Word: 1. Thessalonicher

 

Der erste Brief an die Thessalonicher

Einleitung

Auf seiner zweiten Missionsreise kam der heilige Paulus nach Thessalonich, einer bedeutenden Handelsstadt in Mazedonien, heute Saloniki. Es gelang ihm, eine große Anzahl von Gläubigen zu gewinnen, besonders Heiden. Infolge einer Hetze von seiten der Juden mußte er die Stadt verlassen und ging nach Beröa und Athen (Apg 17,1-10). Von dort sandte er den Timotheus nach Thessalonich. Nach einigen Wochen kam dieser zurück und erstattete dem Apostel Bericht über die Verhältnisse der jungen Christengemeinde. Daraufhin (ums Jahr 51/52) schrieb Paulus von Korinth her ihnen einen Brief, worin er seine Freude ausdrückt über den guten Zustand der Gemeinde und seine Sehnsucht nach ihr (1,1-3,13). Dann belehrt er sie über die Wiederkunft Christi und ermahnt sie zu einem wahrhaft christlichen Lebenswandel (4,1-5,28). Zeitlich steht dieser Brief an erster Stelle unter den Paulusbriefen.

 

1 Eingang. Paulus, Silvanus und Timotheus an die Gemeinde der Thessalonicher, die da ist in Gott, dem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Gnade euch und Friede!

 

Beziehungen des Apostels zur Gemeinde

 

Danksagung

Wir danken Gott allezeit für euch alle, wenn wir euer in unseren Gebeten gedenken. Unablässig erinnern wir uns an euren werktätigen Glauben, eure in Mühsalen bewährte Liebe und beharrliche Hoffnung auf unsern Herrn Jesus Christus vor unserm Gott und Vater. Wir sind überzeugt von eurer Auserwählung, meine von Gott geliebten Brüder. Denn unsere Heilsbotschaft erging an euch nicht in Worten allein, sondern auch in der Kraft, im Heiligen Geiste und in aller Zuversicht. Wisset ihr doch, wie wir unter euch um euretwillen aufgetreten sind. Ihr seid unsere und des Herrn Nachahmer geworden, ihr habt das Wort unter vieler Trübsal aufgenommen mit Freude, wie der Heilige Geist sie schenkt. So seid ihr ein Vorbild geworden für alle Gläubigen in Mazedonien und Achaja. Denn von euch aus erscholl das Wort des Herrn nicht bloß in Mazedonien und Achaja, sondern überall ist euer Glaube an Gott kundgeworden, so daß wir nicht nötig haben, etwas davon zu sagen. Die Leute selbst erzählen ja von uns, welche Aufnahme wir bei euch gefunden und wie ihr euch von den Götzen zu Gott bekehrt habt, um dem lebendigen und wahren Gott zu dienen 10 und seinen Sohn vom Himmel her zu erwarten, den er von den Toten auferweckt hat, Jesus nämlich, der uns errettet von dem künftigen Zorne.

 

Sein erster Aufenthalt in Thessalonich

Brüder! Ihr wißt selbst, daß unser Auftreten bei euch nicht kraftlos war. Vielmehr faßten wir trotz der vorher — wie ihr wißt — in Philippi erduldeten Leiden und Mißhandlungen im Vertrauen auf unsern Gott den Mut, bei euch die Frohbotschaft zu verkünden in heißem Bemühen.

 

Mühsale des Apostels. Unsere Predigt entsprang nicht aus trügerischer oder unlauterer Absicht oder Arglist. Vielmehr reden wir so, wie wir von Gott gewürdigt wurden, mit der Heilsverkündigung betraut zu werden; nicht um Menschen zu gefallen, sondern Gott, der unser Herz durchschaut. Denn niemals traten wir mit Schmeichelreden auf, wie ihr wißt, noch mit versteckter Habsucht — Gott ist Zeuge! Nie suchten wir Ehre von Menschen, weder von euch noch von anderen. Obgleich wir als Apostel Christi unser Ansehen hätten geltend machen können, sind wir in zärtlicher Liebe unter euch aufgetreten, wie wenn eine Mutter ihre Kindlein am Busen hegt. 7: Im Lateinischen lautet der Vers: „Obgleich wir als Apostel euch hätten zur Last fallen können, sind wir wie Kinder unter euch gewesen, wie wenn eine Mutter ihr Kindlein hegt.“ So hingen wir voll Sehnsucht an euch und verlangten, euch nicht nur die Heilsbotschaft Gottes zu bringen, sondern selbst unser Leben hinzugeben — so lieb waret ihr uns geworden. Ihr erinnert euch gewiß, meine Brüder, an unsere Mühe und Plage; um keinem von euch beschwerlich zu fallen, haben wir Tag und Nacht gearbeitet, als wir euch die Heilsbotschaft Gottes verkündeten. 9: Bei den alten Griechen und Römern war die Handarbeit verachtet; jene, die körperliche Arbeit verrichten, so sagte man, haben eine niedrige Beschäftigung, und die Werkstatt sei kein anständiger Platz für einen freien Menschen. Anders denkt der heilige Paulus, der sich in saurer Arbeit als Zeltmacher selbst das tägliche Brot verdient und freiwillig auf den standesgemäßen Unterhalt seitens der Gemeinde verzichtet. 10 Ihr und Gott seid Zeugen, wie lauter und gerecht und untadelhaft wir uns gegen euch, die Gläubigen, verhalten haben. 11 Ihr wißt doch, wie wir jeden einzelnen von euch wie ein Vater seine Kinder 12 ermahnt, aufgemuntert und beschworen haben, würdig zu wandeln des Gottes, der euch zu seinem Reich und zu seiner Herrlichkeit berufen hat.

 

Freude über die guten Nachrichten. 13 Darum danken wir auch Gott ohne Unterlaß dafür, daß ihr die Predigt der Heilsbotschaft Gottes, die ihr von uns empfinget, aufgenommen habt, nicht als Menschenwort, sondern als das, was sie in Wahrheit ist, als Gotteswort, das sich ja auch wirksam erweist in euch, die ihr gläubig geworden seid. 14 Ihr seid ja, meine Brüder, Nachahmer geworden der Gemeinden Gottes, die in Judäa sind in Christus Jesus; denn ihr habt von euren Landsleuten dasselbe erdulden müssen, was jene von den Juden. 15 Diese haben sogar den Herrn Jesus und die Propheten getötet und uns verfolgt. Sie mißfallen Gott und sind allen Menschen feind. 15: Auch Tacitus sagt, die Juden seien „von feindseliger Gesinnung gegen alle“. 16 Sie wollen uns wehren, den Heiden zu predigen, daß sie des Heiles teilhaftig werden. So häufen sie immerfort Sünde auf Sünde. Aber schon ist Gottes Zorn über sie gekommen in vollem Maße.

 

Sehnsucht nach der Gemeinde. 17 Meine Brüder! Als wir verwaist und ferne von euch waren auf eine kurze Weile dem Angesichte, nicht dem Herzen nach, da strebten wir um so eifriger mit heißem Verlangen, euer Angesicht zu sehen. 18 Darum entschlossen wir uns, zu euch zu kommen, ich, Paulus, einmal, mehr als einmal. Aber der Satan hat uns gehindert. 18: Wahrscheinlich waren es Juden in Thessalonich, die als Helfershelfer Satans zu verhindern wußten, daß Paulus dorthin kam. 19 Denn wer ist unsere Hoffnung, unsere Freude, unsere Ehrenkrone, wenn nicht auch ihr es seid vor unserem Herrn Jesus [Christus] bei seiner Wiederkunft? 20 Ja, ihr seid unsere Ehre und Freude.

 

Da wir es nicht länger ertragen konnten, fanden wir für gut, allein in Athen zu bleiben. Wir entsandten den Timotheus, unseren Bruder und Gottes Diener in der Heilsverkündigung Christi, um euch in eurem Glauben zu stärken und zu ermahnen, damit keiner in dieser Trübsal wankend werde. Ihr wißt ja selbst, daß wir dazu bestimmt sind. Haben wir es euch doch schon, als wir bei euch waren, vorausgesagt, daß wir Trübsale leiden müssen. So ist es nun auch gekommen, ihr wißt es. 4: Vgl. Jo 15,18-21; 16,1-4. Ich konnte es also nicht länger ertragen und sandte ihn, um über euren Glauben Nachricht zu erhalten, ob nicht etwa der Versucher euch versucht habe und unsere Arbeit zunichte werden sollte. Nun aber ist Timotheus von euch zu uns zurückgekehrt und konnte uns gute Botschaft bringen über euren Glauben und eure Liebe, und daß ihr uns allezeit in gutem Andenken bewahret, daß ihr euch danach sehnt, uns zu sehen, wie auch wir euch. Darum, liebe Brüder, sind wir bei all unserer Not und Trübsal über euch getröstet durch euren Glauben. Nun leben wir wieder auf, wenn ihr feststehet im Herrn.

