13. Betrachtung

Eitelkeit der Welt

 

3. Punkt

Die Zeit ist kurz ... die sich dieser Welt gebrauchen, sollen derselben sich bedienen, als gebrauchten sie sich derselben nicht; denn die Gestalt dieser Welt vergeht. (1 Kor 7,29 und 31) Was ist unser Leben anderes, als ein Schauspiel, das aufhört und bald zu Ende geht? Denn die Gestalt dieser Welt vergeht. „Die Welt ist wie ein Schauplatz," sagt Cornelius a Lapide, „ein Geschlecht tritt ab, ein anderes tritt auf. Wer den König spielt, nimmt nicht den Purpur mit sich fort. Sage mir du, o Haus oder du Hof, wie viele Herren hattest du? Wenn das Schauspiel vorbei ist, so ist jener, der die Rolle des Königs spielte, nicht mehr König; der Herr ist nicht mehr Herr. Jetzt besitzest du dieses Landgut, diesen Palast; allein es wird der Tod kommen und es werden andere darüber Herren werden.

Eine böse Stunde bringt alle Wollust in Vergessenheit. (Eccl 11,29) Die traurige Todesstunde macht alle Herrlichkeit, allen Adel und Prunk dieser Welt vergessen und enden. Kasimir, König von Polen, war einst mit den Großen seines Reiches zu Tafel und während er eine Schale an den Mund setzte, um zu trinken, starb er; und das Schauspiel war für ihn zu Ende. Celsus wurde, nachdem er sieben Tage lang der erste Befehlshaber war, getötet und das Schauspiel war für ihn vorüber. Ladislaus, König von Böhmen, erwartete als ein Jüngling von achtzehn Jahren seine Braut, die Tochter des Königs von Frankreich, und man bereitete große Festlichkeiten, und siehe, an einem Morgen überfiel ihn ein so großer Schmerz, daß er starb. Man sandte daher Eilboten ab, um seine Braut hiervon zu verständigen, damit sie wieder nach Frankreich zurückkehre, indem für Ladislaus das Schauspiel zu Ende wäre. Dieser Gedanke an die Eitelkeit der Welt machte Franciscus Borgias heilig; denn, wie schon oben gesagt wurde, faßte er beim Anblick der inmitten aller Herrlichkeit und in der Blüte ihrer Jahre verstorbenen Kaiserin Isabella den Entschluß, sich ganz Gott zu weihen, und sagte: So also enden die Herrlichkeiten und Kronen dieser Welt? Ich will daher von heute an keinem Herrn mehr dienen, den mir der Tod entreißen kann.

Wir wollen Sorge tragen, so zu leben, daß man im Tode nicht jene Worte zu uns spräche, wie zu jenem Toren im Evangelium: Du Tor, diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern, und was du bereitet hast, wessen wird es sein? (Lk 12,28) Daher schließt der heilige Lukas: „Also ist es mit einem, der sich Schätze sammelt, und nicht reich ist in Gott". Ferner heißt es: Suchet euch nicht mit Gütern der Welt, sondern mit göttlichen, mit Tugenden und Verdiensten zu bereichern; denn dies sind Güter, die mit euch ewig im Himmel sein werden: Sammelt euch Schätze im Himmel, da weder Rost noch Motten sie verderben. (Mt 6,20) Laßt uns demnach bedacht sein, den großen Schatz der göttlichen Liebe zu erwerben. „Was hat der Reiche, wenn er die Liebe nicht hat? Was fehlt dem Armen, wenn er die Liebe nicht hat?" sagt der heilige Augustinus. Wenn einer alle Reichtümer hat, und wenn er Gott nicht hat, so ist er der Ärmste auf der Welt. Der Arme aber, welcher Gott hat, hat alles. Und wer hat Gott? Der ihn liebt. Wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott, und Gott in ihm. (Joh 4,16)

 

Anmutungen und Bitten

Ach mein Gott! ich will nicht, daß der böse Feind noch ferner über meine Seele herrsche: du allein sollst darüber Herr sein, und sie regieren. Alles will ich verlassen, um deine Gnade zu erlangen. Diese schätze ich höher als tausend Kronen und tausend Reiche. Und wen soll ich wohl lieben, als dich unendlich Liebenswürdigen, dich o unendliches Gut, unendliche Schönheit, Güte und Liebe? Ich habe dich vormals verlassen der Geschöpfe wegen: dies ist und wird für mich immer ein Schmerz sein, der mir das Herz durchbohren wird, weil ich dich beleidigte, während du mich doch so sehr liebtest. Da aber du, mein Gott, durch so viele Gnaden mich verbunden hast, so getraue ich mich nicht mehr, deiner Gnade mich beraubt zu sehen. Meine Liebe! nimm mir meinen ganzen Willen, und all mein Hab und Gut und tue mit mir, was dir gefällig ist. Wenn ich vorhin durch Widerwärtigkeiten die Geduld verlor, so bitte ich dich um Verzeihung. Ich will nicht mehr klagen über deine Anordnungen, o mein Herr! ich weiß, daß sie alle heilsam, und alle zu meinem Besten gereichen. Tue mein Gott, was du willst; ich verspreche dir, mich bei allen deinen Anordnungen glücklich zu preisen und dir dafür zu danken. Mache, daß ich dich liebe; um nichts anderes bitte ich dich mehr. Was gehen mich die Güter, die Ehren, die Welt an? Gott, Gott, Gott allein will ich! — Selig du, o Maria! da du auf der Welt nichts liebtest als Gott! Rette mich, damit ich dir wenigstens in diesem mir noch übrigen Leben nachfolge. Auf dich setze ich all mein Vertrauen.