Geleitwort

Jeder wahre Katholik weiß, dass das Sakrament der Eucharistie, und im Konkreten die Heilige Kommunion, der größte Schatz und das wahre geistige Herz der Kirche, ja die Heiligkeit selber ist. Allerdings muss man heutzutage und schon seit mehr als vierzig Jahren feststellen, dass der Augenblick der Heiligen Kommunion in der überwiegenden Mehrheit der katholischen Kirchen nicht nur in Deutschland, sondern beinahe auf der ganzen Welt, ein Augenblick geworden ist, der am wenigsten Sakralität und Erhabenheit, aber stattdessen einen Charakter der Alltäglichkeit und der Banalität aufweist, weil er offensichtlicher äußerer Zeichen der Anbetung sowie der ehrfürchtigen Sorge um die Partikel der konsekrierten Hostie beraubt ist. Dies hängt ursächlich mit der Praxis zusammen, die Heilige Kommunion auf die Hand und stehend zu empfangen.

Das Tragische dabei ist, dass der Großteil der Hirten der Kirche sich an diese Situation der Erbärmlichkeit, in welcher sich Unser Eucharistischer Herr befindet, gewöhnt hat, und diesbezüglich gleichsam abgestumpft und gefühllos geworden ist, indem er sich hinter der billigen Ausrede des formal und gesetzlich Erlaubten versteckt und nicht selten mit der Gesetzeskeule die besorgten Stimmen der »Kleinen« in der Kirche zum Schweigen bringen will. Die bekannte juristische Aussage »summum ius — summa iniuria« (äußerlich dem Gesetzt nach höchst korrekt, innerlich jedoch eine höchste Ungerechtigkeit) lässt sich äußerst treffend auf diesen traurigen Zustand, den die moderne Praxis der Handkommunion verursacht hat, anwenden.

Heutzutage betrachtet man die Art und Weise des Kommunionempfangs oft als etwas Zweitrangiges.

Wenn man allerdings tiefer blickt, so wird man entdecken, dass die Art und Weise des Kommunionempfangs gerade nicht von zweitrangiger Bedeutung ist. Wenn man an die wahre, wirkliche und wesenhafte Gegenwart Christi in der kleinen Hostie glaubt, die wirkliche Gegenwart nämlich des Leibes und Blutes, der Seele und der Gottheit unseres Herrn, dann muss man die größte Vorsicht im Umgang mit der konsekrierten Hostie walten lassen. Das ist eine logische Folge des Glaubens an unseren menschgewordenen Gott. Das Geheimnis der Eucharistie ist der größte Ausdruck der Menschwerdung Gottes. Wenn man die konsekrierte Hostie äußerlich so behandelt wie einen Keks, dann wird sich der Glaube des Betreffenden mit der Zeit auch entsprechend wandeln. Das ist ein Gesetz der Psychologie. Deswegen darf man die konsekrierte Hostie äußerlich nicht in der Art empfangen, wie man gewöhnliche Nahrung berührt und sie sich dem Munde selbst zuführt.

Eine der schwerwiegendsten Folgen der Handkommunion ist der massenhafte Verlust der kleinen Partikel der konsekrierten Hostie und der weiter zunehmende Diebstahl der Hostien. Alle Menschen verteidigen gewissenhaft und mit größter Vorsicht die eigenen Wertgegenstände und kostbaren Schätze. Unser Herr Jesus Christus unter der Gestalt der kleinen konsekrierten Hostie ist mehr wert als alle Schätze auf dieser Erde. Wir müssen folglich die Heilige Kommunion aufs Höchste schützen und verteidigen.

Da nun die Heilige Eucharistie das Herz der Kirche ist und die Kirche beständig von der Eucharistie her aufgebaut wird, leidet die Kirche unserer Tage sozusagen an einer schweren eucharistischen Herzkrankheit, weil der Eucharistische Herr vornehmlich durch die Praxis der Handkommunion in einer äußerlich banalen Weise behandelt wird. Es besteht kein Zweifel: erst wenn die Kirche unserer Tage wieder anfängt, den Eucharistischen Herrn in einer mehr sakralen und erhabenen Weise zu behandeln, wird es einen Prozess der wahren Erneuerung der Kirche geben. Jeder, der an unseren Eucharistischen Herrn wahrhaft glaubt und Ihn brennend liebt, darf sich nicht an den Zustand der Handkommunion gewöhnen und muss alles, was in seiner Kraft steht, unternehmen, um diesem elenden Zustand abzuhelfen.

