10. Betrachtung

Mittel, sich zum Tode vorzubereiten

 

3. Punkt

Ferner müssen wir dafür sorgen, zu jeder Stunde so beschaffen zu sein, wie wir es im Tode zu sein wünschen: Selig die Toten, die im Herrn sterben. (Offb 14) Der heilige Ambrosius sagt: Jene sterben gut, welche zur Zeit des Todes der Welt schon abgestorben, das heißt, von solchen Gütern losgerissen sind, von welchen sie loszureißen, der Tod Gewalt hat. Daher müssen wir es geduldig tragen, wenn wir um unsere Habe kommen, wenn wir von Verwandten und allen Dingen dieser Welt getrennt werden. Wenn wir dies im Leben nicht freiwillig tun, werden wir es im Tode tun müssen, und zwar alsdann mit höchstem Schmerz und mit Gefahr des ewigen Heiles. Hier bemerkt nebstdem der heilige Augustinus, daß es, um ruhig zu sterben, sehr nützlich sei, bei Lebzeiten die zeitlichen Angelegenheiten zu berichtigen, indem man zu dieser Zeit schon über die Güter, welche man zu verlassen hat, verfüge, um sich im Tode nur damit beschäftigen zu können, wodurch man sich näher an Gott anschließt. Alsdann ist es gut, nur von Gott und vom Himmel zu reden. Diese letzten Augenblicke sind allzu kostbar, als daß man sie mit Gedanken an das Irdische zubringen sollte. Im Tode wird die Krone der Auserwählten vervollkommnet; denn zu dieser Zeit sammelt man vielleicht am meisten Verdienste, wenn man diese Schmerzen und diese Todesart mit Ergebung und Liebe annimmt.

Wer aber diese guten Gesinnungen bei Lebzeiten nicht hegte, wird im Tode sie nicht haben können. Deswegen haben einige andächtige Personen zu ihrem großen Nutzen die Gewohnheit, monatlich die letzte Willenserklärung nebst den christlichen Tugendakten zu erneuern, nachdem sie gebeichtet und kommuniziert haben, indem sie sich vorstellen, als wären sie schon im Sterbebette und nahe daran, aus diesem Leben zu scheiden. (In unserem Büchlein von der Besuchung des heiligsten Sakramentes - welches unter unseren geistlichen Werken sich befindet - ist diese Übung der Akte, die man in wenig Zeit lesen kann, weil sie kurz ist, zu finden.)

Was man im Leben nicht tut, ist im Tode schwer zu tun. Die Schwester Katharina vom heiligen Albertus, diese große Dienerin Gottes aus dem Orden der heiligen Theresia, seufzte, als sie starb und sagte: „Meine Schwestern! ich seufze nicht aus Furcht vor dem Tode, denn ich erwarte ihn schon seit 25 Jahren; ich seufze, indem ich so viele betrogen sehe, die das Leben in Sünden zubringen und den Friedensschluß mit Gott auf den Tod verschieben, während ich kaum „mein Jesu!" sagen kann".

Prüfe dich also, mein Bruder, ob dein Herz an irgend etwas Irdischem - an einer Person, an einer Ehre, an jenen Geldern, an jener Gesellschaft, an jenen Belustigungen hänge, und denke, daß du nicht ewig da sein werdest. Du wirst sie einst und vielleicht bald verlassen müssen. Und darum willst du dein Herz daran hängen und dich der Gefahr, unruhig zu sterben, aussetzen? Opfere von nun an alles Gott auf, bereit, dessen beraubt zu werden, wenn es ihm gefällig ist. Willst du ergeben sterben, so mußt du dich schon jetzt in alle vorkommenden Widerwärtigkeiten ergeben, die dir begegnen können und mache dich von den Neigungen zu den irdischen Dingen los. Halte den Augenblick des Todes dir vor Augen, und du wirst alles verachten: „Wer immer bedenkt, daß er sterben werde, verachtet alles mit Leichtigkeit", sagte der heilige Hieronymus.

Hast du deinen Lebensstand noch nicht erwählt, so wähle dir jenen, den du im Tode gewählt zu haben wünschest, und der dir im Tode mehr Zufriedenheit verschaffen wird. Hast du ihn aber schon gewählt, so tue, was du dann in deinem Stande getan zu haben wünschen würdest. Handle so, als wäre jeder Tag der letzte deines Lebens und verrichte jedes Werk, das du vorhast, jedes Gebet, jede Beicht, jede Kommunion so, als wäre es deine letzte Handlung. Stelle dir von Stunde zu Stunde vor, als wärest du sterbend, im Bette liegend und als hörtest du dir zurufen: „Reise ab von dieser Welt". O wie nützlich wird dir dieser Gedanke sein, um gut zu wandeln und dich von der Welt zu trennen! Selig ist der Knecht, den sein Herr bei seiner Ankunft also finden wird. (Mt 24,46) Wer des Todes zu jeder Stunde gewärtig ist, wird gut sterben, wenn dieser auch unversehens käme.

 

Anmutungen und Bitten

Jeder Christ soll in jenem Augenblicke, wo man ihm die Nachricht von seinem Tode bringen wird, so zu sprechen bereit sein: Wenige Stunden bleiben mir also noch übrig, o mein Gott! in diesen will ich dich so viel, als ich es in diesem Leben vermag, lieben, um dich im anderen desto mehr zu lieben. Gar wenig habe ich dir anzubieten: Ich opfere dir diese Schmerzen und das Opfer meines Lebens in Vereinigung jenes Opfers, das Jesus Christus am Kreuze dir für mich dargebracht. Herr, die Schmerzen, die ich leide, sind wenig und gering gegen jene, die ich verdiente; ich nehme sie an, wie sie sind, zum Zeichen der Liebe, die ich zu dir habe. Ich unterwerfe mich allen Strafen, die du in diesem und im anderen Leben über mich verhängen willst, wenn ich dich nur in Ewigkeit lieben kann; strafe mich, so viel dir gefällig ist, doch beraube mich nicht deiner Liebe. Ich erkenne, daß ich es nicht mehr verdiente, dich zu lieben, weil ich deine Liebe so oft verachtet habe; allein du kannst ja eine reuevolle Seele nicht verstoßen. Es reuet mich, dich, o höchstes Gut, beleidigt zu haben. Ich liebe dich von ganzem Herzen und vertraue ganz auf dich. Dein Tod, o mein Erlöser, ist meine Hoffnung! In deine verwundeten Hände empfehle ich meine Seele! In Deine Hände empfehle ich meinen Geist; du hast mich erlöst, o Herr! Gott der Wahrheit. O mein Jesu! du gabst dein Blut hin, um mich zu retten; lasse nicht zu, daß ich jemals von dir getrennt werde. Ich liebe dich, o ewiger Gott; und hoffe dich in Ewigkeit zu lieben. - Maria, meine Mutter, hilf mir in diesem wichtigen Augenblicke. Schon jetzt übergebe ich dir meinen Geist; sage zu deinem Sohne, er möchte meiner sich erbarmen. Dir empfehle ich mich, o bewahre mich vor der Hölle!