27. Betrachtung

Ewigkeit der Hölle

 

2. Punkt

Wer einmal in die Hölle kommt, wird in Ewigkeit nicht mehr herauskommen. Dieser Gedanke machte David zittern: Lass mich von der Wasserflut nicht ersäufen, mich von der Untiefe nicht verschlingen, noch den Abgrund über mich schließen. (Ps 68, 16) Ist der Verdammte in diesen Abgrund von Qualen gestürzt, so schließt sich dessen Mündung und wird sich nimmermehr öffnen. In der Hölle gibt es wohl ein Tor zum Eingange, allein keine Pforte zum Ausgange. Hinunter wird man wohl kommen, nicht aber herauf, sagt Eusebius von Emessa, und erklärt die Worte des Psalmisten also: „Laß den Abgrund sich nicht schließen über mich; denn hat dieser sie aufgenommen, so wird er von oben geschlossen und von unten geöffnet werden." So lange der Sünder lebt, kann er immer noch Rettung hoffen; wird er aber vom Tode in einer Sünde dahingerafft, so ist für ihn alle Hoffnung verschwunden: Stirbt der Mensch in einer Sünde dahin, so hat er nichts mehr zu hoffen. (Spr 11,7) Ach, könnten sich doch die Verdammten wenigstens mit einer falschen Hoffnung schmeicheln und so in ihrer Verzweiflung einige Erleichterung finden! Dieser arme Verwundete, hingebannt auf sein Bett, ist zwar von den Ärzten aufgegeben; allein er schmeichelt und tröstet sich noch mit den Worten: wer weiß, ob nicht in der Folge ein Arzt oder ein Heilmittel zu finden sei, wodurch ich genese? Jener zum lebenslänglichen Schiffsdienste verurteilte Verbrecher macht sich ebenfalls Hoffnung, indem er sagt: wer weiß, was sich ereignen, was mich von diesen Fesseln erledigen kann? Ach, könnte der Verdammte, sage ich, wenigstens auch so reden: Wer weiß, ob ich nicht eines Tages aus diesem Kerker entkomme? so könnte er mit dieser falschen Hoffnung sich wenigstens täuschen. Doch nein; in der Hölle gibt es weder eine echte, noch eine falsche Hoffnung, es gibt gar keine; auch nicht einmal ein „Vielleicht". - Ich will es dir vor Augen stellen. (Ps 49) Dem Elenden wird immer sein Verdammungsurteil vor Augen schweben, worin geschrieben steht, daß er für immer in diesem Abgrunde der Qualen zu bleiben habe. Einige werden zum ewigen Leben, andere zur ewigen Schmach aufwachen, die sie immer vor Augen haben werden. (Dan 12,2) Daher leidet der Verdammte nicht nur, was er in jedem Augenblicke wirklich leidet, sondern ihn quält nebstbei auch die Qual der Ewigkeit mit dem Gedanken: was ich jetzt leide, das habe ich ohne Ende zu leiden: „Sie sind mit der Last der Ewigkeit beladen", sagt Tertullianus. Bitten wir also den Herrn, wie der heilige Augustinus ihn bat! „Herr, hier brenne, hier schneide, hier schone meiner nicht, damit du mich in der Ewigkeit verschonest." Die Leiden dieses Lebens vergehen. Deine Pfeile fuhren vorüber, die Stimme deines Donners hat das Rad zerschmettert. (Ps 76,18) Allein die Leiden des andern Lebens enden niemals. Vor diesen Leiden wollen wir uns fürchten; fürchten wollen wir jenen Donner, die Stimme deines Donners im Rade, das heißt, jene Donnerstimme des Urteils zur ewigen Verdammnis, welches bei dem Gerichte aus dem Munde des Richters gegen die Gottlosen erschallen wird: Hinweg von mir, ihr Verfluchten! in das ewige Feuer. Er sagt „im Rade"; das Rad ist ein Sinnbild der Ewigkeit, von welcher man kein Ende findet: Ich habe mein Schwert aus der Scheide gezogen und es soll nicht wieder in die Scheide kommen. (Ez 21,5) Groß wird die Strafe der Hölle sein; allein was uns noch mehr erschrecken muß, ist dies, daß diese Strafe unwiderruflich ist.

