des Heiligen Vaters

jegliche Anhänglichkeit an irgendwelche schwere und läßliche Sünde muß ausgeschlossen sein.

Wenn eine dieser Bedingungen fehlt, kann der Ablaß nur ein teilweiser sein. Ausgenommen besondere Bestimmungen für Behinderte.

5. Mit einer sakramentalen Beichte können mehrere Vollablässe gewonnen werden, mit einer eucharistischen Kommunion und dem Gebet nach der Meinung des Papstes jedoch nur ein einziger Vollablaß.

6. Die Bedingung zum Gebet nach der Meinung des Papstes wird voll erfüllt, wenn nach dessen Meinung einmal das Vaterunser und das Ave Maria gebetet wird.

7. Zur Ablaßgewinnung genügt es, wenn das entsprechende Gebet abwechselnd mit einem anderen verrichtet oder im Geist mitgebetet wird, wenn es ein anderer vorspricht.

8. Die Ablässe können auch verstorbenen Seelen im Fegfeuer zugewendet werden.