34. Betrachtung

Von der heiligen Kommunion

 

3. Punkt

Betrachten wir drittens, wie heftig Jesus Christus verlange, daß wir ihn in der heiligen Kommunion empfangen möchten. Da Jesus wusste, daß seine Stunde gekommen wäre. (Joh 13, 1) Wie konnte aber Jesus jene Nacht seine Stunde nennen; da doch sein bitteres Leiden in derselben beginnen sollte? Ja, er nannte sie seine Stunde, weil er in jener Nacht dies göttliche Sakrament uns hinterlassen wollte, um sich gänzlich mit seinen geliebten Seelen zu vereinigen. Es hat mich herzlich verlangt, dies Osterlamm mich euch zu essen. (Lk 22) Worte, womit der Erlöser sein inniges Verlangen ausdrücken wollte, mit jedem aus uns in diesem Sakramente sich zu vereinigen. Es hat mich herzlich verlangt, so heißt ihn seine unermeßliche Liebe reden, die er zu uns trägt, spricht der heilige Laurentius Justinianus: „Dies ist die Sprache der allerglühendsten Liebe." Auch wollte er sich unter den Gestalten des Brotes hinterlassen, damit ihn jedermann empfangen könnte. Hätte er die Gestalten irgend einer kostbaren Speise gewählt, so hätten ihn ja die Armen nicht empfangen können; und wäre es auch eine nicht zu kostspielige Speise, so hätte man selbe doch nicht in allen Orten der Welt gefunden; allein Jesus wollte unter den Gestalten des Brotes sich hinterlassen, denn das Brot ist nicht kostspielig und ist allenthalben vorhanden, so daß man es an jedem Orte finden und empfangen kann.

Dieses heftige Verlangen unseres Heilandes, von uns empfangen zu werden, zeigt sich aus vielen Stellen der heiligen Schrift. Er ermuntert uns zum Empfange durch vielfache Einladungen: Kommet, esset von meinem Brote und trinket den Wein, den ich euch bereitet habe. (Spr 9,5) Esset, Freunde, und trinket, berauschet euch, Allerliebste. (Hld 5,1) Er legt es uns sogar als ein Gebot auf: Nehmet hin und esset, dies ist mein Leib. (Mt 25) Er lockt uns ferner zum Empfange an durch die Verheißung des ewigen Lebens: Wer mein Fleisch ißt, der hat das ewige Leben. (Joh 6,54) Wer von diesem Brote ißt, der wird ewig leben. (Joh 5,8) Ja, er droht uns im Gegenteile sogar mit Ausschließung aus dem Himmel: Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esset, werdet ihr das ewige Leben in euch nicht haben. (Joh 53)

Diese Einladungen, Verheißungen, Drohungen kommen alle aus dem Verlangen hervor, das Jesus Christus hat, sich mit uns durch dieses Sakrament zu vereinigen. Und dies Verlangen quillt aus der großen Liebe, die er zu uns trägt; denn wie der heilige Franciscus Salesius sagt, so ist das Ziel der Liebe kein anderes, als mit dem geliebten Gegenstande sich zu vereinigen, und darum vereiniget sich in diesem Sakramente Jesus ganz und gar mit der Seele: Wer mein Fleisch ißt, und mein Blut trinkt, der bleibt in mir, und ich in ihm (Joh 6,35), und darum wünscht er so sehnlich, daß wir ihn empfangen. Es gibt keine Biene, sprach der Herr eines Tages zur heiligen Mechtildis, die mit solchem Ungestüm der Liebe auf die Blumen sich wirft, um den Honigsaft daraus zu saugen, als womit ich zu jenen Seelen eile, die nach mir verlangen.

O möchten doch die Gläubigen das große Gut begreifen, das die heilige Kommunion der Seele verschafft! Jesus ist ja der Herr aller Reichtümer, denn sein Vater hat ihn zum Herrn über alles gemacht. Und Jesus wusste, daß ihm der Vater alle Dinge in die Hände gegeben habe. (Joh 13,3) Wenn also Jesus Christus durch die Kommunion in eine Seele kommt, so bringt er unermeßliche Gnadenschätze mit sich: Mit ihr kam mir auch zugleich alles Gute, sagt Salomon, indem er von der ewigen Weisheit sprach.

Der heilige Dionysius sagte, das allerheiligste Sakrament sei höchst mächtig, die Seele zu heiligen: „Das Altarssakrament hat die höchste Macht zur Vollendung der Heiligkeit." Und der heilige Vincentius Ferrerius hinterließ schriftlich, die Seele gewinne durch eine Kommunion mehr, als wenn sie eine Woche lang bei Wasser und Brot fastet. Die Kommunion ist, wie der Kirchenrat von Trient lehrt, jenes große Heilmittel, das uns von den läßlichen Sünden befreit, und vor den Todsünden bewahrt: „Ein Gegenmittel, wodurch wir von den täglichen Sünden befreit und vor den tödlichen bewahrt werden." (Trid. Sess. 13, cap. 2) Daher nannte der heilige Ignatius das allerheiligste Sakrament „das Arzneimittel der Unsterblichkeit". Und Innocentius III. sagte, Jesus Christus habe uns durch sein Leiden befreit von der Strafe der Sünde, durch das heilige Altarssakrament aber vom Sündigen: „Durch das Geheimnis des Kreuzes befreite er uns von der Sünde Macht; durch das Sakrament des Altars befreite er uns von der Macht, zu sündigen."

