13. Betrachtung

Eitelkeit der Welt

 

2. Punkt

Er hatte eine falsche Waage in seiner Hand (Os 12) Man muß die Güter auf der Waage Gottes abwägen, nicht aber auf jener falschen Waage dieser Welt. Die Güter der Welt sind allzu elend, um die Seele zu befriedigen, und nehmen bald ein Ende. Meine Tage sind schneller, als ein Läufer gewesen, sie sind vorübergegangen, wie ein Schiff, welches Äpfel führt (Job 9,25) Die Tage unseres Lebens vergehen und fliehen dahin, und was bleibt von den Freuden dieser Welt übrig? „Sie sind vorübergegangen, wie ein Schiff." Die Schiffe lassen keine Spur zurück, wo sie vorübersegelten: „Wie ein Schiff, das auf einem ungestümen Wasser daherfährt, dessen Lauf keine Spur hinter sich läßt, wenn es vorbei ist" (Weish 5,10) Fragen wir so viele, so viele Gelehrte, Fürsten und Kaiser, die jetzt in der Ewigkeit sind, was sie von ihrer Pracht, Ergötzungen und Herrlichkeiten nun finden? Alle antworten: Nichts, nichts! O Mensch, sagt der heilige Augustinus: „Du hast acht auf das, was jemand hier besitzt: gib auf das acht, was er mitnimmt." (Serm. 13. de adv. Dom) Du achtest nur auf die Güter, die dieser Große besaß, sagt der Heilige, beobachte aber, was er jetzt, da er stirbt, mit sich nimmt: einen faulenden Leichnam und einen Fetzen Kleides, das mit ihm vermodern muß. Von den Großen der Welt, die da sterben, hört man kaum eine kleine Zeit lang reden, und dann verliert sich auch die Erinnerung an sie. Mit einem Geräusche ist ihr Andenken untergegangen (Ps 9,6) Und kommen dann die Elenden in die Hölle, was tun sie, was sagen sie dort? Sie weinen und sagen: Was nützte uns der Stolz, oder die Großsprecherei ob dem Reichtum? Dies alles ist verschwunden, gleich einem Schatten. (Weish 5,8) Was nützten uns unsere Pracht und Reichtümer, da nun alles wie ein Schatten vergangen und uns nichts als Qual, Weinen und ewige Verzweiflung übrig geblieben ist?