 

Gebet des Apostels für die Gemeinde. Wie können wir Gott euretwegen genug danken ob all der Freude, die wir an euch erleben vor unserem Gott? 10 Tag und Nacht flehen wir inständig, daß wir euch von Angesicht sehen und das ergänzen dürfen, was eurem Glauben noch fehlt. 11 Gott selbst, unser Vater, und unser Herr Jesus [Christus] ebne uns den Weg zu euch. 12 Euch aber lasse der Herr wachsen und zunehmen in der Liebe zueinander und zu allen Menschen, wie auch wir sie haben zu euch. 13 Ja, er möge eure Herzen kräftigen, daß ihr untadelhaft und heilig seiet vor Gott, unserem Vater bei der Wiederkunft unseres Herrn Jesus [Christus] mit allen seinen Heiligen. [Amen.] 7-13: Die Stelle beweist uns, wie groß die innere Anteilnahme des Apostels am Geschick seiner geistlichen Kinder, vor allem an ihrem Wachstum im Glauben war.

 

Mahnungen und Belehrungen

 

Mahnung zur Heiligung

Endlich, meine Brüder, bitten und ermahnen wir euch im Herrn Jesus: Wie ihr von uns unterrichtet worden seid zu wandeln und Gott zu gefallen — ihr wandelt ja auch so —, macht darin immer weitere Fortschritte. Ihr wißt ja, welche Vorschriften ich euch gegeben habe im Auftrage des Herrn Jesus. Denn das ist der Wille Gottes: eure Heiligung, daß ihr euch von der Unzucht enthaltet. Ein jeder soll seine Gattin besitzen in Heiligkeit und Ehrbarkeit, nicht in leidenschaftlicher Lust, so wie die Heiden, welche Gott nicht kennen. 4: Paulus mahnt, lieber eine zu gegenseitiger Heiligung dienende und sittlicher Würde bewahrte Ehe einzugehen, als sich der Unzucht zu ergeben. Um die Keuschheit und Reinheit der Ehe stand es besonders schlimm im Heidentum jener Zeit. Keiner soll sich Übergriffe erlauben oder seinen Bruder im Geschäfte übervorteilen. Der Herr ist ein Rächer von all diesem; wir haben es euch ja schon früher gesagt und bezeugt. Gott hat uns ja nicht zu einem Sündenleben, sondern zur Heiligkeit berufen. Wer also diese Mahnungen mißachtet, der verachtet nicht einen Menschen, sondern Gott, der euch seinen Heiligen Geist verleiht. 7-8: Wie schon Vers 3 es einschärfte, ist das Streben nach Heiligkeit nicht ein bloßer Rat für einzelne, sondern sittliche Pflicht für jeden Christen.

 

Mahnung zur Nächstenliebe

Wegen der Bruderliebe brauchen wir euch nicht zu schreiben. Ihr seid ja selbst von Gott belehrt, daß ihr einander lieben sollt. 10 Ihr übet das ja auch an allen Brüdern in ganz Mazedonien. Wir ermahnen euch aber, Brüder, wachset darin mehr und mehr. 11 Setzet eure Ehre darein, ein stilles Leben zu führen, eure eigenen Angelegenheiten zu besorgen und eurer Hände Arbeit zu verrichten. So haben wir euch angewiesen, 12 und so wandelt ihr ehrbar vor den Außenstehenden und braucht von keinem etwas zu begehren.

 

Über die Auferstehung der Toten

13 Meine Brüder! Wir wollen euch nicht in Ungewißheit lassen über die Entschlafenen, damit ihr nicht trauert wie die andern, die keine Hoffnung haben. 13: Jesus als Mittler der Erlösung ist auch Vermittler der vollendeten Frucht der Erlösung, der Auferstehung. 14 Wenn Jesus, wie wir glauben, gestorben und auferstanden ist, so wird Gott auch die Entschlafenen durch Jesus herbeiführen mit ihm. 15 Denn das sagen wir euch als ein Wort des Herrn: Wir, die wir noch leben und übrigbleiben bis zur Ankunft des Herrn, wir werden den Entschlafenen nicht zuvorkommen. 16 Denn der Herr selbst wird, wenn der Befehlsruf ergeht, bei der Stimme des Erzengels, beim Schalle der Posaune Gottes, vom Himmel herabkommen. Und die Toten, die in Christus ruhen, werden zuerst auferstehen. 14-16: Die Thessalonicher waren in Sorge, ihre Toten seien bei der Wiederkunft Christi benachteiligt. Diese Sorge behebt der Apostel, ohne über Zeitpunkt des Gerichtes bestimmte Angaben zu machen. 17 Dann werden wir, die noch leben und übrig sind, zugleich mit ihnen entrückt werden auf Wolken, dem Herrn entgegen in die Luft. Und dann werden wir bei dem Herrn sein allezeit. 18 So tröstet denn einander mit diesen Worten.

