6. Betrachtung

Tod des Sünders

 

2. Punkt

Nicht bloß eine, sondern mehrere und viele Ängsten wird der sterbende Sünder haben. Einerseits werden ihn die bösen Geister quälen. Beim Tode bieten diese fürchterlichen Feinde alle Gewalt auf, um die Seele zu Grunde zu richten, da sie im Begriffe steht, aus diesem Leben zu scheiden. - Sie wissen es, daß ihnen wenig Zeit übrig bleibt, um sie zu gewinnen, und daß sie, wenn sie selbe jetzt verlieren, sie für immer verlieren. Der Teufel kommt zu euch mit einem großen Zorne herauf, weil er weiß, daß er wenig Zeit hat. (Offb 12,12) Und nicht bloß ein einziger Teufel wird er sein, der dann versuchen wird, sondern unzählige, die den Sterbenden umgeben werden, damit er zu Grunde gehe. Ihre Häuser werden voll Drachen sein. (Jes 13,21) Der eine wird zu ihm sagen: Fürchte dich nicht, du wirst gesund werden. Der andere wird sagen: Wie, du warst so viele Jahre hindurch taub gegen die Stimme Gottes, und jetzt soll er deiner sich erbarmen? Ein dritter wird sagen: Wie kannst du jetzt machen, daß jener Schaden, den du andern zufügtest, der gute Namen, um den du manchen brachtest, wieder gutgemacht werde?

Andererseits wird man den Sterbenden von seinen Sünden umgeben sehen. „Der ungerechte Mann wird vom Unheil zu seinem Untergange überfallen werden. (Ps 139,12) Seine Sünden werden ihn, sagt der heilige Bernardus, wie ebensoviele Häscher ergreifen, festhalten und zu ihm sagen: Wir sind deine Werke, wir werden dich nicht verlassen. Wir sind dein Anteil, wir wollen dich nicht verlassen, wir werden dich ins andere Leben geleiten und uns mit dir dem ewigen Richter vorstellen. Der Sterbende wird sich zwar von diesen Feinden losmachen wollen; um sich aber davon loszumachen, wäre vonnöten, sie zu hassen, und sich vom Herzen zu Gott zu bekehren; allein der Verstand ist verfinstert, das Herz verhärtet: (Eccl 3,27) Das Herz, sagt der heilige Bernardus, welches zu Lebzeiten hartnäckig war, wird sich anstrengen, um aus dem Stande der Verwirrung zu kommen; allein es wird nicht davon loswerden, und von seiner Bosheit unterdrückt wird es im nämlichen Zustande das Leben beschließen. Weil der Sünder bisher die Sünde liebte, liebte er zugleich die Gefahr seiner Verdammung; billigerweise also wird es der Herr zugeben, daß er in jener Gefahr umkomme, in der er bis zum Tode leben wollte. Der heilige Augustinus sagt: wen die Sünde verläßt, ehe er sie verläßt, der wird sie schwerlich verabscheuen, wie sich's gebührt; denn damals wird das, was er tun wird, gezwungen geschehen. „Wer von der Sünde verlassen wird, bevor er sie verläßt, verachtet sie nicht freiwillig, sondern nur notgedrungen."

Elend ist also der Sünder, welcher hartnäckig ist und dem göttlichen Zurufen widersteht. Sein Herz wird wie ein Stein hart werden und so fest wie der Amboss eines Schmiedes sein. (Job 41, 15) Er, der Undankbare - wird, anstatt sich auf die Stimme Gottes hin zu ergeben und zu erweichen, desto verhärteter, so wie der Amboss durch die Schläge des Hammers härter wird. Zur Strafe dafür wird er auch im Tode so sein, wenn er schon im Begriffe steht, in die Ewigkeit überzugehen. Ein hartes Herz wird er am letzten Tage haben. Die Sünder, sagt der Herr, haben aus Liebe zu den Geschöpfen mir den Rücken zugekehrt; sie haben mir den Rücken und nicht das Angesicht zugekehrt und sie werden zur Zeit ihrer Trübseligkeit sagen: Stehe auf und rette uns. - Wo sind deine Götter, die du dir gemacht hast? Lasse sie aufstehen und dich retten. (Jer 2,27) Die Elenden werden sich im Tode zu Gott wenden und Gott wird zu ihnen sagen: Kommt ihr jetzt zu mir? Rufet die Geschöpfe nun zu Hilfe, denn diese waren eure Götter. Also wird der Herr sprechen, denn sie werden bei ihm Zuflucht nehmen, aber ohne rechten Ernst sich zu bekehren. Der heilige Hieronymus sagt, er halte es fast für gewiß und er habe es aus Erfahrung gelernt, daß nie einer ein gutes Ende haben wird, der bis zum Ende ein schlechtes Leben führte: „Das halte ich dafür, das lernte ich durch vielfältige Erfahrung, daß jener kein gutes Ende hat, der einen schlechten Lebenswandel führte". (In ep. Eus. ad Dam.)

 

Anmutungen und Bitten

Mein geliebter Heiland! hilf mir, verlasse mich nicht. Ich sehe meine Seele von Sünden ganz verwundet; die Leidenschaften, die bösen Gewohnheiten drücken mich zu Boden; ich werfe mich dir zu Füßen, habe Erbarmen mit mir. Auf dich, o Herr! habe ich gehofft, ich werde ewig nicht zu Schanden werden. Lasse meine Seele nicht zu Grunde gehen, die auf dich vertraut. „ Übergib nicht die auf dich vertrauende Seele den Bestien!" Es reuet mich, dich beleidigt zu haben. Ich habe böse gehandelt. Ich bekenne es; ich will mich bessern, mag es kosten, was es wolle; wenn du aber mit deiner Gnade mir nicht zu Hilfe kommst, bin ich verloren. Nimm auf, o Jesu! diesen Anführer, der dich so beschimpft hat. Bedenke, daß ich dir Blut und Leben kostete. Nimm mich also um der Verdienste deines Leidens und Sterbens willen in deine Arme auf und gib mir die heilige Beharrlichkeit. Ich war verloren, du hast mich gerufen, siehe, ich will nicht mehr widerstehen; dir weihe ich mich; binde mich mit den Banden deiner Liebe und laß nicht zu, daß ich dich neuerdings durch Verlust deiner Gnade verliere. Mein Jesu! gib es nicht zu. - Maria, meine Königin! gestatte dies nicht; erlange mir den Tod und lieber tausend Tode, als daß ich die Gnade deines Sohnes wieder verlieren sollte.