Die Kinder dieser Welt sind klüger, als die Kinder des Lichtes. (Lk 16,8) O wichtige Sache! Wie klug sind nicht die Weltkinder in irdischen Dingen! - Welche Mühe geben sie sich, um jene Ehrenstelle, um dies oder jenes zu gewinnen? Wie sorgfältig ist man, um die Gesundheit des Leibes zu erhalten? Man wählt die sichersten Mittel, den besten Arzt, die besten Arzneien, die beste Luft. Um die Seele aber sind wir unbekümmert! Und doch ist es gewiß, daß die Gesundheit, die Ehrenstellen, Hab und Gut einst vergehen werden; allein die Seele, die Ewigkeit vergeht nie! Betrachten wir, wie vieles doch die Menschen für dies oder jenes ausstehen, was sie sündhafterweise lieben, sagt der heilige Augustinus. Was steht jener Rachgierige nicht aus, jener Dieb, jener Wüstling, damit sein böses Vorhaben gelinge? Für ihre Seelen aber wollen sie nichts leiden? O Gott, daß die Weltkinder erst beim Lichte der Sterbekerze, daß sie erst zu dieser Zeit der Wahrheit ihre Torheiten einsehen und gestehen! Jeder sagt alsdann: O, hätte ich doch alles verlassen und mich nur geheiliget! Papst Leo XI. sagte bei seinem Tode: „Besser wäre es, ich wäre ein Pförtner meines Klosters gewesen, als ein Papst!" Auch Honorius III., ebenfalls ein Papst, sagte auf dem Totenbette: „Besser wäre es gewesen, wenn ich in der Küche meines Klosters bei Schüsselwaschen geblieben wäre." Als Philipp II., König von Spanien, starb, rief er seinen Sohn zu sich, warf das königliche Kleid von sich, entblößte seine von Würmern zernagte Brust und sprach, sich zu demselben wendend: „Prinz, sieh wie man stirbt und wie die Herrlichkeiten der Welt ein Ende nehmen." Hierauf schrie er aus: O wäre ich doch ein Laienbruder und nicht ein Monarch gewesen! Zugleich ließ er sich einen Strick mit einem hölzernen Kruzifixbilde um den Hals binden und indem er über seine Sachen des Todes wegen verfügte, sprach er zu seinem Sohne: Es war mein Wille, daß du bei diesem Auftritte zugegen wärest, damit du sähest, wie die Welt am Ende auch die Monarchen behandelt. Ihr Tod ist also wie jener der ärmsten Leute der Welt. Kurz, nur der hat bei Gott einen besseren Platz zu erwarten, der besser lebt." Eben dieser Sohn, Philipp III., welcher als ein junger Mann von 43 Jahren starb, sagte: „Meine Untertanen, bei meiner Leichenrede sprechet von nichts anderem, als von diesem Schauspiele, das ihr sehet; sprechet, daß es im Tode zu nichts nütze, König zu sein, als um desto größere Pein zu fühlen." Und dann schrie er: „O wäre ich nur kein König gewesen und hätte ich in einer Einöde Gott gedient! Denn jetzt würde ich mit größerem Vertrauen hingehen, um mich vor sein Gericht zu stellen, und befände mich nicht in so großer Gefahr, verdammt zu werden." Wozu aber helfen solche Wünsche beim Sterben, als dazu, um die Pein und Verzweiflung desjenigen zu vergrößern, der im Leben Gott nicht liebte? Daher sagte die heilige Theresia: „Auf das, was mit dem Leben endet, soll man sich nicht verlassen; das wahre ist: so leben, daß man den Tod nicht fürchtet." Wollen wir also sehen, was die Güter dieser Welt seien, so betrachten wir sie an dem Totenbette, und alsdann sagen wir: diese Ehren, diese Schätze, diese Einkünfte werden einst ein Ende haben; wir müssen daher bedacht sein, selig und nur an jenen Gütern reich zu werden, die mit uns kommen und in alle Ewigkeit uns befriedigen werden.

 

Anmutungen und Bitten

Ach, mein Erlöser! du littest mir zu Liebe so viele Schmerzen und Unbilden; ich aber liebte die Vergnügen und Eitelkeiten dieser Welt so sehr, daß ich deine Gnade mit Füßen trat! Und obwohl ich dich verachtet, so unterließest du dennoch nicht, mir nachzugehen; ich kann also nicht fürchten, daß du, o mein Jesu, mich jetzt verstoßen werdest, da ich dich suche und von ganzem Herzen liebe, da es mich mehr reuet, dich beleidigt zu haben, als wenn ich was immer für ein anderes Unglück erlitten hätte. O Gott meiner Seele! Von nun an will ich dir keine einzige, ja nicht die geringste Beleidigung mehr zufügen; laß mich erkennen, was eine Beleidigung gegen dich wäre; ich will es um ein Gut der Welt mehr tun; und laß mich wissen, was ich zu tun habe, um dir zu gefallen, ich bin ja dazu bereit. Ich will dich wahrhaft lieben. Ich nehme, o Herr, alle Schmerzen und alle Kreuze an, die mir von deinen Händen zukommen werden; gib mir die dazu nötige Ergebung. „Hier brenne, hier schneide. " Züchtige mich in diesem Leben, damit ich im anderen in Ewigkeit dich lieben könne. - Maria, meine Mutter! dir empfehle ich mich, höre nur nicht auf, Jesum für mich zu bitten.