Aber wie? wird ein Ungläubiger hier einwenden, wie könnte dies gerecht sein, eine augenblickliche Sünde mit einer ewigen Pein bestrafen wollen? Ich antworte: Wie darf ein Sünder es wagen, einen Gott von unendlicher Herrlichkeit wegen eines elenden augenblicklichen Vergnügens beleidigen zu wollen? Selbst vor dem weltlichen Gerichte, bemerkt der heilige Thomas (1,2. qu. 87. art. 3), mißt man die Strafe nicht nach der Dauer, sondern nach der Art des Vergehens: „Nicht weil die Mordtat in einem Augenblicke begangen wird, wird sie mit augenblicklicher Strafe abgestraft. ..." Wenig ist eine Hölle für eine Todsünde: für die Beleidigung einer grenzenlosen Majestät gebührt eine grenzenlose Strafe, sagt der heilige Bernardinus von Siena. „Durch jede Todsünde wird Gott eine unendliche Beschimpfung zugefügt: einer unendlichen Unbild aber gebührt eine unendliche Strafe." Weil aber, sagt der englische Lehrer, das Geschöpf keiner unendlichen Strafe der inneren Heftigkeit oder Intensität nach fähig ist, so macht Gott gerechterweise, daß dessen Bestrafung in der Ausdehnung oder Dauer unendlich werde.

Überdies muß die Strafe notwendig ewig sein, weil fürs erste der Verdammte für seine Schuld nicht mehr genugtun kann. In diesem Leben kann der Sünder durch die Buße genugtun, insofern er sich der Verdienste Jesu Christi teilhaftig macht. Allein von diesen Verdiensten ist der Verdammte ausgeschlossen; da er also Gott nicht versöhnen kann und seine Sünde ewig währt, so muß auch seine Pein ewig währen. Nimmermehr wird er Gott versöhnen, er wird unaufhörlich leiden. (Ps 48,8,9) Daher sagt Vincentius von Beauvais (lib. 2. pag. 3): Die Schuld muß dort immer bestraft werden, und es wird keine Versöhnung stattfinden können, weil nach dem Zeugnisse des heiligen Antonius der Sünder dort nicht bereuen kann; und deshalb wird der Zorn des Herrn über ihn nimmer getilgt: Ein Volk, über das der Herr ewig erzürnt ist. (Mal 1,4) Zudem verlangt der Sünder, gesetzt auch, daß ihm Gott verzeihen wollte, keine Verzeihung, weil sein Wille verhärtet und im Hasse gegen Gott verstockt ist. Innocentius III. sagt: „Die Verworfenen werden sich nicht demütigen, sondern die Bosheit des Hasses wird in ihnen erstarren." Und der heilige Hieronymus: „Unersättlich sind sie im Verlangen zu sündigen." (In Spr 27) Und deshalb ist fürwahr die Wunde des Verdammten unheilbar, weil er selbst durchaus nicht genesen will. Sein Schmerz währt immerdar und seine Wunde will er nicht heilen lassen. (Jer 15,18)

 

Anmutungen und Bitten

Ach, o mein Erlöser! Also würde ich dich, meinen Gott, der du für mich gestorben bist, hartnäckig hassen, wenn ich in der Hölle wäre, die ich oftmals verdient habe! O Gott! und welche Hölle wäre dies für mich, dich hassen, der du mich so sehr geliebt, und in dir selbst das endlose, unendlich liebenswürdige Gut bist! Wäre ich jetzt in der Hölle, so befände ich mich demnach in einem so unglücklichen Zustande, daß ich nicht einmal Vergebung verlangen würde, die du mir doch jetzt gnädig anbietest? Mein Jesu! ich danke dir für diese unverdiente Barmherzigkeit, und da ich jetzt Verzeihung erhalten kann, so will ich dich lieben. Du bietest mir die Vergebung an, und ich bitte dich darum und hoffe sie auch durch deine Verdienste. Ich bereue alle Beleidigungen, die ich dir, o unendliche Güte! zugefügt habe, und ich hoffe, du verzeihest mir. Ich liebe dich mit ganzer Seele. Ach Herr! Und was hast du mir denn Übles getan, daß ich dich für immer als meinen Feind hassen sollte? Welchen besseren Freund hatte ich je, der das für mich tat und litt, was du, o mein Jesus! für mich getan und gelitten hast? Ach laß mich nicht mehr in deine Ungnade fallen, und deine Liebe verlieren: laß mich sterben, ehe mir dies allergrößte Unglück begegnet. - O Maria! verberge mich ganz unter deinem Schutzmantel und laß mich davon nicht entweichen, um mich gegen Gott und dich abermals zu empören.