7. Betrachtung

Gefühle eines Sterbenden, der sorglos und wenig auf den Tod bedacht war.

 

3. Punkt

Dem Sterbenden, der in seinem Leben um sein Seelenheil sorglos war, wird alles, was ihm vorkommt, verdrießlich sein. Zum Mißmute gereichen ihm die genossenen Unterhaltungen, die gehabte Ehrsucht und Pracht; Unwillen werden ihm die Freunde verursachen, die ihn zu besuchen kommen, nebst allem, an was sie ihn erinnern werden; ein Dorn in seinem Auge werden ihm die geistlichen Väter sein, die wechselweise ihm beistehen werden; zum Anstoße werden ihm die heiligen Sakramente der Beicht, der Kommunion und letzten Ölung, die er empfangen muß; zum Ärgernis wird ihm das Bildnis des Gekreuzigten sein, das man neben ihm hinstellen wird, indem er an diesem Bilde deutlich erkennen wird, wie schlecht er jenem Gott entsprochen hat, der um seiner Rettung willen gestorben ist. - O, welcher Tor war ich! wird dann der arme Kranke sagen. Mit so vieler Erkenntnis und Gelegenheit, die mir Gott gab, hätte ich heilig werden, ein in der Gnade Gottes glückliches Leben führen können; und nun finde ich, so alt ich bin - nichts als Pein, Mißtrauen, Furcht, Gewissensbisse und eine Rechenschaft, die ich bald vor Gott ablegen muß. Und schwerlich werde ich selig werden. - Und dann wird er dies sagen? Wenn die Lampe schon zum Auslöschen ist und das Schauspiel dieser Welt sich endet, und schon hat er die zwei Ewigkeiten vor Augen, die glückliche und die unglückliche, und bald wird er zum letzten Mal den Mund öffnen, und von diesem Augenblicke dann hängt es ab, ob er für immer selig, oder für immer, so lange Gott - Gott sein wird, in Verzweiflung sein werde. Wie vieles würde er geben, wenn er noch ein Jahr, ein Monat oder wenigstens eine Woche lang bei gesundem Verstande leben könnte. Denn da er im Tode bei jener Betäubung des Kopfes, bei jener Engbrüstigkeit und Atemlosigkeit nichts tun kann, und weder zum Nachdenken, noch zur Übung eines guten Aktes fähig ist, so befindet er sich gleichsam in einer finsteren Grube von Verwirrung, wo er nichts begreift als jenen großen Sturz, der ihm bevorsteht, und wogegen er sich hilflos sieht. Daher möchte er einen Aufschub haben, allein es wird zu ihm gesagt werden: Reise alsogleich ab, bringe in dieser kurzen Zwischenzeit alles bestmöglichst in Richtigkeit, und reise ab; weißt du nicht, daß der Tod nicht wartet und auf keinen Rücksicht nimmt? O, welchen Schrecken wird ihm dieser Gedanke und diese Worte machen! Heute früh lebe ich, heute abend bin ich vielleicht tot! Heute bin ich in diesem Zimmer, morgen werde ich in einer Grube sein! Und wo wird meine Seele sich befinden? Welcher Schrecken, wenn man die Sterbekerze zubereiten sehen wird, wenn man den kalten Todesschweiß wird erscheinen sehen, wenn man zu den Verwandten wird sagen hören, sie sollen aus dem Zimmer gehen und nicht mehr hereinkommen! Welcher Schrecken endlich, wenn man nun die Kerze anzünden wird, weil der Tod bereits vor der Tür ist! O Kerze, o Sterbekerze, wie viele Wahrheiten wirst du alsdann entdecken! O wie wirst du die Dinge ganz anders sehen lassen, als sie jetzt erscheinen! Wie wirst du zu erkennen geben, daß die Güter dieser Welt Eitelkeit, Torheit und Täuschungen sind! Was wird es aber nützen, diese Wahrheiten zu verstehen, wenn die Zeit der Hilfe vorbei sein wird?

 

Anmutungen und Bitten

Ach mein Gott! du willst nicht meinen Tod, sondern daß ich mich bekehre und lebe. Ich danke dir, daß du bisher meiner harrtest, und danke dir für die Erleuchtung, die du mir gibst. Ich erkenne den Fehler, den ich beging, indem ich deine Freundschaft so niedrigen, elenden Gütern nachsetzte, wegen welcher ich dich verachtete. Es reuet und schmerzet mich von ganzem Herzen, daß ich dir ein so großes Unrecht antat. Ach, lasse dies in meinem mir übrigen Leben nicht zu, stehe mit deinem Lichte und mit deiner Gnade mir bei, damit ich das zur Besserung meines Lebens Nötige erkenne und tue. Was wird es mir nützen, diese Wahrheiten zu begreifen, wenn die Zeit, mir helfen zu können, mir dann wird benommen werden ? Übergib die auf dich vertrauenden Seelen nicht den Bestien. Wenn der Teufel mich versuchen wird, dich wieder zu beleidigen, ach, dann bitte ich dich, mein Jesu, um der Verdienste deines Leidens willen, strecke deine Hand aus und rette mich, daß ich nicht in die Sünde falle und nicht neuerdings ein Sklave der Feinde werde. Mache, daß ich alsdann mich zu dir wende und nicht aufhöre, mich dir anzuempfehlen, solange die Versuchung währet. Dein Blut ist meine Hoffnung und deine Güte ist meine Liebe. Ich liebe dich, mein Gott, unendlicher Liebe würdig. Mache, daß ich dich recht liebe. Laß mich erkennen, wovon ich mich losreißen soll, um dein zu sein, denn ich will dein sein! Du aber gib mir die Gnade dazu. O Königin des Himmels, o Mutter Gottes! bitte für mich armen Sünder, lasse mich in den Versuchungen nie aufhören, zu Jesu und zu dir zu stehen, die ihr jeden vor dem Falle bewahret, der zu euch sich wendet.