Die Neun-Punkte-Lehre nach Albert dem Großen

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Vor etwa 15 Jahren sah ich erstmals in der Pfarrkirche zu Abtenau im Salzburger Land ein Ölbild, das mich besonders faszinierte:

 

Um ein Zentralbild waren neun Bildpaare angeordnet, jeweils mit einem Text versehen, der das zugehörige Bild erläutert. Der Betrachter wird in einfacher und damit zugleich einprägsamer Form darauf hingewiesen, worauf es ankommt. Erst einige Jahre später sah ich im Diözesanmuseum zu Regensburg weitere Bilder vom selben Typus. Hier erfuhr ich, daß es sogenannte Alberti-Tafeln sind. Die Texte gehen auf die Lehre des bekannten Bischofs und Kirchenlehrers Albert den Großen zurück. Die Alberti-Tafel beinhalten die Neun-Punkte-Lehre der gottgefälligen Werke in Form eines inhaltlich genau festgelegten Typus volkstümlichen Mahnbildes. Bereits im 14. Jahrhundert finden wir Aufzeichnungen dieser Lehre des Doctor Universalis, wie man den heiligen Albert auch nennt. Die antithesen-artigen Sprüche der Neun-Punkte-Lehre "Wenn du ..., so ist es mir lieber als ...." dienen als Anleitung zur praktischen Umsetzung christlicher Grundwerte in das Alltagsleben. Der Betrachter soll erkennen, daß die jeweils zwei geschilderten Möglichkeiten keine echte Alternative bieten: Was auf den ersten Blick als mehr, erscheint wird als weniger bloßgestellt. Alle Punkte betonen den Wert des eigenen verantwortungsvollen Handelns gegenüber jenen Taten, die - so imponierend sie auch aussehen mögen - erst im Auftrag ausgeführt werden. Unter einem Zentralbild wird auf die Entstehung dieser Neun-Punkt-Lehre verwiesen, außenherum sind diese neun Punkte in Wort und Bild dargestellt.

 

Peter Stengel


Albertus Magnus von Köln

 

Der vermutlich 1193 in Lauingen geborene Schwabe Albertus begegnete als junger Student in Bologna und Padua dem sogen. Menschenfänger Jordan von Sachsen, Nachfolger des Ordensgründers der Dominikaner. Dieser bewog Albert 1223 zum Eintritt in diesen Predigerorden. Nach Abschluß seines theologischen Studiums etwa 10 Jahre an verschiedenen Klöstern lehrend, bestieg er 1242 einen Lehrstuhl an der Universität Paris. Hier hörte ihn zum ersten Mal sein größter Schüler Thomas von Aquin. 1248 bauen beide in Köln zur Zeit der Grundsteinlegung des Domes eine Ordenshochschule. Als Oberer der deutschen Ordensprovinzen durchwanderte er in drei Jahren fast ganz Europa von Paris bis Ungarn, von Rom bis zur Ostsee. 1260 berief ihn Papst Alexander IV. zum Bischof des damals verwarlosten Bistums Regensburg. Trotz tiefer Abneigung gegen solch hohe Stellung brachte er in bloß zwei Jahren Regensburg zur Blüte. Danach wieder als Prediger durchzog er Deutschland und Böhmen und nach Nymwegen. 1274 nahm er als führender Theologe am allgemeinen Konzil zu Lyon teil. Am 15. November 1280 starb Albert der Große (Albertus Magnus) in Köln und liegt in der Andreaskirche begraben. Er ist unter den Heiligen derjenige, der Glauben und Wissen verknüpft hat. Von ihm sagte einmal ein Naturforscher: “Wäre die Entwicklung der Naturwissenschaften auf der von Albert eingeschlagenen Bahn weitergegangen, so wäre ihr ein Umweg von drei Jahrhunderten erspart geblieben. “Für Albertus Magnus galt, das Geglaubte in eine immer neu zu stiftende, sinnvolle Zuordnung zu bringen zu dem unaufhörlich und ins Unabsehbare sich vervielfachenden Gesamtbestand des natürlichen Wissens von Mensch und Welt" (Josef Pieper). Er steht unserer Zeit so nahe, als wäre er ein Kind unseres Jahrhunderts. Galten doch die Bemühungen der Väter des letzten Konzil gerade diesem Problem als einer ihrer vordringlichsten Aufgaben. 1931 wurde Albertus Magnus heiliggesprochen; 1941 ernannte ihn Papst PiusXll. zum Patron der Naturwissenschaftler. Man erzählt sich, als den schon greisen Lehrer während einer Vorlesung das Gedächtnis verlassen hatte, so daß er seinen Vortrag abbrechen mußte, er nach einer Weile den bestürzten Zuhörer erzählte: "Hört, meine lieben Brüder - in jungen Jahren bete ich viel zur Gottesmutter, sie möge mich im wahren Glauben erhalten und nicht zulassen, daß die Beschäftigung mit der Philosophie für mich eine Gefahr würde. Da erschien mir die Mutter der Barmherzigkeit rund sprach: Sei beharrlich im Gebet und Studium! Gott wird durch deine Wissenschaft die ganze Kirche erleuchten. Damit du aber nicht im Glauben wankend werdest, soll vor deinem Tode alle Weisheit von dir genommen werden. Gott wird dich in kindlicher Einfalt und aufrichtigem Glauben von dieser Welt nehmen. Und dies soll das Zeichen sein: du wirst in öffentlicher Vorlesung vor deinen Schülern das Gedächtnis verlieren!” "Ja, meine Brüder", fuhr Albert fort, "ich glaube, die Zeit ist nun gekommen!"


