74. Von der Reinheit des Herzens

(Mr 5)

 

I Jesus verurteilt auch die Unreinheit in Gedanken

«Ihr habt gehört, daß den Alten gesagt worden ist: Du sollst nicht ehebrechen. Ich aber sage euch: jeder, der eine Frau lüstern ansieht, hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen.»

Finde dich wieder in der Schule Jesu ein, wo Er seine Belehrung über die Wahrheiten des ewigen Lebens fortsetzt. Er, der die Reinheit selbst ist, will in seiner Nachfolge keusche Jünger. Um keusch zu sein, genügt es aber nicht, nur das Äußerliche dieser Tugend zu bewahren. Jesus verlangt mehr. Das alte Gesetz verurteilt lediglich die unreinen Handlungen. Das neue Gesetz untersagt auch die unreinen Gedanken und Begierden. Wer freiwillig Un-keuschheit zu tun verlangt, ist schon vor Gott schuldig. Der menschlichen Gerechtigkeit entziehen sich die inneren Akte; der Gerechtigkeit Gottes entgehen sie nicht. Gott verlangt vor allem, daß das Herz ohne Makel sei, denn Er will an erster Stelle unser Herz. Das ist die Lehre des Evangeliums.

Folgere hieraus die Notwendigkeit, dein Herz vor jeder Gefahr zu hüten. Die Mittel, das Herz rein zu bewahren sind: Bescheidenheit, Wachsamkeit und Meiden gefährlicher Gelegenheiten. Erforsche dein Gewissen! Täuschst du dich nicht etwa mit einer angeblichen Reinheit, die dein Herz längst nicht mehr besitzt, weil du nachlässig und lau geworden bist?

Mache dir auch bewußt, wie zerbrechlich diese Tugend im. Das Geringste kann sie verletzen. Ein unlauterer Gedanke oder ein zu freier Blick kann in der Seele Wunden schlagen, die möglicherweise nicht so schnell wieder heilen. Sehe zu, den so kostbaren Schatz der Reinheit mit Umsicht zu behüten. Dein Geist sei immer mit guten und heiligen Dingen beschäftigt, und wenn der unreine Geist dich versucht, so wende die Augen des Geistes entschieden ab und suche Hilfe bei Maria, der Unbefleckten, sie wird den Feind in die Flucht schlagen.

Hüte dich besonders, für irgend jemand eine Gelegenheit zur Sünde zu werden. Was die unlautere Begierlichkeit in dem Geschöpfe zu mißbrauchen sucht, gehört Gott, und der Sohn Gottes bewacht mit Eifersucht das Eigentum seines Vaters. Er ist der Hüter der unschuldigen Seelen und sieht mit Entrüstung, wie die Bösen ihre mörderischen Anschläge gegen sie schmieden. Er wird sich die Seelen nicht rauben lassen, ohne den Verführer schwer zu strafen. Kann er als Gott anders handeln? Jesus will, daß wir das beherzigen, um vor uns selbst auf der Hut zu sein. Danke Ihm von Herzen dafür, denn indem Er die anderen schützt, bewahrt Er auch dich.

 

II Er fordert um jeden Preis Flucht vor der Sünde

«Wenn also dein rechtes Auge dir zum Ärgernis wird, so reiß es aus und wirf es von dir. Denn es ist besser für dich, eines deiner Glieder geht verloren, als daß dein ganzer leib in die Hölle geworfen wird.»

Höre, welch große Entschiedenheit Jesus von dir verlangt, wenn es gilt, dich von dem fernzuhalten, was zur Sünde führt. Er fordert dich auf, kein Opfer zu scheuen, um dich vor der Sünde zu schützen. Kein irdisches Gut kann ja mit dem Wert unserer unsterblichen Seele verglichen werden. Um diese zu retten, muß uns selbst das Teuerste, was wir auf Erden besitzen, als ein sehr geringer Preis erscheinen.

Erwäge, wie die Hände unsere Beschäftigungen versinnbildlichen. Unser Herr verlangt, dieselben abzuhauen, falls sie uns hindern, das Gute zu tun. So sollen alle Beschäftigungen auf unsere Heiligung und auf das ewige Ziel ausgerichtet sein, und alles, was uns davon abbringt, sollen wir meiden. Erforsche dein Leben. Sind nicht schon die kleinen Dinge, in denen du deinem Eigensinn und deinen Launen folgst, die Ursache für den Mangel an Heiligkeit? Wieviel mehr mußt du alles fliehen und von dir weisen, was dir Anlaß zur Sünde werden könnte!