15. Betrachtung: Das Gegrüßet seist du Maria

„Heilige Maria, Mutter Gottes, bitt' für uns arme Sünder, jetzt und in der Stunde unsers Absterbens. Amen.“

 

1. Anbetung

Wir beten Gott an, der sie zu seiner Mutter erwählt hat, der sie heilig gemacht, der ihr eine solche Macht verliehen hat, daß sie imstande ist, uns zu helfen, wenn wir sie um ihre Fürbitte anflehen. In dieser Auserwählung zur Mutter Gottes offenbart sich seine Macht und seine Weisheit; die Engel dringen mit Wonne in dies Geheimnis ein und huldigen in tiefster Demut.

Und in der Heiligung Marias hat der Herr ein unvergleichliches Abbild seiner eigenen Heiligkeit gegeben. Wenn wir Maria bewundern, weil sie so heilig ist, was gebührt dann ihm selbst, der die Quelle aller Heiligkeit ist? Und wie groß muß sein Erbarmen und seine Güte sein, wenn er uns eine Fürsprecherin gab, deren Herz so voll unendlicher Milde ist? Neige dich, meine Seele, vor ihm; sieh', er ist groß in seinen Anordnungen.

Und wir verehren Maria in dieser Hinsicht: weil sie so heilig ist, daß kein Geschöpf ihr gleich werden kann an übernatürlichen Vollkommenheiten; Wir verehren sie, weil sie Mutter Gottes ist, um dessenwillen sie alle Geschlechter selig preisen auf der Erde; und wir setzen das größte Vertrauen auf die Macht ihrer Fürbitte. So oft wir das Bild ihrer Größe betrachten, muß unsere Verehrung und Liebe zu ihr größer werden.

 

2. Dank

Die Güte und Macht Marias ist für die Menschen die Quelle reichsten Segens geworden. Frage dich heute wieder, wie viel du ihr schon zu verdanken hast. Wo sie merkt, daß uns etwas fehlt, bittet sie aus sich allein schon Gott für uns darum, wie sie es auf der Hochzeit zu Kana gemacht hat. Niemand rief sie an und doch legte sie ihr Wort ein für die Brautleute.

Umsoweniger weist sie uns ab, wenn wir ihr unsere Bitte vortragen. Du kennst nicht alle Wohltaten, die du von ihr schon empfangen hast; erst in der Ewigkeit wirst du es sehen. Versäume daher heute nicht, ihr für alles zu danken, für das Bekannte und für das Unbekannte. Die großen Verehrer Marias werden nicht müde, die großen Wohltaten aufzuzählen, die sie ihr verdanken; hierin musst auch du ihnen gleich werden.

 

3. Sühne

Wir nennen uns selbst arme Sünder. Das ist unser Rechtstitel. So fern die Sünde Maria ist, so eng ist sie mit uns verwachsen. Vergessen wir das nicht zu oft? Sind wir von der Überzeugung genügend durchdrungen, daß wir nur Sünder sind und daß unser Leben ein Leben der Buße sein muß? Und warum wollen wir es denn immer bequem haben? Und warum verlangen wir von den Menschen, daß sie uns ehren und achten, und sind voll Ärger, wenn sie uns kränken?

Siehe, das sind ernste Fragen. Es nützt uns nicht viel, uns mit der Zunge als Sünder zu bekennen, wenn wir es so haben wollen, als wären wir unschuldig.

Was hast du bis jetzt getan, um deine Sünden abzubüßen? Prüfe dich ernstlich, ob das genügend ist oder ob du noch mehr tun musst. Vor allem mußt du arbeiten, Mühsale und Leiden im Geiste der Buße ertragen, Du wirst heute noch Gelegenheit dazu haben. Nütze sie aus.

 

4. Bitte

Wie traurig wäre es, wenn ich ein unbußfertiges Leben führen würde? Deine Fürbitte, Mutter, wäre umsonst, das Beispiel deiner Heiligkeit nützte mir nichts, meine Todesstunde wäre voll Schrecken. Hilf mir vor allem, daß ich meine Vorsätze ausführe.

Und noch eine Gnade erbitte ich von dir: daß ich das herrliche Gebet, das ich jetzt betrachtet habe, das süße Ave Maria immer mit großer Andacht verrichte. Du wirst einen guten Diener an mir haben, du wirst mit mir zufrieden sein, wenn ich diese Gnade erhalte; denn ich weiß, ich werde dich nie andächtig begrüßen, ohne jedesmal eine Gnade von dir zu erlangen. So bleibe ich mit dir verbunden und wandle an deiner Hand dem Ziel entgegen, und wenn du mich führst, dann werde ich es nicht verfehlen. Amen.