143. Jesus sagt sein Leiden voraus

(Mt 16, Mk 6, Lk 9)

 

I Jesus offenbart seinen Aposteln die Notwendigkeit seines Leidens

Von da an begann Jesus seinen Jüngern klarzumachen, er müsse nach Jerusalem gehen, von den Ältesten, Hohenpriestern und Schriftgelehrten viel leiden und getötet werden, aber am dritten Tage werde er auferstehen.1

Finde dich wieder beim Heiland ein! Was sagt Er zu seinen Aposteln? Er macht ihnen eine vertrauliche Mitteilung und gibt dir die Erlaubnis, sie anzuhören. «Der Menschensohn muß leiden und sterben. Mich, den ihr als den Sohn Gottes und Erlöser der Welt bekannt habt, werdet ihr eines Tages am Kreuz hangen sehen, von den Führern des Volkes verworfen und ein Gegenstand des Spottes für alle.»

Was bedeutet diese unerwartete Mitteilung? Bitte den guten Meister ehrfurchtsvoll, sie dir verständlich zu machen! Nachdem Jesus so oft auf die Freuden des Himmels aufmerksam gemacht hat, will Er uns den Weg, der dahin führt, zeigen. Der Heiland ist gekommen, uns zu erlösen; aber zur Rettung der Seelen muß Er sich Gott als blutiges Opfer darbringen. Er erklärt uns schon jetzt, daß man nur durch das Kreuz an seinem Erlösungswerk teilnehmen kann. Willst du also ernstlich am Heil deiner Seele oder an der Rettung anderer Seelen arbeiten, so weißt du den Weg, den du gehen mußt. Warum willst du dich dem Gesetz entziehen, demgemäß das Heil nur durch Leiden erlangt wird?

Dieses Gesetz verkündet Jesus im vertrauten Kreis seiner Jünger. Bald wird Er öffentlich von dieser bitteren Notwendigkeit sprechen, um jedem Mißverständnis vorzubeugen. Entschließe dich also, Gott die Opfer zu bringen, die seine Gerechtigkeit verlangt! Danke dem göttlichen Heiland für die großmütigen Opfer, die Er zur Sühne für deine Sünden gebracht hat!

1 Wir können annehmen, daß der Heiland diese Erklärung einige Tage nach der vorhergehenden Begebenheit bei seiner Rückkehr von Cäsarea nach Untergaliläa gegeben hat.

 

II Jesus tadelt Petrus wegen seiner Scheu vor dem Leiden

Petrus zog Ihn an sich, machte Ihm Vorhaltungen und sprach: «Gott bewahre, Herr! Das bleibe fern von Dir!»

Höre, wie Petrus Jesus unterbricht mit den Worten: «Das sei fern von Dir, Herr!» Er kann es nicht glauben, daß Gott dergleichen zulassen werde. So spricht die natürliche Liebe, das empfindsame Herz führt die Vernunft irre. Die Furcht vor dem Leiden trübt den Blick, so daß man nicht merkt, wie gerade durch dieses Mittel die göttliche Weisheit an der Seelenrettung arbeitet. Dies beweist der gegenwärtige Vorgang mit Petrus. Er folgt seinen menschlichen Gefühlen, deswegen täuscht er sich.

Der Meister beeilt sich, den Jünger eines besseren zu belehren: Er aber drohte Petrus und sprach: «Weg von mir, Satan! Du bist mir zum Ärgernis, du hältst es nicht mit Gott, sondern mit den Menschen.» Verdienter Tadel! Petrus hätte die Notwendigkeit und Kraft des Kreuzes bereits besser verstehen müssen. Strenger Tadel! Erwäge den Ausdruck, dessen sich Jesus bedient: «Du bist mir zum Ärgernis!» Wer wie Petrus spricht, beschuldigt die göttliche Weisheit, tadelt den Erlöser und setzt seinem Werk ein Hindernis in den Weg.

Entschließe dich mutig, das Kreuz auf dich zu nehmen, nur so kannst du deine Seele retten und zur Rettung anderer beitragen.

«Weiche!» sagt Jesus, sogleich zieht sich Petrus demütig zurück. Lerne von ihm, einen verdienten Tadel hinzunehmen! Trotz des Tadels liebt der Heiland den Apostel nicht weniger, Petrus aber gibt sich nach der Zurechtweisung noch inniger dem guten Meister hin. Durch diese Demütigung hat Petrus nichts verloren. Bemühe dich nach seinem Beispiel, Zurechtweisungen gut aufzunehmen.

 

III Jesus betont die Notwendigkeit der täglichen Selbstverleugnung

Dann sprach Jesus zu seinen Jüngern: «Wer mir nachfolgen will, verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und so folge er mir!»

Jesus versammelt die Menge um sich, um die Bedingungen zu seiner Nachfolge festzustellen. Höre und beherzige sein Wort: «Wenn mir jemand nachfolgen will.» Nicht mit Zwang führt Er uns in sein Reich. Man muß sich freiwillig zu dem entschließen, was Er verlangt. «Er verleugne sich selbst!» fügt Er bei. Willst du zum Himmel gelangen? Siehe hier den Weg! Entsage dir selbst, deinen schlechten Trieben, deinen ungeordneten Neigungen, deinen weichlichen Gewohnheiten und den Lockungen der Sinne!

«Er nehme sein Kreuz auf sich.» Betrachte in der Nähe das Kreuz, das der Heiland dir darbietet, und fasse Mut! Es kommt von Ihm, darum küsse es andächtig! Das Kreuz, durch das ich mich rette, ist dasselbe, auf dem Er mich erlöst hat. Der Heiland, den ich am Kreuz finde, wird mich trösten in den Schmerzen, die es mir verursacht. Lerne dir Gewalt antun und in der täglichen Übung der Selbstverleugnung jene übernatürliche Kraft finden, die Gott in sie hineingelegt hat. Mut, meine Seele! In dem täglichen Kreuz wirst du das Glück finden. Dringe immer tiefer in diese wunderbare Wahrheit ein! Bitte den himmlischen Vater um Verständnis für das, was Gottes ist, und um Mut zu heldenhafter Entsagung!