200. Von der Losschälung des Herzens

(Lk 14)

 

I Jesus stellt die Bedingungen zu seiner Nachfolge fest

Große Volksscharen folgten Ihm. Da wandte Er sich um und sagte zu ihnen: «Wenn jemand zu mir kommt, aber Vater und Mutter und Frau und Kind und Bruder und Schwester, ja auch sich selbst nicht haßt,1 so kann er nicht mein Jünger sein.»

Eile mit der Volksmenge zum Heiland. Alle, die seinem Banner folgen wollen, müssen genau wissen, was Er von ihnen verlangt. Viele möchten Ihm folgen, wollen es sich aber nichts kosten lassen. Dies ist eine ganz verkehrte Vorstellung, die der Heiland berichtigen muß.

Durch Opfer, die der Natur schwer fallen, sollen wir Ihm unsere Treue beweisen. In strengen Worten stellt der Heiland diese Forderung. Wundere dich nicht darüber, der Sohn Gottes hat Anspruch auf die ganze Liebe, deren du fähig bist, und auf den ersten Platz in deinem Herzen.

Jesus verlangt nicht, daß wir die Mitmenschen, die uns lieb sind, aus unserem Herzen ausschließen, Er läßt jede geordnete Zuneigung und Liebe bestehen. Liebt Er doch alle, die du liebst, mehr, als es dir selbst möglich ist. Er hat mehr für sie getan, als du jemals für sie tun kannst, und im Himmel bereitet Er ihnen ein Glück, größer als deine Liebe es nur zu ersinnen vermag.

Aber vielleicht kommt einmal ein Tag, wo du zu wählen hast zwischen dem Heiland und deinen Freunden und Verwandten, zwischen seinen Geboten und ihren schlechten und sündhaften Ratschlägen. Hüte daher beizeiten dein Herz vor einer übertriebenen, blinden Anhänglichkeil an die Menschen und laß deine Liebe nicht in eine verhängnisvolle oder gar strafwürdige Leidenschaft ausarten. Wenn deine Zuneigung dir Anlaß zur Sünde wird, so ist sie vom Bösen. Es ist deine Pflicht, sie zu bekämpfen und zu besiegen, ob auch dein Herz dabei blutet.

Nimm diese Lehre in der rechten Weise an! Je mehr du darüber nachdenkst, um so besser wirst du ihre Bedeutung verstehen.

1 Der Heiland ermahnt uns, daß wir nichts Geschaffenes und keinen Menschen Ihm vorziehen dürfen und allen verkehrten Neigungen und allem Sündhaften in uns widersagen sollen.

 

II Jesus verlangt, daß wir uns die Verpflichtungen, die wir auf uns nehmen wollen, vorher klar machen

«Wenn einer von euch einen Turm bauen will, setzt er sich nicht zuvor hin und berechnet die Kosten, ob er auch die Mittel zur Ausführung hat?»

Es ist wichtig, daß du diese Mahnung des Heilands wohl beachtest. Jesus fordert alle, die Ihm nachfolgen wollen, auf, sich diesen Entschluß vorher gut zu überlegen. Nicht einer vorübergehenden Begeisterung folgend sollen sie sich zu seinem Dienst verpflichten, sondern sie sollen die Opfer ins Auge fassen, die von ihnen gefordert werden. Den steilen Weg, den sie wandeln, die Hindernisse die sie besiegen, und die Mittel, die sie ergreifen müssen. Daher sagt Jesus: «Berechnet die Kosten!»

Wie hoch soll dein Turm werden? Wie weit reichen deine Mittel? Welches Maß von Arbeitskraft willst du einsetzen, um das Gebäude deiner Vollkommenheit, zu dem der Heiland den Plan gezeichnet hat, zu fördern? Erinnere dich an das, was du dir in den Stunden heiligen Eifers vorgenommen hast, nimm nichts davon zurück! Jesus verdient es, daß du alle deine Fähigkeiten in seinen Dienst stellst. Er verdient tausendmal, daß du um seiner Ehre willen zu jedem Kampf bereit bist.

Um aber zu siegen, mußt du vor allem die Kampfesweise deines Gegners genau kennen, damit du nicht kopfüber in die Fallen stürzt, die er dir stellt. Du mußt ferner lernen, die Waffen zu gebrauchen, die der Heiland dir zur Verfügung stellt, und dich bemühen, einflußreiche, heilige Verbündete zu erwerben. Sei überzeugt, daß wir unter dem Banner Christi und durch seine Gnade gestärkt, keine unbesiegbaren Feinde haben. Darum biete dich freudig dem Heiland als Streiter für seine gerechte Sache an und sei ganz sein, so wie Er ganz dein ist. Hänge dein Herz an nichts, was dich von Ihm trennen könnte. Der wahren Liebe wird kein Opfer zu schwer.