245. Von der Wachsamkeit

(Lk 21, Mk 13)

 

I Jesus warnt seine Jünger vor den Gefahren, die ihrem Seelenheil drohen

Jesus fuhr fort: «Seid achtsam, wachet und betet, denn ihr wißt nicht, wann die Zeit da ist. — Habt acht, daß ihr eure Herzen nicht mit Schwelgerei und Trunkenheit und mit irdischen Sorgen beschwert und daß jener Tag nicht unversehens über euch kommt.»

Horche auf die Belehrungen des göttlichen Meisters und gib wohl acht, welche Schlußfolgerungen Er daraus zieht. «Wachet!» sagt Er und macht uns damit auf eine der wichtigsten Pflichten des christlichen Lebens aufmerksam. Lerne vom Heiland, wie du dieser Forderung gerecht werden sollst.

«Seht zu!» spricht Er zuerst. «Merkt euch, was ich soeben gesagt habe. Verliert meine Worte nicht aus dem Gedächtnis und nehmt euch Zeit, um sie zu betrachten und zu erfassen! Wenn ihr euch meiner Mahnung nicht erinnert, geht ihr traurigen Enttäuschungen entgegen.»

Was fügt Er hinzu? «Haltet die Augen offen, denn euch drohen mancherlei Gefahren! Ihr habt Feinde, die euch zu verderben suchen.» — Du kennst diese Feinde, und der Heiland zeigt dir ihre tödlichen Schlingen, damit du auf der Hut seiest. Dazu gehören die sinnlichen Vergnügen, die Weichlichkeit, das Wohlleben und die Fleischeslust. Wer sich darin verstrickt, vergißt die Lehren des Evangeliums und verliert die übernatürliche Auffassung und die Liebe zur Tugend. Sein Verstand wird verdunkelt, sein Wille entkräftet, sein Gemüt verhärtet. Er lebt unbekümmert um sein ewiges Heil, und wenn ihn der Tod so überrascht, stürzt er ihn ins ewige Unglück.

Eine andere Art verderblicher Schlingen sind die zeitlichen Sorgen, die den Geist gefangennehmen und von der Betrachtung der ewigen Wahrheiten abhalten. Wer gierig nach irdischen Gütern hascht, verliert die Wertschätzung der himmlischen. Er trägt kein Verlangen mehr danach und denkt nicht einmal daran. Er lebt, als ob mit diesem Leben alles für ihn aufhörte. «Seid auf der Hut», sagt Jesus. Christliche Seele, der Heiland wendet sich mit diesen Mahnungen an dich. Wie wirst du vor Ihm bestehen an jenem lag, da Er als Richter vor dich hintritt, wenn du dich jetzt nicht den Sorgen für das Irdische entreißt und dein Sinnen auf die Ewigkeit richtest? Wie groß würde deine Bestürzung sein, wenn Jesus dich heute noch abriefe!

 

II Jesus betont die Notwendigkeit des Eifers und der Wachsamkeit

«So seid denn allezeit wachsam und betet, damit ihr im Stande seid, all dem zu entgehen, was da kommen soll, und zu bestehen vor dem Menschensohn.»

«Wachet», sagt der Erlöser. Mit diesem Wort legt der Heiland uns ans Herz, uns selbst zu beherrschen, unser Leben zu regeln, es mit heiligen Werken auszufüllen und unseren täglichen Pflichten treu nachzukommen. Ordne deine Angelegenheiten und sei stets bereit, von deiner Verwaltung Rechenschaft abzulegen. Beachte den Vergleich, den Jesus anführt: «Es ist wie bei einem Manne, der auf Reisen ging. Als er sein Haus verließ, übergab er seinen Knechten das Hauswesen, wies jedem seine Arbeit an und trug dem Türhüter auf, wachsam zu sein.»

Jenes Haus, von dem der Heiland spricht, ist deine Seele. Sei wachsam und halte alles in Ordnung! Habe acht, daß nichts vorkommt, was des Meisters unwürdig wäre, daß nichts Eingang findet, was Ihm mißfallen könnte, und daß nichts darin mangelt, was Er bei seiner Ankunft finden will. Laß die Wartezeit nicht in Müßiggang verstreichen, sondern bereite dich eifrig auf die Wiederkunft des Herrn vor. — Das Gebet leitet die Seele sicher durch alle Fallstricke hindurch, es heiligt unser Leben und erwirkt uns ein seliges Ende. Eine Seele, die betet, wird vom Tod nicht überrascht, zu jeder Stunde wird der Herr sie seiner wartend finden. Darum schätze das Gebet überaus hoch und nütze treu die Zeit, die zu deinen geistlichen Übungen bestimmt ist!