246. Das Gleichnis von den zehn Jungfrauen

(Mt 25)

 

I Jesus warnt vor der Sorglosigkeit in geistlichen Dingen

«Dann wird es mit dem Himmelreich sein wie mit zehn Jungfrauen, die ihre Lampen nahmen und dem Bräutigam und der Braut entgegengingen. Fünf von ihnen waren töricht, fünf klug.»

Auch in diesem Gleichnis betont der Heiland die Notwendigkeit der Wachsamkeit. Er benutzt diese letzten Tage seines Lebens, um uns auf den Tod vorzubereiten, der ja unser Los für die Ewigkeit entscheidet. Viele Menschen gleichen jenen Jungfrauen, die zum Hochzeitsmahl geladen sind. Sie sind glücklich über diese Einladung und genießen im Geist schon die Freuden, die ihrer harren. Einige aber denken nicht daran, sich in geziemender Weise auf das Fest vorzubereiten.

Sieh, wie die zehn Jungfrauen sich auf den Weg begeben. «Die fünf törichten nahmen zwar ihre Lampen mit, aber kein Öl. Die Klugen dagegen nahmen mit den Lampen auch Öl in ihren Krügen mit.» Beachte die Klugheit der einen und die Torheit der anderen! Ihr Beispiel wird dich davon überzeugen, daß im geistlichen Leben jede Nachlässigkeit schlimmste Folgen haben kann. Was ist unter dem Öl zu verstehen, mit dem die klugen Jungfrauen sich so reichlich versehen haben? Ein starker Glaube, innige Frömmigkeit, tätige Nächstenliebe, jungfräuliche Reinheit und beständige Wachsamkeit. Trage Sorge dafür, beizeiten zu ergänzen, was dir in dieser Hinsicht mangelt.

 

II Jesus betont, daß jeder für sich selbst sorgen muß

«Da sich die Ankunft des Bräutigams verzögerte, wurden alle schläfrig und schliefen ein. Um Mitternacht erscholl der Ruf: Der Bräutigam kommt! Geht ihm entgegen! Da erhoben sich alle Jungfrauen und richteten ihre Lampen her.»

Die Ankunft des Bräutigams verzögert sich; er hat die Stunde nicht festgesetzt. Jesus sagt: «Ihr wißt weder den Tag noch die Stunde.»

Mit dieser Unsicherheit müssen wir auf unserem Lebensweg rechnen, und daher ist es dringend notwendig, für die Wartezeit Vorsorge zu treffen. Glücklich die weisen Jungfrauen, die diese Notwendigkeit erkannten und alles taten, was die Klugheit erforderte! Vielleicht wurden sie deswegen von ihren Gefährtinnen verspottet, vielleicht riefen diese ihnen zu: «Es ist nicht nötig, so viele Vorbereitungen zu treffen und sich so viel Mühe zu geben.»

Als die Wartezeit sich in die Länge zieht, beginnen die klugen Jungfrauen sich ihrer Vorsicht zu freuen, die törichten dagegen werden unruhig. Schließlich schlafen alle ein, und dieser Schlaf wird für einige verhängnisvoll.

Plötzlich ertönt der Ruf: «Der Bräutigam kommt!» Was tun sie? «Die törichten aber sprachen zu den klugen: Gebt uns von eurem Öl! Unsere Lampen sind am Erlöschen. Die klugen erwiderten: Nein! Es möchte für uns und für euch nicht reichen. Geht lieber zu den Händlern und kauft es euch.» — Erforsche dich, wie es dir ergehen würde, wenn es jetzt für dich hieße: «Der Bräutigam kommt! Jetzt ist der Augenblick, vor Ihm zu erscheinen, Ihm das Ehrengeleit zu geben und am Hochzeitsmahl mit Ihm Platz zu nehmen.» Bist du bereit? Wo ist das Öl deiner Lampe, die Werke des Glaubens, die Beweise der Treue, die Verdienste der Tugenden?

Lerne beizeiten, was die törichten Jungfrauen zu spät gelernt haben: daß dein ewiges Heil von dir selbst abhängt. Auf dem Weg zum Himmel kann man sich wohl gegenseitig helfen, aber keiner kann für den anderen eintreten. Jeder muß sich selbst die Seligkeit verdienen, die er einst genießen will.

 

III Jesus beschreibt die Seligkeit der Auserwählten und die Verzweiflung der Verdammten

«Während sie hingingen, um zu kaufen, kam der Bräutigam. Die bereit waren, gingen mit ihm in den Hochzeitssaal, und die Türe ward verschlossen.»

Der Bräutigam kommt unverhofft und wartet nicht lange. Auf den Augenblick des Todes folgt sogleich die Entscheidung. Die Seele hat ihre Bahn durchlaufen und es bleibt ihr keine Zeit mehr, Verdienste zu sammeln.

Die klugen Jungfrauen vergessen sogleich alle vorausgegangenen Mühen und Anstrengungen. Sieh, wie sie den Hochzeitssaal betreten, und bitte die Königin der Jungfrauen, auch dir dort einen Platz zu bereiten. Huldige dem göttlichen Bräutigam und sage Ihm Dank für seine Güte und Freigebigkeit! Glücklich die Seelen, die in der Stunde ihres Todes jene köstliche Ruhe finden, die der Herr denen bereitet hat, die in diesem Leben treu für ihn arbeiten.

Wie gestaltet sich dagegen das Schicksal derer, die der Herr unvorbereitet antrifft? «Endlich kamen auch die anderen Jungfrauen und riefen: Herr, Herr, mach uns auf Er aber erwiderte: Wahrlich, ich sage euch, ich kenne euch nicht!» — Höre, wie sie flehentlich ausrufen: «Öffne uns! Laß uns ein in dein Haus, oder wenn es diesmal zu spät ist, dann gib uns wenigstens Gelegenheit, das Versäumte nachzuholen! Öffne uns die Schätze deiner Gnade und deines Erbarmens!»

Aber der Bräutigam antwortet ihnen: «Ich kenne euch nicht. Ich weiß nicht, wer ihr seid.» — Erwäge diese furchtbaren Worte und bedenke, daß die göttliche Gerechtigkeit unerbittlich streng richtet. Der Bräutigam hat seinem Urteil nichts hinzuzufügen. Die also Gerichteten sind für Ihn nicht mehr vorhanden; sie sind für alle Ewigkeit verworfen. Ihr Geschrei wird keineswegs die Festfreude der Auserwählten stören.

Wähle deinen Anteil und tue alles, was in deinen Kräften steht, um dein ewiges Heil zu sichern!