KARDINAL FRIEDRICH WETTER

 

Dem Altbayern Joseph Ratzinger, der in Rom das Amt des Glaubenspräfekten antritt, folgt 1982 der Pfälzer Friedrich Wetter nach auf den Erzbischöflichen Stuhl von München und Freising.

Ein erster Kontakt mit ihm wird ausgelöst durch die sogenannte »Erklärung katholischer Priester zur gegenwärtigen Situation in der Katholischen Kirche Deutschlands«, an der ich mich beteiligt habe. Der Erzbischof legt den Mitunterzeichnern mehrere Fragen zur Beantwortung vor.

Ich gab am 13. November 1984 die folgende Stellungnahme ab:

»Hochwürdigster Herr Erzbischof, können wir Seelsorgspriester an der Peripherie, die tagtäglich den Niedergang in der Kirche und die tiefe Bedrängnis so vieler Gläubigen erleben, wirklich annehmen, daß der Bischof, bei dem alle Fäden zusammenlaufen, und dessen Schreibtisch in unserer Zeit doch von Beweismaterial erdrückt werden muß, nicht mehr als wir den Verfall des Glaubens in unserem Land und in der Erzdiözese München als beunruhigend und alarmierend erfährt?

So sehen sich nun als Ruhestörer und Verleumder jene behandelt, die den Brand des Hauses melden und bereits im Einsatz stehen! Genau diesen nicht mehr verantwortbaren Zweckoptimismus und die Grabesruhe eines >Friedens mit der Welt um jeden Preis< haben wir mit unserer Unterschriftenaktion angesprochen.

Was nun im Besonderen unsere Diözese und Ihr eigenes Wirken, Herr Erzbischof, betrifft, so wird jedermann zugestehen müssen, daß Sie bei Ihrem Einzug in München vor zwei Jahren schwere Hypotheken übernommen haben, und daß Ihnen nicht angelastet werden kann, was Sie selber hier nur in großer Bereitschaft als persönliches Kreuz ergreifen konnten!

Ich denke da vor allem auch an jene über zweitausend laisierten oder im Konkubinat lebenden Priester (Kardinal Döpfner hat seinerzeit diese Zahl vor mir nicht in Abrede gestellt), die zu einem großen Teil auch aus den anderen deutschen Diözesen nach München geströmt und im Milieu der Großstadt untergetaucht sind. Daß heute hunderte von ihnen samt ihren Tendenzen wieder mit Rang und Namen in den kirchlichen Dienststellen etabliert sind: im Erzbischöflichen Ordinariat, in der Kirchenzeitung, in den Zentren der Caritas, der kirchlichen Eheberatung, der Telephonseelsorge oder als Religionslehrer an unseren Schulen nachweislich Glauben und Moral bei den Jugendlichen zerstören — das jedoch sind die Früchte der Kirchen- und Personalpolitik von über fünfzehn Jahren, für die Regionalbischof Dr. h. c. Tewes und Ihr amtierender Generalvikar Dr. Gruber als Hauptverantwortliche zeichnen.

Zu den von Ihnen vorgelegten Fragepunkten gebe ich — unter Auslassung des 3., 4. und 6. Punktes — folgende Stellungnahme ab: