26. Betrachtung

Von der Pein der Hölle

 

2. Punkt

Was ferner die Sinne der Verdammten in der Hölle noch mehr quält, ist das höllische Feuer, welches dem Gefühle peinliche Schmerzen verursacht. Der Gottlosen Strafe ist Feuer und Gewürme. (Eccl 7,19) Deswegen macht der Herr bei dem Gerichte davon besonders Erwähnung: Weichet von mir, ihr Verfluchte, in das ewige Feuer! (Mt 25,41) Schon auf dieser Welt ist der Schmerz des Feuers der allergrößte; es ist aber zwischen unserem Feuer und zwischen jenem der Hölle ein so großer Unterschied, daß der heilige Augustinus sagt, unser Feuer scheine dagegen nur wie ein gemaltes zu sein: „Im Vergleiche mit jenem ist unser Feuer nur ein gemaltes", und der heilige Vincentius Ferrerius: Gegen jenes sei unser Feuer nur kalt. Die Ursache liegt darin, weil unser Feuer zu unserem Nutzen erschaffen ist; das höllische Feuer aber hat Gott absichtlich zur peinlichen Strafe erschaffen. „Weit anders ist das Feuer - sagt Tertullianus -, das dem Menschen zum Gebrauche dient, als jenes, welches der Gerechtigkeit Gottes dient." Gottes Zorn hat dieses rächende Feuer angezündet. Es ist ein Feuer in meinem Grimme angezündet worden. (Jer 15,14) Daher wird das höllische Feuer von Isaias der Geist des Zorneifers genannt: Wenn der Herr die Unsauberkeit wird abgewaschen haben durch den Geist des Feuereifers. (Jes 4,4) Der Verdammte wird nicht sowohl zum Feuer, als vielmehr in das Feuer geschickt werden: Weichet von mir, ihr Verfluchte, in das ewige Feuer. So wird also der Elende ganz vom Feuer umgeben sein, wie das Holz im Ofen. Der Verdammte wird aber unter und um sich herum einen Abgrund von Feuer finden. Wenn er um sich greift, wenn er sieht, wenn er Atem holt, so betastet, erblickt und atmet er nichts anderes ein als Feuer. Er wird im Feuer wie der Fisch im Wasser sein. Doch herum wird dieses Feuer nicht nur rings sein, sondern es wird auch in die Eingeweide des Verdammten eindringen, um ihn zu quälen. Sein Leib wird ganz feurig werden, so daß das Eingeweide im Leibe, das Herz in der Brust, das Gehirn im Kopfe, das Blut in den Adern, ja sogar das Mark in den Gebeinen siedend heiß sein wird: jeder Verdammte für sich wird selbst zu einem Feuerofen werden. Dein Anblick wird sie gleich einem Feuerofen brennen. (Ps 20,10)

Manche können es nicht ertragen, auf einem Wege zu gehen, wo die Sonne sticht, in einem verschlossenen Zimmer bei einer Glutpfanne zu bleiben; sie können es nicht einmal aushalten, wenn von einer brennenden Kerze ihnen ein Fünklein auf die Hand springt, und dennoch fürchten sie sich nicht vor jenem Feuer, welches, wie Isaias bemerkt, eigentlich verzehrend ist: Wer von euch wird bei dem verzehrenden Feuer wohnen können? (Jes 33,14)

