27. Betrachtung

Ewigkeit der Hölle

 

3. Punkt

Die Sünder fürchten in diesem Leben den Tod am meisten, in der Hölle aber wird er ihr sehnlichster Wunsch sein. Die Menschen werden den Tod suchen und ihn nicht finden; sie werden zu sterben verlangen, und der Tod wird vor ihnen fliehen. (Offb 9,6) Daher schrieb der heilige Hieronymus: „O wie süß wärest du denen, welchen du so bitter warst!" (Ap. S. Ben. Sohl.) David sagt, der Tod werde an den Verdammten sich weiden: Der Tod wird sie verzeihen. (Ps 48,15) Der heilige Bernardus erklärt dies und sagt: „Gleichwie die Ziege auf der Weide an den Gesträuchern das Laub frißt, die Wurzeln aber stehen läßt, ebenso weide der Tod sich an den Verdammten; jeden Augenblick töte er sie zwar, doch lasse er ihnen das Leben, um sie fortwährend durch die ewige Pein in Ewigkeit zu töten: Sowie die Tiere das Gras abweiden, die Wurzeln aber zurückbleiben, so werden die Elenden in der Hölle vom Tode verzehrt, aber stets zu neuen Peinen aufbewahrt." Demnach behauptet der heilige Gregorius, sterbe der Verdammte jeden Augenblick, ohne jedoch jemals zu sterben: „Den rächenden Flammen preisgegeben, wird er stetsfort sterben." (Lib. Mor. cap. 12) Jedermann trägt Mitleid mit einem Menschen, der von Größe des Schmerzes dahinstirbt. Hätte der Verdammte nur einen einzigen, der ihn bemitleidete! Aber nein, der Elende stirbt alle Augenblicke vor Schmerz und hat niemand und wird nie jemand haben, der mit ihm Mitleid trüge. Der Kaiser Zeno, in einem Grabe eingeschlossen, rief unaufhörlich: „Tuet mir doch um Himmels willen auf!" Er wurde aber nicht erhört und man fand ihn in Verzweiflung verstorben und sogar das Fleisch an seinen Armen von den Zähnen zerfleischt. Die Verdammten schreien aus dem Abgrunde der Hölle, sagt der heilige Cyrillus von Alexandria, allein niemand kommt, um sie frei zu machen, und kein Mensch trägt Erbarmen mit ihnen. „Sie jammern, und niemand befreit sie; sie weinen, und niemand hegt Mitleid."

