196. Die Feinde Jesu

(Lk 13)

 

I Jesus ist entschlossen, sein Werk bis zum Ende durchzuführen

Noch in der gleichen Stunde kamen einige Pharisäer und sagten zu Ihm: «Geh weg und entferne Dich von hier, denn Herodes will Dich töten.»

Eile zu Jesus hin! Die Menschen wollen sich Seiner entledigen; die Bedrücker des Volkes können es nicht länger ertragen, daß Er den Unterdrückten die Freiheit bringt. Daher sagen sie Ihm: «Herodes will dich töten.» Aber sie selbst wünschen seinen Untergang noch mehr als Herodes. So groß ist die Ungerechtigkeit irdischer Machthaber gegen den Herrn. Der ganze Schwarm von Gesetzeslehrern ruft Ihm zu: «Geh weg von hier! Wir wollen von Deiner Glaubens- und Sittenlehre nichts mehr hören. Kümmere Dich nicht mehr um unsere Gesetze und Einrichtungen, sondern wende Dich an andere mit Deinen Offenbarungen!»

Führt man nicht auch in deiner Umgebung solche Reden, und verbündet sich nicht auch dort die falsche Frömmigkeit mit dem bösen Feind, indem sie mit geheuchelter Sorge für das Leben des Heilands Ihm sagt: «Hüte Dich vor der Gefahr, die Dir droht; man will Dich töten. Es wird besser sein, Dich zu entfernen!»

Wie lautet die Antwort des Herrn? «Gehet und sagt diesem Fuchs: Siehe, ich treibe die bösen Geister aus und wirke Heilungen heute und morgen, und am dritten Tag werde ich vollendet. — Ich werde meine Absichten durchführen, und niemand vermag mich daran zu hindern, das Werk zu vollbringen, um dessentwillen ich auf die Erde gekommen bin. Die Zukunft gehört meinem himmlischen Vater. Ich bin bereit, alles, was menschliche Bosheit gegen mich ersinnt, zu ertragen, wenn nur das Werk der Erlösung vollendet wird.» — So denkt Jesus, und das ist sein unabänderlicher Entschluß. Wirst du dich endlich eines so mutigen Führers würdig zeigen und dich seinen tapfersten Streitern in den vordersten Reihen zugesellen? Bedenke, daß seine Güte gegen dich dem Heiland so viele Feinde erweckt! Darum strebe eifrig, dich in seinem Dienst auszuzeichnen!

 

II Jesus trauert über den hartnäckigen Widerstand der Juden

«Jerusalem! Jerusalem! Du mordest die Propheten und steinigst, die zu dir gesandt sind! Wie oft wollte ich deine Kinder sammeln wie eine Henne ihre Küken unter den Flügeln, aber ihr habt nicht gewollt!»

Höre die ergreifende Klage Jesu! Sein Herz ist voller Schmerz über die Unbußfertigkeit Jerusalems, und Er ruft aus: «Wie oft habe ich gewollt, ... und du hast nicht gewollt.» Ich habe dir die Wahrheit, die Verzeihung, das Heil, die Auferstehung und das Leben angeboten, doch du hast nicht gewollt. Ich wollte deine Kinder segnen und retten, die Betrübten trösten, den Armen Hoffnung bringen und aller Knechtschaft ein Ende machen, doch du hast nicht gewollt. Du hast mich von dir gestoßen und hartnäckig nein! gesagt.»

Gleicht nicht auch deine Seele dem undankbaren Jerusalem, über das der Heiland weint? Er will in dir herrschen, und du läßt Ihn nicht ein. Er tut alles, um dir seine Lehre, seine Tugenden und sein Kreuz lieb zu machen, du aber wendest dich verächtlich ab und vergißt Ihn.

Und warum hat Jerusalem nicht gewollt? Welche verführerischen Stimmen haben es betört? Die selben Stimmen werden auch in deiner Seele laut, die selben Feinde belagern dich und befinden sich sogar innerhalb deiner Mauern. Sie verbergen sich, um dich leichter zu verderben. Nimm mutig die Verfolgung auf, treibe sie hinter ihre letzte Verschanzung zurück und bringe ihnen eine vollständige Niederlage bei, damit dein Herz fortan vor ihnen sicher sei und der Sohn Gottes unumschränkt darüber herrsche.

Jesus läßt seiner Klage eine ernste Drohung folgen. Siehe, euer Haus wird euch verwüstet! Ich sage euch aber: Ihr werdet mich nicht mehr sehen, bis die Zeit kommt, da ihr sagen werdet: Gesegnet sei, der da kommt im Namen des Herrn.» Erwäge diese Worte! Sie offenbaren dir, zu welch schrecklichem Ende der Stolz und die Verhärtung führen. Jesus Christus wird früher oder später über jede Seele triumphieren. Zögere also nicht länger, dich Ihm zu unterwerfen, und laß dich durch den Gedanken an die Untreue Jerusalems zu größerer Treue aneifern! Wirf dich dem Herrn zu Füßen, flüchte unter die Flügel seiner Barmherzigkeit und bemühe dich durch liebende Hingabe, sein verwundetes Herz zu trösten.