14. Betrachtung

Das gegenwärtige Leben ist eine Reise in die Ewigkeit.

 

2. Punkt

Wenn der Baum gegen Mittag oder Mitternacht fällt - wo er hinfällt, da wird er bleiben. (Eccl 11,3) Wo im Tode der Baum deines Lebens hinfallen wird, da hat er in Ewigkeit zu bleiben. Einen Mittelweg gibt es nicht - entweder im Himmel ewig als König oder ein Gefangener in der Hölle. Immer glücklich in einem Meere von Wonne oder immer verzweiflungsvoll in einem Abgrunde von Qualen. Als der heilige Johannes Chrysostomus seine Betrachtung über den reichen Prasser anstellte, welchen man in dieser Welt glücklich schätzte, weil er reich war, der aber alsdann in die Hölle verbannt wurde - und dann über den Lazarus, welchen man in seiner Armut für elend hielt und den der Schoß Abrahams aufnahm, rief er aus: O unglückliches Glück, das du den Reichen auf ewig unglücklich machtest! O glückliche Unglückseligkeit, die du den Armen zur ewigen Glückseligkeit führtest!

Was nützt es, sich zu ängstigen, wie es mancher tut, indem er sagt: wer weiß, ob ich zur Verdammnis oder zur Seligkeit vorherbestimmt bin? Wohin fällt der Baum, wenn man ihn umhaut? Er fällt dorthin, wohin er sich neigt, Wohin neigst du dich, mein Bruder? Was für einen Wandel führest du? Sorge dafür, daß du zur Mittagsseite dich neigest; erhalte dich in der Gnade Gottes, fliehe die Sünde, und so wirst du auserwählt und selig werden. Und um die Sünde zu fliehen, mußt du immer jenen wichtigen Gedanken an die Ewigkeit vor Augen haben, welchen der heilige Augustinus mit Recht den großen Gedanken nannte. Dieser Gedanke vermochte so viele junge Leute, die Welt zu verlassen, in Einöden zu leben, um nur auf ihre Seele bedacht zu sein, und so haben sie sich derselben versichert. Da sie nun ledig sind, werden sie in Ewigkeit dessen froh sein.

Eine Frau, die fern von Gott lebte, wurde von R M. Avila bekehrt, indem er zu ihr nur diese paar Worte sagte: Frau, bedenken sie diese zwei Worte: Immer und nimmer. P. Paul Segneri konnte einst, weil ihm immer der Gedanke an die Ewigkeit einfiel, durch mehrere Nächte nicht einschlafen, und von da an ergab er sich einem strengeren Leben. P. Drexelius erzählt, ein Bischof habe durch diesen Gedanken an die Ewigkeit ein heiliges Leben geführt, indem er immer bei sich selbst dachte: Jeden Augenblick stehe ich vor der Türe der Ewigkeit. Ein gewisser Mönch verschloß sich in eine Grube, und tat darin nichts anderes, als rufen: O Ewigkeit, o Ewigkeit! Wer an die Ewigkeit glaubt, und nicht heilig wird, sollte, sagte der nämliche P. Avila, in das Narrenhaus gesperrt werden.

 

Anmutungen und Bitten

Ach mein Gott! habe Erbarmen mit mir; ich wußte wohl, daß ich mich durch Sündigen zu einer qualvollen Ewigkeit selbst verdammen würde, und ich willigte trotz dieser Strafe ein, deinem Willen zu widersprechen und warum? Eines elenden Vergnügens wegen! Ach mein Herr! verzeihe mir, ich bereue es von ganzem Herzen. Ich will mich deinem heiligen Willen nicht mehr widersetzen. Wehe mir, wenn du mich zur Zeit meines schlechten Wandels hättest sterben lassen! Nun müßte ich auf ewig in der Hölle sein, um deinen Willen zu hassen. Jetzt aber liebe ich ihn und will ihn ewig lieben. „Lehre mich deinen Willen tun", unterrichte mich, und verleihe mir Stärke, von heute an das zu tun, was dir wohlgefällig ist. Nicht ferner will ich dir widerstehen, o unendliche Güte! Nur um diese Gnade bitte ich dich: „Dein Wille geschehe wie im Himmel, also auch auf Erden!" Laß mich deinen Willen vollkommen erfüllen, Und außerdem verlange ich nichts von dir. Was willst du denn anders, mein Gott! als mein Wohl und mein Heil? Ach ewiger Vater! erhöre mich, um der Liebe Jesu Christi willen, der mich lehrte, immerzu beten, in seinem Namen bitte ich dich: „Dein Wille geschehe, dein Wille geschehe, dein Wille geschehe!" O Heil mir, wenn ich das übrige Leben in Erfüllung deines Willens zubringe und beschließe! Maria! glückselig bist du, weil du Gottes Willen stets vollkommen befolgtest; erflehe mir durch deine Verdienste, daß auch ich dies wenigstens in dem Überreste meiner Tage zu Stande bringe.