Inhalt der Alberti-Tafeln zu Köln am Rhein hat ein Bischof namens Albertus, wie erzählt wird, Gott öfter und inständig gebeten, daß er ihn erleuchten wolle zu erkennen, welches das beste Werk und dem Sünder zur Abbüßung und Besserung am heilsamsten sei. Da ist ihm einmal während der Wandlung Erleuchtung zuteil geworden, und Gott hat innerlich zu ihm gesagt:

 

"Weil du eifrig gebeten hast, so habe Ich dich erhört. Meide die Sünde und höre, welche Werke Mir vor andern angenehm und dem Sünder am heilsamsten sind, und gehe hin und predige und tue danach.

 

1. Wenn du bei Lebzeiten einen Pfennig aus Liebe zu Mir austeilst, so ist es mir angenehmer, als wenn du nach deinem Tode viele tausend Millionen würdest austeilen lassen.

 

2. Wenn du in deinem Leben, wegen Meinen Leiden eine einzige Träne vergießest, so ist es Mir lieber, als wenn nach deinem Tode andere ganzen Brunnen voller Tränen für dich vergießen würden.

 

3. Wenn du bei der Nacht zum Gebete aufstehest, so ist Mir dieses angenehmer, als wenn du zehntausend bewaffnete Männer fortschicktest, gegen die Ungläubigen zu streiten.

 

4. Wenn du keinem Menschen nichts Böses denkest und redest, so gefällt Mir dies besser, als wenn du all dein Hab und Gut nach deinem Tod unter die Armen austeilen ließest.

 

5. Wenn du aus Liebe zu Mir allen deinen Feinden verzeihest, so ist mir dies lieber, als wenn du bis St. Jakobus (di Compostella) barfuß auf Dornen gehen und dich beständig geißeln würdest.

 

6. Wenn du einem Menschen etwas Gutes erzählen oder ein geistliches Buch vorlesest, so ist Mir es lieber, als wenn du sieben Jahre lang mit Wasser und Brot fasten würdest.

 

7. Wenn du dich für den geringsten Menschen und für den größten Sünder haltest, so ist es Mir lieber, als wenn du über Flüsse Brücken bauest oder alle Fremdlinge umsonst beherbergest.

 

8. Wenn du bei Lebzeiten mit Andacht Mich für dich oder andere bittest, so ist es Mir angenehmer, als wenn nach deinem Tode alle Heiligen im Himmel für dich bitten.

 

9. Wenn du endlich alle Freuden und Wollüste der Welt Meinetwegen verlassest, so ist es Mir lieber, als wenn du dich an einer Säule, die bis an den Himmel reichte, auf- und abziehen ließest.”