Und wie lange wird dies ihr Unglück dauern? Immer und ewig! In den geistlichen Übungen des P. Segneri des Jüngern, die Muratori geschrieben hat, wird erzählt: Zu Rom sei der Teufel, als er in dem Leibe eines Besessenen hauste, gefragt worden, wie lange er in der Hölle bleiben müßte. Wütend gab er zur Antwort, indem er mit der Hand jenes Menschen auf einen Stuhl schlug: „Immer, immer!" Das Entsetzen der Umstehenden war so groß, daß viele Jünglinge des römischen Seminariums, die sich dabei befanden, eine allgemeine Lebensbeichte ablegten und in Folge dieser großen Predigt von zwei Worten ihr Leben änderten. - Der arme Judas! Es sind nun mehr als achtzehnhundert Jahre verflossen, seitdem er in der Hölle brennt, und doch ist seine Hölle noch wie im Beginn. Armer Kain! Er schmachtet über fünftausendachthundert Jahre schon im Feuer, und seine Hölle ist noch wie im Beginn. Ein anderer Teufel wurde gefragt, wie lange es schon sei, seit seinem Sturz in die Hölle? Seit gestern! Wie, seit gestern? entgegnete man. Wie ist das möglich, da du doch schon über fünftausendachthundert Jahre verdammt bist? Er erwiderte abermals: Seit gestern! - O wüßtest du, was das Wort „Ewigkeit" sagen wolle, du würdest dann begreifen, daß tausend Jahre in Bezug auf sie nicht mehr als ein Augenblick seien. Würde ein Engel zu einem Verdammten sagen: Du wirst aus der Hölle herauskommen nach Verlauf von so vielen Jahrhunderten, als es Tropfen im Wasser, als es Blätter auf den Bäumen und als es Sandkörner im Meere gibt, so hätte der Verdammte eine größere Freude, als ein Bettler bei der Nachricht, er sei König geworden. Und fürwahr! denn alle diese Jahrhunderte werden vorübergehen und sich unendliche Male wiederholen, und die Hölle wird dennoch immer wieder wie von vorne beginnen. Jeder Verdammte würde mit Gott diesen Vertrag schließen: Herr! vergrößere meine Qual, so viel du nur willst, laß sie so lange dauern, als es dir gefällig ist; nur bestimme eine gewisse Zeit, und ich bin zufrieden. Doch nein, es wird keine Zeit mehr sein; die Posaune der göttlichen Gerechtigkeit wird in der Hölle nicht anders ertönen als: „Immer, nimmer! — immer, nimmer!" Die Verdammten werden die Teufel fragen: Hüter! wie spät in der Nacht? (Jes 21) Wie weit ist es in der Nacht? Wann endet sie? Wann hören diese Posaunen, dies Geschrei, dieser Gestank, diese Flammen, diese Qualen endlich auf? Und sie bekommen zur Antwort: Nimmer, nimmer! Und wie lange werden sie dauern? Immer, immer! — Ach Herr! erleuchte doch jene Verblendeten, welche denen, die sie bitten, sich nicht selbst zu verdammen, entgegnen: Je nun, wenn ich in die Hölle fahre, muß ich's ertragen und leiden. O Gott! Sie, die nicht einmal ein wenig Kälte ertragen, die es nicht aushalten, in einem zu warmen Zimmer länger zu verweilen, die bei jedem kleinen Anstoß oder Mißhandlung die Geduld verlieren — diese wollen es aushalten, dann in einem Feuermeere zu wohnen, unter die Füße der Teufel getreten zu werden, und verlassen von Gott und allen! — durch die ganze Ewigkeit!

 

Anmutungen und Bitten

Ach, Vater der Erbarmungen! Du verläßt den nicht, der dich sucht! Du, o Herr! hast diejenigen nicht verlassen, die dich gesucht haben. (Ps 9,11) Ich habe dir vorher so oft den Rücken gekehrt und du hast dennoch mich nicht verlassen; du verlassest mich auch jetzt nicht, da ich dich suche. Es reuet mich, o höchstes Gut! deine Gnade so wenig geachtet zu haben, daß ich sie für eitel Nichts dahingab. Sieh auf die Wunden deines Sohnes, erhöre seine Stimme, die dich um Verzeihung bittet, und vergib mir! Und du, o mein Erlöser! erinnere mich immer an die Leiden, welche du für mich gelitten hast; an die Liebe, die du zu mir getragen hast, und an die Undankbarkeit, womit ich dir bezahlte und dadurch die Hölle verdiente, damit ich stets das Unrecht, das ich dir antat, beweinen und immer von Liebe zu dir erfüllt leben möge. Ach, mein Jesus! wie sollte ich nicht von Liebe zu dir brennen, wenn ich bedenke, daß ich schon seit so vielen Jahren und dann in alle Ewigkeit in der Hölle brennen sollte, und wenn ich bedenke, daß du starbst, um mich zu befreien, um mich mit so großer Liebe davor zu bewahren? Wäre ich jetzt in der Hölle, so würde ich dich hassen und auf immer hassen; aber nun liebe ich dich und immer will ich dich lieben! Dies hoffe ich von deinem Blute. Du liebst mich und ich liebe dich ebenfalls. Du wirst mich stets lieben, wenn ich dich nicht verlasse. Ach mein Erretter! bewahre mich vor dem Verderben und tue dann mit mir, was du immer willst. Ich verdiene jede Strafe und nehme sie auch an, auf daß du mich vor jener Strafe bewahren wollest, einer Liebe beraubt zu werden. O Maria, meine Zuflucht! wie oft verdammte ich mich selbst zur Hölle, und du hast mich davon errettet! Ach, mache mich doch von der Sünde los, die allein mich der Gnade Gottes berauben und in die Hölle bringen kann.