22. Betrachtung

Von der bösen Gewohnheit

 

2. Punkt

Ferner verhärtet die böse Gewohnheit das Herz. „Die Gewohnheit zu sündigen, macht das Herz hart", sagt Cornelius a Lapide. Und mit Recht läßt dies Gott zur Strafe für den Widerstand, den man gegen seine Stimme leistete. Der Apostel lehrt: Der Herr erbarme sich über wen er will, und verhärtet, wen er will. Der heilige Augustinus erklärt es so: „Verhärtung von Seite Gottes heißt, sich nicht erbarmen wollen." Nicht als verhärtete Gott den Sünder, sondern er entzieht ihm die Gnade zur Bestrafung der Undankbarkeit, mit der er sich gegen seine Gnade benommen hat, und auf diese Weise bleibt des Sünders Herz hart und einem Steine gleich. Sein Herz wird wie ein Stein hart werden, und so fest wie der Amboss eines Schmiedes. (Job 41,15) Und so wird es kommen, daß, während die einen vor Rührung weinen, wenn sie von der Strenge des göttlichen Gerichtes, von den Peinen der Verdammten, vom Leiden Jesu Christi predigen hören, dagegen der Gewohnheitssünder ganz ungerührt bleibt, mit Gleichgültigkeit davon spricht und sprechen hört, als ginge ihn die ganze Sache gar nichts an; und so wird er bei solchen Schlägen nur noch härter: Und er wird so fest wie der Amboss eines Schmiedes werden.

Auch unvorhergesehene Todesfälle, Erdbeben, Donnerschläge, Blitzesstrahlen werden ihn nicht erschrecken; ja, anstatt ihn aufzuschrecken, und zur Besinnung zu bringen, tragen sie vielmehr zu jenem Todesschlummer bei, in welchem verloren er dahinschläft: Sie sind, o Gott Jakobs! von deinen Verweisen entschlafen (Ps 75,7) Der heilige Augustinus sagt: „Werden die Sünden, und seien sie auch noch so entsetzlich, zur Gewohnheit, so scheinen sie klein oder wohl gar nichts zu sein." Auf böse Taten folgt natürlich eine gewisse Scham; allein der heilige Hieronymus sagt, die Gewohnheitssünder verlieren durch das Sündigen auch die Scham: „Sie schämen sich nicht einmal, wenn sie sündigen." Der heilige Petrus vergleicht den Gewohnheitssünder mit einem Schweine, das im Kote sich wälzt: Das Schwein wälzt nach der Schwemme sich wieder im Kote. (2 Petr 2,22) So wie ein Schwein, das im Moraste sich wälzt, dessen Gestank nicht riecht: so geht es auch dem Gewohnheitssünder, er allein riecht nicht den Gestank, der allen Ekel erregt. Und da der Unflat ihm auch das Gesicht bedeckt hat, ist es noch zu verwundern, fragt der heilige Bernardus, daß er es nicht einmal gewahr wird, wenn Gott ihn züchtiget? „Das Volk wälzt sich in Sünden, wie das Schwein, wenn es im Unflat sich wälzt; was Wunder, wenn es die kommenden Gerichte des geißelnden Gottes nicht erkennt?" (S. Bern. Ser. part 2. p. 182) Daher kommt es, daß er, anstatt über seine Sünden zu trauern, darüber lacht, darob sich erlustiget, und sich rühmt: Sie erfreuen sich, wenn sie Böses getan haben (Spr 2,14) Sind das nicht Beweise von einer teuflischen Herzenshärte? Der heilige Thomas von Villanova sagt: dies alles sind Zeichen der Verdammnis: „Verstocktheit ist ein Kennzeichen der Verdammung." Mein Bruder, zittere, daß dir nicht dasselbe widerfahre. Hast du etwa eine böse Gewohnheit, so suche davon sogleich dich loszumachen, da Gott dich jetzt ruft. Und so lange dein Gewissen dir Vorwürfe macht, sei frohen Mutes, denn es ist ein Zeichen, daß Gott dich noch nicht verlassen habe. Aber bessere dich, winde dich aus der Gewohnheit heraus; denn tust du es nicht alsobald, so wird zur Wunde der Krebs sich schlagen, und dann wird es um dich geschehen sein.

 

Anmutungen und Bitten

O Herr! wie werde ich dir danken können, in dem Maße, als ich es schuldig bin für so viele Gnaden, die du mir erwiesen hast? Wie oft hast du mich gerufen, und ich - habe mich dir widersetzt? Anstatt dir Dank und Liebe zu zollen dafür, daß du vor der Hölle mich bewahrtest und mit so großer Liebe riefest, fuhr ich fort, dich durch Wiederholung der Unbilden zum Zorne zu reizen. Nein, mein Gott! ich will deine Geduld nicht länger mehr mißbrauchen: ich habe oft genug dich beleidiget. Nur du, der du die unendliche Güte bist, konntest mich so lange dulden. Allein, ich sehe ein, daß du mich nicht mehr gedulden kannst; und du hast Recht. Vergib mir also, mein Herr und mein höchstes Gut! alle die Unbilden, die ich dir zufügte, welche ich von ganzem Herzen bereue, und ich nehme mir vor, in Zukunft dich nicht mehr zu beleidigen. Wie? Sollte ich fortfahren, dich zu beleidigen? Ach, versöhne dich mit mir, o Gott meiner Seele! nicht meiner Verdienste wegen, da nur Pein und Hölle mir zugehören, sondern um der Verdienste deines Sohnes und meines Erlösers willen, worauf ich meine Hoffnung gründe. Nimm mich also, Jesu Christo zu Liebe in deiner Gnade auf, und gib mir die Beharrlichkeit in deiner Liebe. Reiße von allen unreinen Gemütsneigungen mich los, und ziehe mich ganz zu dir. Ich liebe dich, o höchstes Gut! o höchster Liebhaber der Seelen, der du einer unendlichen Liebe würdig bist! O, hätte ich dich doch immer geliebt! - Maria, meine Mutter! mache, daß mir mein noch übriges Leben nicht mehr dazu diene, deinen Sohn zu beleidigen, sondern nur, um ihn zu lieben und die ihm zugefügten Beleidigungen zu beweinen.