Gleichwie ein wildes Tier eine Ziege verzehrt, so verschlingt das höllische Feuer den Verdammten; es verzehrt ihn aber so, daß er doch niemals stirbt. Fahre fort, sagt der heilige Petrus Damianus in seiner Rede von dem Unkeuschen, fahre nur fort, deiner Fleischeslust zu frönen, es wird ein Tag kommen an dem alle deine unzüchtigen Gelüste in deinen Eingeweiden in lauter Pech verändert werden, welches jene Flamme noch heftiger und schmerzlicher machet, die in der Hölle dich brennen wird: „Es kommt ein Tag, ja vielmehr eine Nacht, wo deine Fleischeslust in Pech sich verwandeln und ein immerwährendes Feuer in deinen Eingeweiden unterhalten wird." (S. P. Dam. Epist 6) Der heilige Hieronymus (Epist. ad Fam) fügt bei, dies Feuer werde alle Qualen und Schmerzen mit sich führen, die man auf dieser Welt leidet: Schmerzen in den Seiten, in dem Kopfe, in den Eingeweiden, in den Nerven: „In einem Feuer empfinden die Sünder in der Hölle alle Qualen." In diesem Feuer wird sogar auch die Qual des Frostes sein: Aus dem Schneewasser soll er in eine übermäßige Hitze kommen. (Job 24, 19) Man muß aber hierbei immer bedenken, daß alle Leiden dieser Welt, wie der heilige Chrysostomus sagt, im Vergleiche mit den Peinen der Hölle gleich einem Schatten seien. „Nimm Feuer, nimm Eisen, was ist es anders gegen jene Qualen, als ein Schatten?"

Auch die Seelenkräfte werden ihre eigene Pein haben. Der Verdammte wird durch das Gedächtnis gepeiniget werden, indem er an die Zeit sich erinnert, die er in diesem Leben gehabt hatte, um selig zu werden, und die er zubrachte, um sich zu verdammen; und an die Gnaden, die er von Gott erhalten und deren er sich nicht bedienen wollte. Er wird gepeiniget durch den Verstand, nämlich durch den Gedanken an das große Gut, das er verloren hat, Himmel und Gott, und daß diesem Verluste nicht mehr abzuhelfen sei. An dem Willen, indem er sieht, daß man ihm stets alles versagen werde, was er verlangt. Das Verlangen der Sünder wird zu nichte werden. (Ps 111,18) Der Elende wird nichts von dem bekommen, was er wünscht, und dagegen immer alles das vor sich haben, vor dem er sich entsetzt, nämlich seine ewigen Peinen. Er möchte gern den Qualen entkommen und Ruhe finden; allein immer wird er gequält werden und niemals Frieden haben.

 

Anmutungen und Bitten

Ach mein Jesu! dein Blut und Tod sind meine Hoffnung. Du bist gestorben, um mich von dem ewigen Tode zu befreien. Ach Herr! wer hat an den Verdiensten deines Leidens mehr Anteil gehabt, als ich, Armseliger, der ich so oft die Hölle verdient hätte? Ach laß mich nicht mehr undankbar sein für jene Unzahl von Gnaden, die du mir erwiesen hast. Du bewahrtest mich vor dem höllischen Feuer, weil du nicht willst, daß ich in diesem qualvollen Feuer brenne, wohl aber entbrenne in dem süßen Feuer deiner Liebe. Hilf mir also, damit ich deinem Wunsche entsprechen könne. Wäre ich in der Hölle, so könnte ich dich nicht mehr lieben; da ich dich aber nun lieben kann, so ist es auch mein Wille, dich zu lieben. Ich liebe dich, unendliche Güte! ich liebe dich, meinen Erlöser! der du mich so sehr liebtest. Wie konnte ich so lange deiner uneingedenk dahin leben! Ich danke dir, daß du meiner nicht vergaßest. Wärest du meiner uneingedenk gewesen, so wäre ich gegenwärtig in der Hölle, oder ich hätte keinen Schmerz über meine Sünden. Dieser Schmerz, den ich in meinem Herzen darüber fühle, daß ich dich beleidigte, dieses Verlangen, das ich habe, dich recht zu lieben, sind Geschenke deiner Gnade, die mir beisteht. Ich sage dir, mein Jesu, dafür Dank. Ich hoffe den Rest meines Lebens dir zu widmen. Ich leiste auf alles Verzicht. Nur darauf will ich bedacht sein, dir zu dienen und wohlzugefallen. Erinnere mich stets an die Hölle, die ich mir verdient, und an die Gnaden, die du mir erwiesen; und laß es nicht geschehen, daß ich dir wieder den Rücken kehre, und mich von selbst zu jenem Abgrunde von Qualen verdamme. O Mutter Gottes! bitte für mich Sünder. Deine Fürbitte hat mich vor der Hölle bewahrt; durch sie befreie mich, o meine Mutter, auch von der Sünde, die mich allein wieder zur Hölle verdammen könnte.