Zweiter Zehner

Vortrefflichkeit des heiligen Rosenkranzes in den Gebeten, aus denen er besteht

 

ELFTE ROSE

Vortrefflichkeit des Credo

Das Credo oder Apostolische Glaubensbekenntnis, das man am Kreuz des Rosenkranzes betet, ist als heiliger Abriß und Inbegriff der christlichen Wahrheiten ein sehr verdienstliches Gebet, weil der Glaube der Grund und das Fundament und der Anfang aller christlichen Tugenden, aller ewigen Tugenden und aller Gott wohlgefälligen Gebete ist. Accedentem ad Deum credere oportet: "Denn wer zu Gott kommen will, muß glauben, daß er ist" (Hebr 11,6). Wer sich Gott im Gebete nähern will, muß mit dem Glauben beginnen, und je mehr Glauben er hat, desto mehr Kraft und Verdienst wird sein Gebet in sich selber haben und umso mehr Gott verherrlichen.

Ich halte mich nicht dabei auf, die Worte des Apostolischen Glaubensbekenntnisses zu erläutern; aber ich kann nicht umhin zu erklären, daß die drei ersten Worte: "Credo in Deum, ich glaube an Gott", welche die Akte der drei göttlichen Tugenden, Glaube, Hoffnung und Liebe in sich schließen, eine wunderbare Wirksamkeit besitzen, die Seele zu heiligen und die Dämonen niederzuschmettern. Mit diesen Worten haben manche Heilige die Versuchungen überwunden, besonders jene gegen den Glauben, die Hoffnung und die Liebe, sei es während des Lebens, sei es in der Todesstunde. Das waren die letzten Worte, die der heilige Märtyrer Petrus von Verona so gut es ging, mit dem Finger in den Sand schrieb, nachdem ihm ein Irrlehrer mit einem Säbelhieb den Kopf gespalten hatte und er in den letzten Zügen lag.

Da der Glaube der einzige Schlüssel ist, der zu den im Rosenkranz eingeschlossenen Geheimnissen Jesu und Mariä Eintritt gewährt, muß man ihn mit dem aufmerksamen und andächtigen Beten des Credo beginnen, und je lebendiger und stärker unser Glaube ist, umso verdienstlicher wird auch der Rosenkranz sein.

Dieser Glaube muß lebendig und von der Liebe beseelt sein, d.h. um den Rosenkranz gut zu beten, muß man im Stand der heiligmachenden Gnade sein oder sich wenigstens um Erlangung des Gnadenstandes bemühen.

Der Glaube muß stark und beharrlich sein, d.h. man muß in der Übung des heiligen Rosenkranzes nicht nur fühlbare geistliche Tröstungen suchen, mit anderen Worten, man darf ihn nicht unterlassen, weil man eine Menge unfreiwilliger Zerstreuungen im Geiste, einen unerklärlichen Widerwillen in der Seele, eine niederdrückende Unlust und fast immerwährende Schläfrigkeit im Körper fühlt. Weder fühlbare Tröstungen noch Seufzer noch Gefühlsausbrüche, weder Tränen noch fortwährende Anstrengung der Einbildungskraft sind erfordert, um seinen Rosenkranz gut zu beten. Der reine Glaube und die gute Meinung genügen: Sola fides sufficit.