270. Der Gang zum Ölberg

(Mt 26, Mk 14, Lk 22, Joh 18)

 

I Jesus trennt sich von einem Teil seiner Jünger und mahnt sie zum Gebet

Und Er ging hinaus und begab sich nach seiner Gewohnheit an den Ölberg1 hinaus über den Bach Kedron, wo ein Garten war. 2 In diesen trat Er mit seinen Jüngern ein.

Folge deinem Heiland nach Gethsemani! Sieh, wieviel es Ihn kostet, die Sünder wieder mit Gott zu versöhnen. Eine überfließende Genugtuung soll das gehäufte Maß der Sünde sühnen. Der Mensch faßt nicht, welch schwere Verantwortung sein stolzer Ungehorsam nach sich zieht, er muß es lernen einzusehen. Er macht sich keinen Begriff von der Häßlichkeit der Sünde, er muß ihre Abscheulichkeit kennenlernen. Zu diesem Zweck geht Jesus an den Ölberg. Begleite Ihn schweigend und küsse ehrfurchtsvoll seine Fußspuren. Er lädt dich ein mit den Worten: «Für dich gehe ich hin, um zu leiden.»

Willst du nicht zu jenen zählen, die den leidenden Heiland liebend umgeben? Ist es nicht angemessen, daß du an seiner Todesangst teilnimmst, nachdem du bei seinem Festmahl zugegen warst?

1 Man sieht noch heute im Garten von Gethsemani acht alte Ölbäume, die der Überlieferung nach aus der Zeit Christi stammen.

2 An der tiefsten Stelle des Kedrontales überschreitet man den Fluß auf einer Steinbrücke und steht dann am Fuß des Ölberges. Das Gartenhaus Gethsemani liegt auf den untersten Abhängen.

 

II Er erwählt drei aus ihnen zu Zeugen seiner Todesangst

Er nahm den Petrus, Jakobus und Johannes mit sich. Nun fing Er an zu zittern und zu zagen. Er sprach zu ihnen: «Meine Seele ist zu Tode betrübt. Bleibt hier und wachet mit mir.»

Beglückwünsche die drei Apostel, die auserwählt wurden, den Heiland nach Gethsemani zu begleiten. Die Zeugen seiner Verklärung sollen auch die Zeugen seiner Todesangst sein. Sie selbst hatten sich dazu angeboten. Petrus hat mehr als einmal sich bereit erklärt, für seinen Meister alles zu erdulden.

Die beiden andern hatte Jesus gefragt: «Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinken werde?» Beide hatten geantwortet: «Wir können es!» — Solche Wünsche erfüllt Jesus gern. Biete auch du dich an, mit Ihm zu leiden, und tritt mit den Jüngern in den Garten!

Jesus verleiht seiner Traurigkeit Ausdruck, Er fühlt das Bedürfnis, seine inneren Leiden mitzuteilen. Der Anblick der zahllosen Sünden, für die Er Genugtuung leisten will, versenkt Ihn in Trauer und das Vorgefühl der Schmach und der Qualen, die Ihn erwarten, erfüllt Ihn mit Furcht und Bangigkeit. Laß jedes seiner Worte tief in deine Seele eindringen! Bitte deinen Erlöser, dich mit seiner Gnade zu erleuchten, damit du siehst, was Er gesehen hat, und empfindest, was Er empfunden hat, um mit Ihm zu trauern und zu leiden. Laß dein liebendes Herz reden. Sinne auf etwas, womit du deinen betrübten Heiland trösten kannst. Suche Ihn zu erquicken und Ihm Sühne zu leisten für all die Sünden, die sein großmütig liebendes Herz mit Bitterkeit erfüllten!

Findest du nichts, Ihn zu erfreuen? Hast du Ihm nichts versprochen? Er ist um dein Heil besorgt, um dich zur mutvollen Entschlossenheit zu drängen. Er zittert, um dir Tapferkeit im geistlichen Kampf zu verleihen. Wenn Er unsere Schwächen auf sich nimmt, so tut Er es, um uns mit Kraft auszurüsten. Wenn Er von Angst und Furcht befallen wird, so geschieht es, um uns auf immer von übertriebener Furcht zu befreien und mit heiliger Zuversicht zu erfüllen. Versprich dem Heiland, Ihm Trost zu bereiten!