Fassen wir das Gesagte kurz zusammen:

1. Die Art und Weise des Kommunionempfangs (ob Mund- oder Handkommunion) ist nicht zweitrangig.

2. Es ist ein Erfordernis unseres Glaubens, unseren Eucharistischen Herrn in Seiner wirklichen Gegenwart in einer Weise zu behandeln, die unserem Glauben entspricht.

3. Die Art und Weise des Kommunionsempfangs muss sich deutlich davon unterscheiden, wie man gewöhnliche Gegenstände oder gewöhnlich Nahrung anfasst und zu sich nimmt.

I. Die Handkommunion verursacht einen massenhaften Verlust der kleinen Partikel, und es ist ein Dogma des Glaubens, dass in jedem, auch kleinsten Partikel der konsekrierten Hostie, der ganze Christus gegenwärtig ist.

4. Die Handkommunion erleichtert enorm den Raub der konsekrierten Hostien zu gotteslästerlichen und satanischen Zwecken. Dazu bedarf es keiner Beweise mehr, denn zu evident und bekannt ist dieses Phänomen mittlerweile geworden.

6. Die Handkommunion verursachte und verursacht mit der Zeit den Verlust des wahren und vollständigen Glaubens an die wirkliche Gegenwart und an die Wesensverwandlung (Transsubstantiation).

7. Das Herz der Kirche, das da ist die Eucharistie, wird in einer erschreckend banalen und unwürdigen Weise behandelt; und erst die wirksame Heilung dieser Wunde wird eine wahre Erneuerung und Gesundung der Kirche bewirken.

Angesichts dieses Zustandes, können wir da wirklich noch gleichgültig sein? Für eine Seele, die den Eucharistischen Herrn wirklich liebt, müssten die Tatsache des massenhaften Verlustes der Partikel und deren Zertreten mit den Füßen sowie die sich immer mehr häufenden Fälle des Hostienraubs als etwas wirklich Schreckliches erscheinen. Der öffentliche Kult unseres fleischgewordenen Gottes verlangt objektiv unzweideutige Zeichen der Anbetung und der Sakralität gegenüber dem Leib Christi unter der heiligen Gestalt des Brotes, damit innere wie auch äußere Akte der Anbetung, der Demut und Andacht aufs Höchste garantiert seien.

Manchmal kann man in unseren Tagen folgendes beobachten: Wenn die Kleinen in der Kirche (Personen, die nicht zur kirchlichen Nomenklatura gehören, einfache Gläubige, Kinder, Jugendliche, Familienväter, Familienmütter, an den Rand geschobene Priester) dem eucharistischen Leib Christi gegenüber klare Gesten der Verehrung während der Heiligen Kommunion zeigen wollen, oder für die sicherere und sakralere Form der Mundkommunion eintreten, wird es ihnen von Priestern und anderen kirchlichen Vorgesetzten (sogar von Bischöfen) verboten. Hier erinnert man sich spontan an die folgende Szene aus dem Evangelium: Als Jesus nach Jerusalem feierlich einzog und die Jünger und die Kinder Kleider vor Ihm ausbreiteten und Ihn mit Palmzweigen begrüßten, um Ihn auf diese Weise zu ehren, »da sagten die Pharisäer: Meister, verbiete es Deinen Jüngern. Er aber antwortete: Ich sage euch, wenn diese schweigen, werden die Steine rufen« (Lk 19, 39-40). Man hat den Eindruck, dass die Verantwortlichen in der Kirche heutzutage die wahre Tragweite des schrecklichen Zustandes, in welchem sich der Eucharistische Herr aufgrund der Praxis der Handkommunion befindet, nicht wahrnehmen oder nicht wahrnehmen wollen. Die wahre Tragweite dieses Zustandes ist einer großen Zahl von Bischöfen und Priestern verborgen, weil vielleicht deren Glaubenssinn und deren brennende Liebe zum Eucharistischen Herrn abgestumpft ist. Er ist aber den »Kleinen« und »Unmündigen« in der Kirche offenbart, jenen, die noch klare Augen des Glaubens und brennende Herzen haben.

