10. Betrachtung

Mittel, sich zum Tode vorzubereiten

 

2. Punkt

Auf also, mein Bruder! denn es ist gewiß, daß du sterben mußt; wirf dich dem Gekreuzigten zu Füßen, danke ihm für die Zeit, die er dir aus seiner Barmherzigkeit gibt, um dein Gewissen ordnen zu können, und dann überschaue alle Verirrungen deines bisherigen Wandels, besonders jene deiner Jugendjahre. Blicke auf die göttlichen Gebote, untersuche die dir obliegenden Pflichten, die Gesellschaften, die du besuchest, und schreibe deine Fehler auf und leg eine allgemeine Beicht von deinem ganzen Leben ab, wenn du es noch nicht getan hast. O wie nützlich ist die allgemeine Beicht, um das Leben eines Christen gut zu ordnen! Denke, es ist eine Rechenschaft für die Ewigkeit und, verrichte sie daher, als wärest du jetzt im Begriffe, sie vor Jesus Christus, deinem Richter, abzulegen. Vertreibe aus deinem Herzen jede böse Neigung, jeden Groll; benimm dir jetzt jeden Zweifel hinsichtlich eines fremden Gutes, einer Ehrabschneidung, gegebener Ärgernisse; und nimm dir vor, die Gelegenheiten, wo du Gott verlieren kannst, zu vermeiden. Bedenke, daß das, was dir jetzt schon schwer scheint, dann im Tode dir unmöglich vorkommen werde. Entschließe dich endlich - was das Allerwichtigste ist - die Mittel anzuwenden, um in der Gnade Gottes dich zu erhalten. Diese Mittel sind: tägliches Meßhören, Betrachtung der ewigen Wahrheiten, oftmaliges Beichten und Kommunizieren, wenigstens alle acht Tage, der tägliche Besuch des heiligsten Sakraments und der göttlichen Mutter, geistliche Lesung nebst Fasten am Sonnabende. Vor allem nimm dir vor, dich öfters Gott und der seligsten Jungfrau anzuempfehlen und die heiligen Namen Jesu und Maria oft und besonders zur Zeit der Versuchung anzurufen. Das sind die Mittel, die dir einen guten Tod und die ewige Seligkeit erlangen können.

Wenn du dies tust, wird es für dich ein großes Zeichen der Gnadenwahl sein. Und in Betreff der Vergangenheit vertraue auf das Blut Jesu Christi, der dir diese Erkenntnis gibt, indem er will, daß du selig werdest und habe Vertrauen auf die Fürbitte Mariä, welche dir diesen Unterricht erlangt. O wie wird dir bei einer solchen Prüfung deines Lebenswandels und bei deinem Vertrauen auf Jesus und Maria von Gott geholfen werden: welche Stärke wird deine Seele erlangen! Wohlan also, mein Leser, ergib dich ganz und gar Gott, der dich ruft, und fange an, jenen Frieden zu genießen, dessen du bisher aus deiner eigenen Schuld beraubt warst. Und welch größeren Frieden kann eine Seele wohl fühlen, als wenn sie sich abends beim Schlafengehen sagen kann: Sollte diese Nacht der Tod kommen, so hoffe ich in der Gnade Gottes zu sterben! Welcher Trost ist es, das Gekrache des Donners zu hören, die Erde beben zu sehen und dabei mit Ergebenheit dem Tode entgegenzuharren, wenn ihn Gott über mich verhängt!

 

Anmutungen und Bitten

Ach, mein Herr, wie undankbar bin ich dir für das Licht, das du mir gibst. Ich verließ dich so oft und kehrte dir den Rücken; doch du verließest mich nicht. Hättest du mich verlassen, so wäre ich blind geblieben, wie ich 's vorher sein wollte; ich wäre in meiner Sünde hartnäckig verharrt und hätte weder den Willen, sie zu verlassen, noch den Willen, dich zu lieben. Jetzt fühle ich großen Schmerz, dich beleidigt zu haben und großes Verlangen, in deiner Gnade zu sein; ich habe Abscheu vor jenen verfluchten Freuden, wegen welcher ich deine Gnade verlor. Alles dies sind Gnaden, die von dir kommen und mich hoffen lassen, daß du mir verzeihen und mich selig machen wollest. Da du mich also ungeachtet so vieler Sünden nicht verlassen hast und mich selig haben willst, nun, so ergebe ich mich dir ganz. Es reuet mich über alles Übel, dich beleidiget zu haben, und ich nehme mir vor, lieber tausendmal das Leben als deine Gnade zu verlieren. Ich liebe dich, mein höchstes Gut, ich liebe dich, mein Jesus, der du für mich gestorben bist, und hoffe, um deines Blutes willen, daß du dich nicht mehr werdest von mir trennen lassen. Nein, mein Jesus! ich will dich nicht mehr verlieren. Ich will dich immer lieben, so lange ich lebe; ich will dich lieben, wenn ich sterbe; ich will dich lieben in alle Ewigkeit. Erhalte also und vermehre in mir immer die Liebe zu dir; ich bitte dich darum um deiner Verdienste willen. - Maria, meine Hoffnung, bitte Jesum für mich.