 

5 Bereitschaft auf das Kommen des Herrn. Meine Brüder! Über die Zeit und die Stunde brauchen wir euch nicht zu schreiben. Ihr selbst wißt ja genau, daß der Tag des Herrn kommen wird wie ein Dieb in der Nacht. Denn wenn sie reden von Friede und Sicherheit, dann kommt das Verderben plötzlich über sie wie die Wehen über die hoffende Mutter, und sie werden nicht entkommen. Ihr aber, meine Brüder lebet nicht in Finsternis, so daß jener Tag euch überraschen würde wie ein Dieb. Ihr alle seid ja Kinder des Lichts und Kinder des Tages; nicht der Nacht gehören wir an, nicht der Finsternis. Also laßt uns nicht schlafen wie die andern, sondern wachen und nüchtern sein. 6 Der natürliche Schlaf ist das Bild der Sorglosigkeit, die Trunkenheit das Bild der Gedankenlosigkeit und geistigen Betäubung in Sachen des Heils. Wer schläft, schläft des Nachts, wer trunken ist, ist des Nachts trunken. Wir aber gehören dem Tage an und wollen deshalb nüchtern sein. Anlegen wollen wir den Panzer des Glaubens und der Liebe und den Helm der Hoffnung auf das Heil. Denn Gott hat uns nicht zum Zorne bestimmt, sondern zur Erlangung des Heils durch unseren Herrn Jesus Christus. 10 Er ist ja für uns gestorben, damit wir allesamt mit ihm leben, wir mögen wachen oder schlafen. 11 Darum tröstet einander und erbauet einer den andern, wie ihr es ja schon tut.

 

Das Ideal des christlichen Lebens

12 Meine Brüder! Wir bitten euch, daß ihr jenen Anerkennung zollt, die unter euch arbeiten und euch im Herrn vorstehen und euch ermahnen. 13 Liebet und schätzet sie besonders um ihrer Arbeit willen. Lebet in Frieden miteinander. 14 Wir ermahnen euch, liebe Brüder, weiset die Unordentlichen zurecht, ermutigt die Kleinmütigen, nehmet euch der Schwachen an, habet Nachsicht mit allen. 15 Sehet zu, daß nicht einer dem andern Böses mit Bösem vergelte, sondern befleißigt euch allezeit des Guten gegeneinander und gegen jedermann. 16 Freuet euch allezeit. 17 Betet ohne Unterlaß. 17: Der heilige Augustinus sagt: „Betet ohne Unterlaß, was heißt das anders als: verlanget ohne Unterlaß das ewige Leben von demjenigen, der allein es zu geben vermag?“ Wir sollen alle Arbeiten, Freuden und Leiden Gott aufopfern. Der Gebetsgeist muß in uns leben, auch wenn wir wegen der Arbeit keine besonderen Gebete verrichten können. Dann wird die Arbeit als Gottesdienst zum Gebet. 18 Saget Dank bei allem. Denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus an euch [allen]. 19 Den Geist löschet nicht aus. 20 Prophetengabe verachtet nicht. 21 Prüfet alles, das Gute behaltet. 21: Nicht alles ist echt, was äußerlich wie besondere Begnadigung aussieht. 22 Meidet jeden Schein des Bösen.

 

23 Er aber, der Gott des Friedens, heilige euch ganz und gar, auf daß euer Geist, eure Seele und euer Leib völlig untadelhaft erhalten sei bei der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus. 24 Treu ist, der euch berufen hat; er wird es auch zu Ende führen. 24: Gott tut seine Werke nie nur halb, wenn nicht der schlechte Wille des Menschen ihn hindert.

 

Schluß. 25 Liebe Brüder! Betet für uns. 26 Grüßet alle Brüder mit heiligem Kusse. 27 Ich beschwöre euch beim Herrn, daß dieser Brief allen [heiligen] Brüdern vorgelesen werde. 28 Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit euch! [Amen.]