308. Das Begräbnis Jesu

(Mt 27, Mk 15, Lk 23, Joh 19)

 

I Der Leichnam Jesu wird vom Kreuze abgenommen

Es war bereits Abend, zudem Rüsttag, der Tag vor dem Sabbat. Da kam Joseph von Arimathäa, ein angesehener Ratsherr, der auch das Reich Gottes erwartete. Er ging entschlossen zu Pilatus und bat um den Leichnam Jesu.

Verweile noch auf dem Kalvarienberg! Dank den Wunden des gekreuzigten Heilands erwacht der Glaubensmut in den zwei Jüngern. Keine Menschenfurcht hält die Zeugen seines Todes mehr zurück.

Biete dich demütig Joseph und Nikodemus zur Hilfe an! Löse mit ihnen sacht den Leichnam deines Erlösers vom Kreuz! Er ist die Frucht des Lebens, welche sich vom Baum loslöst, um alle zu sättigen, die nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten. Löse diese Hände, die dich so oft gesegnet haben, löse diese Füße, die dir auf den Wegen des Verderbens nachgegangen sind, und küsse sie voll Andacht! Unterstütze dieses blutige Haupt, dessen Gedanken sich so viel mit dir beschäftigt haben. Betrachte die Stirne, die sich so freundlich dir entgegen neigte, die geschlossenen Augen, deren Blick dich so oft suchte, diese reinen Züge, die dir Gottes Schönheit und Güte enthüllten. Zähle die Wunden Jesu und wasche sie aus! Nimm deinem Heiland die Dornenkrone ab, und laß sie deine Hände durchstechen. Fürchte dich nicht, zu bluten und zu leiden für Ihn, der all sein Blut für dich vergossen!

 

II Der Leichnam Jesu wird einbalsamiert

Sie nahmen nun den Leichnam Jesu und umwickelten ihn samt den würzigen Kräutern mit Leinentüchern, wie es der Begräbnissitte der Juden entspricht.

Betrachte, mit welcher Zartheit die Jünger den Leib des Herrn behandeln! Streue auch du unter Reuetränen Balsam auf den heiligen Leichnam. Kaufe das, was deine Natur viel kostet und was du nur mit großer Mühe und zu hohem Preis dir verschaffen kannst. Nimm der Welt wieder ab, was sie dir von deinem Herzen, deinen Tugenden und deinen Vorsätzen geraubt hat, und bringe das alles dem Heiland zurück! Glaubenseifer, Liebesglut, Herzensreinheit, beharrliche Treue, kindliches Vertrauen, Siege der Entsagung verbreitet eure Wohlgerüche! Gib dem Herrn auch deine Gedanken, Neigungen, Vorsätze und Zukunftspläne, ja dein ganzes Leben mit ins Grab. Könntest du Demjenigen etwas verweigern, der sich ganz für dich entäußert hat? Seine Entblößung wird dein Reichtum, sein Tod dein Leben, sein Grab deine Wohnung sein.

 

III Der Leichnam Jesu wird begraben

An dem Ort, wo Er gekreuzigt wurde, war ein Garten und in dem Garten ein neues Grab, in dem noch niemand beigesetzt worden war. Dorthin also legten sie Jesus wegen des Rüsttages der Juden; denn das Grab war in der Nähe. Joseph wälzte einen großen Stein vor die Tür des Grabes und ging hinweg.

Schließe dich dem Trauerzug an, der deinen Meister zur letzten Ruhe geleitet. Die Mutter Jesu ist an der Spitze dieses Zuges. O tiefste Armut! Der Sohn Gottes, dem die ganze Welt gehört, findet im Grab eines Freundes die letzte Ruhestätte. So verwirft Jesus selbst nach seinem Tod noch die Sucht nach Besitz bei seinen Jüngern.

Nach der Beisetzung verschließen die Jünger das Grab. In den Augen der Welt ist nun alles zu Ende, aber in den Augen Gottes fängt alles an; die göttliche Vorsehung hält am Grabe Wacht. Suche dieses Geheimnis zu ergründen! Was können uns Leiden und Tod schaden, wenn sie so rasch vorübergehen, wenn der Tod uns nur unter sein eisernes Joch beugt, um die Wunder der Auferstehung zu ermöglichen? Erweitere deine Seele durch diese Hoffnung. Verweile mit Maria und dem Liebesjünger am Grab des Herrn!