267. Das hohepriesterliche Gebet Jesu (I)

(Joh 17)

 

I Jesus bittet seinen himmlischen Vater um den Lohn seiner Arbeiten

Nach diesen Worten erhob Jesus seine Augen zum Himmel und betete: «Vater, gekommen ist die Stunde: Verherrliche deinen Sohn, damit dein Sohn dich verherrliche. Du hast ihm ja Macht verliehen über alle Menschen, damit er allen, die Du ihm gegeben hast, ewiges Leben schenke.»

Betrachte den Heiland, wie Er betet! Das Gebet ist von dieser Stunde an seine einzige Stärke. Er erhebt seine Augen zum himmlischen Vater. Auge und Herz erhebt Er hoch über die Erbärmlichkeit der Erde, wo Verrat und Verleugnung Seiner warten. Um stark zu bleiben, richtet Er seine Augen auf die Güter, die der Lohn seiner Leiden sein werden. Sein Beispiel lehrt uns, daß das Gebet uns die beste Hilfe in der Todesangst und der einzig wahre Trost im Sterben ist.

«Vater, die Stunde ist gekommen, die Stunde des Triumphes, der öffentlichen Verherrlichung. Verherrliche mich! Die Schmach meines Leidens wird mich in den Augen meiner Jünger entstellen, Du aber wirst diese Schmach mir zur höchsten Ehre gereichen lassen. Dadurch wirst Du die Wahrheit meiner Sendung bestätigen, die Schwachen stärken, die Zweifelnden überführen und allen in mir das ewige Leben verleihen.» — Unsere Rettung ist also der Lohn, den Jesus verlangt. O meine Seele, dein Erlöser denkt an dich, sogar wenn Er für sich selbst betet. Wenn Er dir und allen, die du liebst, die Wohltat der Erlösung zuwenden kann, fühlt Er sich vollkommen belohnt für alles, was Er getan und gelitten hat. Danke dem Heiland von ganzem Herzen! Vereinige deine Bitten mit den seinen und vergiß nie, daß die Erhörung dieses Gebetes eigentlich von dir allein abhängt.

 

II Er begründet die Berechtigung seiner Bitte

«Das ewige Leben besteht aber darin, daß sie dich erkennen, den allein wahren Gott, und den Du gesandt hast, Jesus Christus. Ich habe dich auf Erden verherrlicht, ich habe das Werk vollbracht, das zu vollbringen Du mir aufgetragen hast.»

Betrachte, unter welcher Bedingung die Menschen des ewigen Lebens teilhaftig werden. Sie müssen den himmlischen Vater als den einzig wahren Gott und seinen Sohn als alleinigen Erlöser anerkennen und Ihnen die gebührende Huldigung darbringen. Das ewige Leben ist der Lohn unserer Gottesverehrung. Präge diese Grundwahrheit deinem Herzen tief ein!

«Ich habe dich verherrlicht, ich habe deine Liebe geoffenbart. Deine Größe, Güte und Gerechtigkeit und Barmherzigkeit habe ich den Menschen verkündet. Diese Offenbarung war der Inhalt meines Lebens. An nichts anderes habe ich gedacht, mit nichts anderem mich beschäftigt. Meine Aufgabe ist nun erfüllt.» — Erfasse, soweit du es vermagst, das Großartige dieser Worte! Gott erkennen und seine Kenntnis verbreiten, Ihn lieben und diese Liebe in anderen entzünden, Ihm dienen und diesen Dienst andere zu lehren, hierin besteht also das wahre Leben. Selig der Sterbende, dem die Vergangenheit nur solche Erinnerungen bietet. Für ihn bedeutet der Tod nicht Zerstörung, sondern Vollendung.

Das Beispiel, das du nachahmen sollst, steht vor dir. Betrachte den Heiland! Forsche in seinen Worten und in seinen Zügen, um zu erkennen, was dir fehlt, damit du einst in der entscheidenden Stunde dieselbe Sprache führen und einer ähnlichen Sicherheit dich erfreuen kannst. Nur darum spricht und betet Jesus also vor dir, um deine Unschlüssigkeit zu besiegen und deine Unbeständigkeit zu überwinden.

«Und nun, Vater, verherrliche mich mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war.» Bei seiner zeitlichen Geburt hatte Er die Herrlichkeit seiner ewigen Geburt verborgen; jetzt will Er seine Menschheit im Glanz der Gottheit erstrahlen lassen. Bekenne in liebender Begeisterung, daß Er auf diese Herrlichkeit ein unbedingtes Recht hat! Vergleiche den strahlenden Glanz seiner göttlichen Glorie mit dem Elend und der Armut seines irdischen Daseins. Jesus steht im Begriff, in die ewige Seligkeit einzugehen. Freue dich darüber und erinnere dich dabei deiner hohen Bestimmung! Er geht dir voran und lädt dich ein, Ihm nachzufolgen.