Zu diesen oft an den Rand geschobenen Priestern und »Kleinen« in der Kirche, welche dem Eucharistischen Herrn im Augenblick der Heiligen Kommunion öffentlich Ehre erweisen und Ihn schützen wollen, gehört Hochwürden Kaplan Wilhelm Schallinger. Die von ihm hier veröffentlichte wertvolle Dokumentation gibt uns einen wenn auch kleinen Einblick in die wahre Tragödie und in den Zustand des Greuels, den die moderne Praxis der Handkommunion verursacht hat. Gleichzeitig ist aber diese Dokumentation ungeachtet ihres traurigen Inhalts ein ruhmvolles Zeugnis des Glaubens, der Liebe und des Bekennermuts eines »kleinen« Priesters, dem die Ehre Seines Eucharistischen Herrn alles bedeutet und für den er bereit war, buchstäblich auf alles zu verzichten. Das Beispiel von Hochwürden Wilhelm Schallinger steht hier stellvertretend für die unzähligen »Kleinen« in der Kirche, die auf je eigene Weise für die Wiederherstellung der Ehre des Herrn bei der Kommunionspendung eintreten und das unter Inkaufnahme von Verachtung, Demütigung und Marginalisierung seitens der »Großen« in der Kirche.

Durch die vorliegende Dokumentation reiht sich Hochwürden Wilhelm Schallinger ein in den Chor jener zahlreichen Stimmen in der Kirche, die durch die neuen Pharisäer und Schriftgelehrten auf dem »Stuhl des Moses« leider zum Schweigen gebracht wurden. Allerdings verkünden diese Stimmen laut die Ehre des Eucharistischen Herrn gleichsam wie jene schreienden Steine, von denen Jesus bei Seinem Einzug in Jerusalem sprach.

Sehr aufschlussreich ist die Passage im vorliegenden Buch »Das Lamm in Menschenhand«, wonach der damalige Erzbischof von München und Freising, Kardinal Joseph Ratzinger, am Schluss der Audienz, die er Kaplan Wilhelm Schallinger gewährte, diesem zur Verabschiedung sagte: »Wenn Sie auf Ihrem Standpunkt beharren, dann geht der Kirche ein Teil Ihrer Arbeitskraft verloren.« Hochwürden Schallinger gab darauf diese tiefsinnige Antwort: »Ja — aber nicht verloren gehen der Kirche die Leiden, die damit verbunden sind!«

In der Tat, dem enormen Übel der Handkommunion abzuhelfen genügen letztlich nicht die wenn auch noch so notwendigen Maßnahmen des mutigen Protestes in mündlicher und schriftlicher Form, sondern es bedarf noch des Gebetes und vor allem des Leidens im Geiste der Sühne. Vielleicht haben die Leiden von Hochwürden Wilhelm Schallinger und vieler verborgener Sühneseelen dazu beigetragen, dass Papst Benedikt XVI., der noch als Kardinal die Praxis der Handkommunion in Schutz nahm, wider aller Erwartung angeordnet hat, dass ab dem Fronleichnamsfest des 22. Mai 2008 die Gläubigen aus seiner Hand die Heilige Kommunion künftig nur noch kniend und in den Mund empfangen; und das galt dann bis zum Ende seines Pontifikats im Jahre 2013.

