NEUNZEHNTE ROSE

Glücklicher Tausch!

Es steht geschrieben: "Gebet, so wird euch gegeben werden" (Lk 6,38). Nehmen wir den Vergleich des seligen Alanus: Wenn ich dir täglich hundertfünfzig Diamanten schenkte, würdest du mir nicht verzeihen, selbst wenn du mein Feind wärest? Würdest du mir nicht wie einem Freunde alles Gute erweisen, das in deiner Macht stünde?

Willst du dich mit Gütern der Gnade und Glorie bereichern, dann grüße die Allerseligste Jungfrau, ehre deine gute Mutter. Sicut qui thesaurizat, ita et qui honorificat matrem suam. Gleich einem, der Schätze sammelt, so ist der Mensch, der seine Mutter, die allerseligste Jungfrau Maria, ehrt (vgl. Ekkli 3,5).

Bringe ihr wenigstens täglich fünfzig Ave Maria dar, wovon jedes fünfzehn Edelsteine enthält, die ihr angenehmer sind als alle Reichtümer der Welt. Was kannst du von ihrer Freigebigkeit nicht alles erwarten? Sie ist ja unsere Mutter. Sie ist die Kaiserin des Weltalls, die uns mehr liebt, als alle Mütter und Königinnen zusammen je einen sterblichen Menschen geliebt haben, denn, sagt der heilige Augustin, die Liebe der Jungfrau Maria übersteigt jede natürliche Liebe aller Menschen und Engel.

Eines Tages erschien der göttliche Heiland der heiligen Gertrud, indem er Goldstücke zählte. Sie hatte die Kühnheit, zu fragen, was er zähle. "Ich zähle", sagte Jesus Christus, "deine Ave Maria: das ist die Münze, mit der man mein Paradies kauft."

Der fromme und gelehrte Suarez aus der Gesellschaft Jesu schätzte das Verdienst des Englischen Grußes so hoch, daß er sagte, er hätte gern seine ganze Wissenschaft um den Preis eines gut gebeteten Ave Maria hingegeben.

"O, daß doch jeder, der dich liebt, o göttliche Mutter", sagt der selige Alanus zu ihr, "höre und verkoste:

Es freut sich der Himmel, es staunet die Erde,

Wenn ich bete Ave Maria.

Es flüchtet sich Satan, erbebet die Hölle

Wenn ich bete Ave Maria.

Fern blüht von der Welt Lust Gotteslieb' in der Brust, Wenn ich bete Ave Maria.

Meine Ängsten vergehen, Leidenschaften verwehen,

Wenn ich bete Ave Maria.

Meine Trauer zerstreut sich, und die Freude erneut sich,

Wenn ich bete Ave Maria.

Es wächst meine Sammlung, ich finde Zerknirschung, Wenn ich bete Ave Maria.

Meine Hoffnung belebt sich, die Tröstung erhebt mich,

Wenn ich bete Ave Maria.

Die Seele erholt sich, in Tugend erstarkt das Kummerherz fühlt sich,

Wenn ich bete Ave Maria."

Denn die Süßigkeit dieses gesegneten Grußes ist so groß, daß man keinen Ausdruck dafür findet, um ihn würdig zu erklären; und nachdem man Wunderbares von ihm gesagt hat, bleibt er so verborgen und so tief, daß kein Geschöpf ihn ergründen kann. Dieses heilbringende Gebet ist klein an Worten, aber groß an Geheimnissen, (kurz in der Rede, aber von hoher Kraft); dieser Gruß ist süßer als Honig und kostbarer als Gold. Man muß ihn immer im Herzen haben, um ihn zu betrachten, und häufig im Munde, um ihn zu beten und andächtig zu wiederholen."

In lateinischer Sprache heißt das:

"Auscultet nunc sancti nominis tui amator, o Maria: Coelum gaudet, omnis terra stupet, cum dico Ave Maria.

Satan fugit, infernus contremiscit,

Mundus vilescit, cor in amore liquescit, cum dico Ave Maria.

Terror evanescit, caro marcescit, cum dico Ave Maria.

Abscedit tristitia, venit nova laetitia, cum dico Ave Maria.

Crescit devotio, oritur compunctio, cum dico Ave Maria.

Spes proficit, augetur consolatio, cum dico Ave Maria.

Recreatur animus et in bono confortatur aeger affectus,

cum dico Ave Maria.

Siquidem tanta est suavitas huius benedictae Salutationis, ut humanis non possit explicari verbis, sed semper altior manet et profundior quam omnis creatura indagare sufficiat. Haec oratio salutatoria parva est verbis, magna mysteriis, brevis sermone alta virtute, super mel dulcis, super aurum pretiosa; ore cordis est iugiter ruminanda labiisque puris frequentissime legenda ae devote repetenda."

Derselbe Alanus erzählt, eine dem Rosenkranz sehr ergebene Klosterfrau sei nach dem Tode einer ihrer Mitschwestern erschienen und habe gesagt: "Wenn ich in meinen Leib zurückkehren dürfte, um nur ein einziges Ave Maria, selbst ohne besonderen Eifer, zu beten und das Verdienst dieses Gebetes zu erhalten, würde ich gerne alle Qualen von neuem ertragen, die ich vor meinem Tode gelitten." Es ist zu beachten, daß sie einige Jahre lang in ihrem Bette furchtbare Schmerzen gelitten hatte.

Michael von Lille, Erzbischof von Salubre, Jünger und Mitarbeiter des seligen Alanus in der Erneuerung des heiligen Rosenkranzes, sagt, der Engelsgruß sei das Heilmittel gegen alle Übel, die uns bedrängen, wenn wir ihn zu Ehren der Allerseligsten Jungfrau andächtig beten.