88. Jesus heilt einen Aussätzigen

(Mt 8, Mk 1, Lk 5)

 

I Jesus hört die Bitte des Aussätzigen

Als Er vom Berge herabstieg1, folgte Ihm eine große Volksmenge. Da kam ein Aussätziger, fiel vor Ihm nieder und bat: «Herr, wenn Du willst, kannst Du mich rein machen.»

Gehe mit der Menge, die Jesus folgt. Siehe, wie der Aussätzige auf den Heiland zueilt. Betrachte den Armen aus der Nähe. Sein Anblick flößt dir Schrecken ein; aber sei versichert, der Aussatz der Seele ist noch mehr zu fürchten als der des Leibes. Hat deine Seele keinen Aussatz? Aussatz der Sünde, Aussatz böser Gewohnheiten, Aussatz der Unordnung in deinem ganzen Tun und Streben? Dies ist der traurige Zustand, in dem du schmachtest und von dem du dich sobald als möglich freimachen mußt. Wirf dich mit dem Aussätzigen dem Befreier von allem Elend zu Füßen. Lerne von ihm, wie man bitten muß, um Heilung zu erlangen. Siehe, mit welcher Ehrerbietung Er Jesus begrüßt, mit welcher Ergebung er seine Bitte ausdrückt, mit welchem Vertrauen er vom Heiland die Gewährung seiner Bitte erwartet: «Wenn Du willst, kannst Du mich rein machen». Mehr sagt er nicht. «Ich kann nichts; Du kannst alles. Du brauchst nur zu wollen. Du weißt, was ich leide, und Du hast alle Macht, meinem entsetzlichen Elend zu steuern. Ich habe volles Vertrauen zu Dir. Mein Vertrauen ist meine Kraft, all mein Wissen, all mein Können. Ich harre und hoffe.» So muß man beten.

1 Man kann annehmen, daß Jesus vom Nordabhang des Berges hinabstieg in die Schlucht des Ued el Haman (Taubental). Es ist ein wildes Tal, das von parallel-laufenden, felsigen Bergketten eingeschlossen ist, in deren steilen Abhängen sich zahlreiche Höhlen befinden. Viele dieser Höhlen dienten den Aussätzigen als Zufluchtsstätte. Eine wasserreiche Quelle fließt im Grunde des Tales zwischen Schilfrohr. Ihrem Laufe folgend, gelangt man an den See Tiberias.

 

II Jesus heilt den Aussätzigen

Jesus erbarmte sich seiner, Er streckte seine Hand aus, rührte ihn an und sprach: «Ich will, sei rein!» Und als Er dies gesprochen hatte, wich der Aussatz sogleich von ihm, und er ward rein.

Hier hast du abermals einen Beweis von der Güte Jesu und von dem Drange seines Herzens, allen Gutes zu tun. «Dein Glaube spricht: Wenn Du willst, kannst Du mich reinigen. Nun denn, ich will dich heilen, ich will, sei rein! Ich verlange nichts so sehnlich, als dir Hilfe zu bringen. Du glaubst an meine Allmacht; glaube auch an meine grenzenlose Güte. Ich will, daß alle deine Befleckung verschwinde, daß deine Meinung immer reiner werde, daß dein Wille neu erstehe, deine Entschiedenheit im Kampfe gegen die bösen Neigungen erstarke, daß die Liebe Gottes siegreichen Einzug halte in deine Seele. Ich will es.»

Erwäge diese Worte. Zur Heilung sowohl des Leibes als der Seele, um welche du bittest, fehlt dir die Bereitwilligkeit Jesu nicht. Hat Er nicht all sein Blut vergossen, um dir zu zeigen, daß Er dein Heil will? Auch heute kannst du kraft seines Wortes und durch Auflegung seiner Hände alles erlangen. So sprich denn auch du: «Ich will geheilt werden! Ich will mich im Eifer erneuern, wachsam sein und die Sünde meiden. Ich will die täglichen Pflichten pünktlich erfüllen. Ja, ich will geheilt werden.»

 

III Jesus befiehlt dem Aussätzigen, Gott für seine Heilung zu danken

Und Jesus sprach zu ihm: «Sieh zu, daß du es niemand sagst; sondern gehe hin und zeige dich dem Priester und opfere die Gabe, die Moses vorgeschrieben hat. Das diene ihnen zum Zeugnis.»1

Die Gnade der Heilung hat den Aussätzigen zu großem Dank gegen die Güte Gottes verpflichtet. Jesus erinnert ihn daran, und der Geheilte kommt dieser Mahnung eiligst nach. Vereinige dich mit ihm, um den himmlischen Vater zu loben, der uns einen so erbarmungsvollen Heiland gesandt hat. Bringe Ihm das Opfer des Lobes und Dankes dar, das seiner unendlichen Güte gebührt.

Der beste Dank aber gegen den himmlischen Vater ist eine gewissenhafte Treue in seinem Dienste und die gänzliche Unterwerfung unter sein Gesetz. Vergiß das niemals und fasse entsprechende Vorsätze.

1 Damit sie von meiner Macht vor allem Volke Zeugnis geben.