Man kann dieses Ereignis als ein wahres Wunder betrachten. Ich selbst schrieb Papst Benedikt XVI. im Jahre 2005 einen Brief, in welchem ich ihn angefleht habe, bezüglich der Kommunionspendung so zu verfahren, wie er es dann ab dem Jahre 2008 auch tat. Meinem Brief an den Papst fügte ich das Manuskript meines Büchleins »Dominus est« bei, in dem ich die Scheinargumente zugunsten der modernen Praxis der Handkommunion aus geschichtlicher, theologischer und pastoraler Sicht entkräften konnte. Benedikt XVI. antwortete mir mit einem vom 5. November 2005 datierten und von ihm persönlich geschriebenen Brief, worin er u. a. sagte: »Ihr ganz auf der Väter-Theologie gegründeter Text ist überzeugend. Sie wissen, wie schwer es gerade in diesem Bereich ist, der wirklichen Erneuerung den Weg zu bahnen, weil mächtige Gruppierungen Stimmungen geschaffen haben und weiter schaffen, die Widerstände ... hervorrufen.«

Vor hundert Jahren sprach der Engel von Fatima zu den Seherkindern vom Eucharistischen Herrn, der von den Menschen auf eine so schreckliche Weise verunehrt wird, und forderte sie auf, Ihn zu trösten. Das waren prophetische Worte. Was würde der Engel heute sagen angesichts der unbeschreiblichen Banalitäten und Sakrilegien, die die moderne Praxis der Handkommunion verursacht hat? Unsere Liebe Frau von Fatima sprach in ihrer letzten Erscheinung am 13. Oktober 1917 zu den Menschen unserer Zeit: »Hört auf, Euren Gott zu beleidigen, der schon so viel von den Menschen beleidigt wurde.«

Alle in der Kirche, die noch den Glauben an die eucharistische Gegenwart des Herrn ernstnehmen und Ihn brennend lieben, müssten gleichsam im Chor ausrufen, so dass es ans Ohr und ans Herz der Bischöfe und des Papstes dringen möge: »Hört auf, unseren Eucharistischen Gott zu beleidigen, der durch die Praxis der Handkommunion schon zu sehr beleidigt wurde!« Möge bald das nächste Wunder geschehen, dass der Papst die Praxis der im wahrsten Sinne des Wortes unheilvollen modernen Handkommunion zurücknimmt. Denn der Apostolische Stuhl hatte im Jahre 1969 mit der Erlaubnis der Handkommunion die Schleuse geöffnet, durch die seither die Flut der eucharistischen Verunehrungen und Sakrilegien sich über die katholische Welt ergossen hat und noch weiter ergießt. Und es ist wiederum der Apostolische Stuhl, der durch einen mutigen Schritt, der gleichzeitig auch ein Akt der Wiedergutmachung für das eigene verhängnisvolle Versäumnis sein wird, die moderne Praxis der Handkommunion zurücknehmen muss. Die Kirche ist es dem Eucharistischen Herrn schuldig, denn es gibt kein größeres und kein heiligeres Gut der Kirche als das Sakrament der Eucharistie.

Den Ausdruck »Sic nos Tu visita, sicut Te colimus« des hl. Thomas von Aquin aus dem Hymnus »Sacris sollemniis« paraphrasierend kann man sagen: In dem Maße, als die Kirche unserer Zeit die Eucharistie in der Gestalt der kleinen, unscheinbaren, zerbrechlichen und schutzlosen konsekrierten Hostie verehrt, anbetet, liebt und verteidigt, wird der Herr sie mit vielen Gnaden besuchen. Möge der mutige und beinahe lebenslange Einsatz des Priesters Wilhelm Schallinger sowie sein Leiden und seine Schrift »Das Lamm in Menschenhand« ein wirksamer Beitrag sein, der die Leser ermutigt, es zu wagen, dem Eucharistischen Herrn mit allen Kräften die Ihm gebührende Ehre zu geben: »Quantum potes, tantum aude« (hl. Thomas von Aquin). Möge der Segen des Eucharistischen Herrn reichlich herabkommen auf alle Liebhaber, Anbeter, Verteidiger und Märtyrer der Eucharistie unserer Tage!

2. Februar 2016

+ Athanasius Schneider

Weihbischof der Erzdiözese der Heiligen Maria in Astana, Kasachstan