28. Die Versuchung Jesu

(Mt 4, Lk 4)

 

I Jesus besiegt die Versuchung zur Sinnlichkeit

Da trat der Versucher an Ihn heran und sagte: «Bist du Gottes Sohn, so befiehl, daß diese Steine da zu Brot werden.» Er gab ihm zur Antwort: «Es steht geschrieben: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von jedem Worte, das aus dem Munde Gottes kommt.»

Siehe, wie Satan sich Jesus nähert. Gott läßt es zu, daß sein eingeborener Sohn vom Teufel versucht wird, damit du erkennst, daß die Versuchung eine Prüfung ist für die Seelen, die Gott liebt. Wir sollen nicht sorglos dahinleben, sondern in heiliger Furcht und im Gebet uns wappnen auf die Angriffe des Feindes.

Höre die törichten Vorschläge Satans. «Verwandle diese Steine in Brot», spricht er zu Jesus. «Gib deine bisherige Strenge auf, gönne dir eine Erleichterung. Laß es genug sein der Abtötung, genieße das Leben.» Derartige Einflüsterungen des Bösen haben dich mehr als ein Mal getäuscht, und du warst schwach genug, ihnen nachzugeben. Bist du vielleicht jetzt noch ein Sklave der Sinnlichkeit? Sei auf der Hut, denn der Feind benützt die bösen Neigungen und Schwächen deiner Natur im Kampf gegen deine Seele.

Jesus antwortet, daß das wahre Leben nicht in der Befriedigung der Sinne bestehe. Der Mensch bedarf höherer Dinge. Verstehe diese Lehre recht. Das Wohl der Seele steht immer über dem Wohl des Leibes. Und die Seele braucht als Nahrung das Wort Gottes, heilige Gespräche, geistliche Lesungen und die Sammlung des Gebetes.

Merke dir, mit welchen Waffen dein göttlicher Meister seinen Feind beschämt. «Es steht geschrieben», sagt Er. Jesus entnimmt den heiligen Büchern die Worte, die den Menschen in der Versuchung unüberwindlich machen. Er setzt den Vorspiegelungen des Teufels eine Glaubenslehre, ein Wort der Heiligen Schrift, eine feste Überzeugung entgegen. Alles das vermittelt dir die Lesung und Betrachtung der göttlichen Wahrheiten. Die Zuversicht und Festigkeit des Glaubens ist eine unbesiegbare Macht gegen die Angriffe Satans. Fehlt es dir nicht oft daran?

 

II Jesus besiegt die Versuchung zur Ehrsucht

Dann nahm Ihn der Teufel mit in die Heilige Stadt, stellte Ihn auf die Zinne des Tempels und sagte zu Ihm: «Bist du Gottes Sohn, so stürze dich hinab. Es steht ja geschrieben: Er hat seine Engel für dich entboten. Sie werden dich auf ihren Händen tragen, damit du deinen Fuß an keinen Stein stoßest.» Jesus entgegnete ihm: «Es steht auch geschrieben: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen!»

Der Satan dringt abermals auf Jesus ein. Er führt jetzt einen der gefährlichsten Bundesgenossen, die eitle Ehre, mit ins Treffen. «Tue etwas Außerordentliches», sagt er, «Ziehe alle Blicke auf dich. Mach von dir reden!» Das ist wohl der Sinn seines Vorschlages.

Jesus entgegnete: «Weshalb sich selbst freiwillig Gefahren aussetzen, für die Gott uns seine Hilfe nicht versprochen hat?» Die eitle Ehre, das Verlangen nach Anerkennung, der Wunsch zu gefallen sind in der Tat große Gefahren. Sei auf der Hut!

Zur Befriedigung des Stolzes wagt man Dinge, die einen des göttlichen Schutzes unwürdig machen, unfehlbar zu Fall bringen und ins Verderben führen. Wenn du aus Eitelkeit nach Ansehen strebst, so machst du dich einer Treulosigkeit gegen Gott schuldig, die das Evangelium verdammt. Jesus belehrt dich hierüber bei dieser Versuchung.

Schätze die verborgene, wahre Tugend hoch. Was äußerlich glänzt, ist oft nur eitle Lüge. Bitte den Herrn, dich mehr und mehr die Blendwerke Satans erkennen zu lassen, damit sie dich nicht länger täuschen! Erwecke in dir einen lebhaften Abscheu vor jeder Sünde, zu der dich der Teufel anreizt. Widersage ihm entschlossener denn je.

 

III Jesus besiegt die Versuchung zum Stolz

Dann führte Ihn der Teufel auf einen hohen Berg hinauf, zeigte Ihm in einem Augenblicke alle Reiche der Welt und sagte zu Ihm: «All diese Macht und Herrlichkeit will ich dir geben; denn mir ist sie übertragen, und ich gebe sie, wem ich will. Wenn du mich anbetest, soll sie ganz dein sein.» Jesus entgegnete ihm: «Es steht geschrieben: Du sollst den Herrn, deinen Gott, anbeten und Ihm allein dienen.»

Angesichts der Kämpfe deines Erlösers möge sich dein Mut neu beleben! Sieh den Heiland der Versuchung zum Hochmut preisgegeben. Jesus will im Menschen den Hang zur Selbstvergötterung abtöten. Satan bemüht sich, diese Leidenschaft immer mehr zu entzünden.

«Alles dies soll dein sein.» Diese Worte besagen: Ehre, Reichtum, Freude, Wohlleben, nichts soll dir mangeln. Aber um welchen Preis! «Entsage deinem Gott, stell dich unter mein Banner. Mach mich zu deinem Meister und Gott!» Lerne den Teufel beschämen, wie es dein Heiland tut. Die Versprechungen Satans sind ebenso viele Lügen. Er verspricht alles, vermag aber nichts. Jede seiner Lockungen ist eine Gottlosigkeit, denn der Haß gegen Gott flößt sie ihm ein. Indem er sucht, den Menschen ins Verderben zu ziehen, arbeitet er gegen Gott. Sei auf der Hut gegen seine versteckten und offenen Angriffe.

Jesus antwortet: «Es steht geschrieben, du sollst den Herrn, deinen Gott, anbeten und Ihm allein dienen.» Nach Jesu Worten ist also der Mensch erschaffen, um Gott anzubeten, Ihn zu lieben und Ihm zu dienen. Folglich besteht das wahre Leben einzig in der Erfüllung des göttlichen Willens und in der Unterwerfung unter sein Gesetz. Alle gegenteiligen Vorspiegelungen sind gottlos und kommen vom Teufel. Diese Lehre bildet den echten Jünger des Evangeliums. Präge sie dir tief ins Herz ein und mach sie zur Richtschnur deines Lebens.

Und siehe, Engel kamen herbei und dienten Ihm. Die guten Engel freuen sich des dreifachen Sieges ihres göttlichen Meisters. Nahe auch du dich Ihm und danke Ihm für das Beispiel, das Er dir soeben gegeben hat. Er wollte zuerst versucht werden, um dir die Kraft zu verdienen, nicht überwunden zu werden. Diese Kraft bietet Er dir an. Bekleide dich mit ihr durch die Festigkeit des Glaubens und fasse zu seinen Füßen den festen Entschluß, dich unter seinem Banner auszuzeichnen.