Ferner, dieses Sakrament entzündet in uns die göttliche Liebe: Er hat mich in den Weinkeller geführt, er hat die Liebe in mir geordnet. Stärket mich mit Blumen, labet mich mit Äpfeln, denn ich schmachte vor Liebe. (Hld 2) Der heilige Gregorius von Nyssa lehrt, die Kommunion sei dieser Weinkeller, wo die Seele von der göttlichen Liebe so trunken wird, daß sie der Welt und alles Erschaffenen vergißt; und dies ist eigentlich das Schmachten heiliger Liebe. Auch der ehrwürdige P. Franciscus Olympius aus dem Theatiner-Orden versichert, nichts vermöge uns so sehr zur Liebe Gottes zu entflammen, als die heilige Kommunion. Gott ist die Liebe und ein Feuer der Liebe: Gott ist die Liebe. (Joh 4,8) Ein verzehrendes Feuer ist er. (Dtn 4,24) Um dieses Liebesfeuer auf Erden anzuzünden, kam das ewige Wort hernieder: Ich bin gekommen, Feuer auf die Erde zu senden, und was will ich anders, als daß es entzündet werde? (Lk 12,49) Und, o wie so schöne Flammen heiliger Liebe entzündet Jesus in jenen Seelen, die in diesem Sakramente ihn sehnsuchtsvoll empfangen! Die heilige Katharina von Siena sah einst in der Hand eines Priesters Jesum im heiligsten Sakramente wie einen Ofen der Liebe, weshalb sich dann die Heilige verwundert, wie doch die Herzen der Menschen von einer solchen Brunst nicht alle zu Feuer und Asche würden. Die heilige Rosa von Lima sprach, beim Kommunizieren dünkte ihr, sie empfinge die Sonne; es gingen daher auch solche Strahlen von ihrem Gesichte aus, daß sie den Blick blendeten, und aus ihrem Munde kam eine solche Hitze hervor, daß jener, der ihr nach der heiligen Kommunion etwas zu trinken darreichte, seine Hand so heiß fühlte, als hätte er sie an einen Ofen gehalten. Der heilige König Wenzeslaus wurde bei dem Besuche des allerheiligsten Altarssakraments mit so großer Hitze auch äußerlich entflammt, daß sein Diener, der ihn auf dem Wege über den Schnee begleitete, mit seinen Füßen in die Fußtritte des Heiligen trat, um keine Kälte zu spüren. Eine Glut ist das heilige Altarssakrament, bezeugt Chrysostomus, die uns so sehr entzündet, daß wir wie feuersprühende Löwen von diesem Tische hinweggehen, und dem Teufel zum Schrecken werden. Der Heilige lehrt, das allerheiligste Sakrament sei ein Feuer, welches uns so entzündet, daß wir vom Altare solche Liebesflammen einatmen sollen, daß der böse Feind nicht mehr Mut habe, uns zu versuchen.

Da wird aber vielleicht jemand sagen: ich kommuniziere deswegen nicht oft, weil ich mich in der göttlichen Liebe so kalt fühle. Ein solcher aber, sagt Gerson, sei dem zu vergleichen, der dem Feuer sich nicht nähern wollte, obwohl er fühlt, daß er kalt habe. Je kälter wir uns also fühlen, desto öfter müssen wir uns dem allerheiligsten Sakramente nahen, wenn wir nur immer das Verlangen haben, Gott zu lieben. Fragt man euch, schreibt der heilige Franciscus Salesius, warum ihr so oft kommunizieret, so sagt ihnen: zwei Gattungen von Menschen müssen oft kommunizieren, die Vollkommenen und die Unvollkommenen; die Vollkommenen, um in der Vollkommenheit sich zu erhalten, und die Unvollkommenen, um zur Vollkommenheit zu gelangen. Und der heilige Bonaventura sagt ebenfalls: „Wenn schon laulicht, so gehe dennoch mit Vertrauen auf Gottes Barmherzigkeit hinzu. Je kranker sich jemand fühlt, desto mehr bedarf er des Arztes." (De Prov. Rel. cap. 77) Und Jesus Christus sprach zur heiligen Mechtildis: Willst du kommunizieren, so verlange alle jene Liebe, die je ein Herz zu mir hatte, und ich werde sie so aufnehmen, wie du wünschtest, daß eine solche Liebe sein sollte. (App. Bios, in Concl. An. fidel, cap. 6 num. 6)

 

Anmutungen und Bitten

O Jesu, du Liebhaber der Seelen! Du kannst uns wohl keine größeren Proben von Liebe mehr geben, um uns zu beweisen, daß du uns liebest. Und welches Mittel könnte noch übrig sein aufzufinden, um unsere Gegenliebe dir zu gewinnen ? Ach mache, o unendliche Güte! daß ich dich von heute an aus allen meinen Kräften und mit aller Zärtlichkeit liebe! Und wer hat mein Herz mit größerer Zärtlichkeit geliebt, als du, mein Erlöser! der, nachdem du für mich das Leben gegeben hast, mir dich selbst in diesem Sakramente dargibst? Ach mein Herr! möchte ich mich doch immer an deine Liebe erinnern, um alles zu vergessen und bloß dich ohne Unterlaß und ohne Vorbehalt zu lieben! Ich liebe dich, mein Jesu! über alles, und nur dich will ich lieben. Vertreibe aus meinem Herzen, ich bitte dich, alle Regungen, die nicht nach dir zielen. Ich danke dir, daß du mir Zeit läßt, dich zu lieben und alle Unbilden zu beweinen, die ich dir zufügte. Mein Jesu! ich verlange nun, daß du der einzige Gegenstand aller meiner Anmutungen seist. Hilf mir, mache mich selig! und meine Seligkeit bestehe darin, daß ich dich aus meinem ganzen Herzen und immerdar jetzt und in alle Ewigkeit liebe. Maria! meine Mutter, hilf mir doch Jesum lieben und bitte ihn für mich.