Word: 1. Korinther

 

Der erste Brief an die Korinther

Einleitung

Paulus war in erster Linie Großstadtmissionar. Auf seiner zweiten großen Missionsreise (von 50-52) weilte er anderthalb Jahre in Korinth, der Hauptstadt Achajas, und gründete in dieser bedeutenden Handels- und Industriestadt eine blühende Christengemeinde. Über keine urchristliche Einzelgemeinde sind wir so gut unterrichtet wie über diese. Bald nach dem Weggang des Apostels bildeten sich in der Gemeinde mehrere Parteien und drohten, die Einheit zu sprengen. In Ephesus erhielt Paulus nähere Nachrichten darüber. Zudem sahen sich die Leiter der korinthischen Kirche genötigt, dem Apostel eine Reihe schriftlicher Fragen zur Entscheidung und Auskunft vorzulegen. Das gab den Anlaß zur Abfassung unseres Briefes, nachdem ein anderer, nicht erhaltener Paulusbrief an die Korinther vorausgegangen war. Die Niederschrift erfolgte um Ostern 57.

 

Der erste Hauptteil ist der Abstellung der eingerissenen Mißstände gewidmet (1,10-6,20), der zweite gibt Antwort auf den korinthischen Fragebogen (7,1-15,58). Geschäftliche Anliegen, persönliche Nachrichten und Grüße bilden den Schluß.

 

Liegt die besondere Bedeutung des Römerbriefes in seinem dogmatischen Tiefgehalt, so ist der erste Korintherbrief eine unersetzliche Urkunde über das urkirchliche Gemeindeleben und die Arbeitsweise des größten Seelsorgers aller Zeiten. Das Werden und Wachsen, die Gefährdung und Rettung einer jungen christlichen Gemeinschaft mitten in einer sittlich verkommenen Großstadt wird daraus ebenso ersichtlich wie das Sorgen und Ringen, Belehren und Mahnen des Völkerapostels gegenüber seinen geistlichen Kindern. Alles in dem Brief atmet Lebensnähe und Wirklichkeitssinn.

 

Paulus, durch Gottes Willen zum Apostel Jesu Christi berufen, und Sosthenes der Mitbruder, grüßen die Kirche Gottes zu Korinth, die Geheiligten in Christus Jesus, die berufenen Heiligen im Verein mit allen, die den Namen unseres Herrn Jesus Christus anrufen an jeglichem Orte, dem ihrigen wie dem unseren. Gnade wünsche ich euch und Frieden von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus.

 

Eingang. Ich sage meinem Gott allezeit Dank euretwegen für die Gnade Gottes, die euch in Christus Jesus geschenkt ist. Denn ihr seid durch ihn in allen Stücken reich geworden in aller Lehre und aller Erkenntnis. Ebenso ist das Zeugnis vom Messias in euch befestigt worden. So mangelt es euch, die ihr die Offenbarung unseres Herrn Jesus Christus sehnsüchtig erwartet, an keiner Gnadengabe. Er wird euch auch befestigen bis ans Ende, auf daß ihr am Tage der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus untadelig seid. Getreu ist Gott, durch den ihr zur Gemeinschaft seines Sohnes, unseres Herrn Jesus Christus, berufen seid. 9: Von Gott zur Lebensgemeinschaft mit Jesus Christus berufen zu sein, ist der Sinn unseres religiösen Lebens und die größte aller Gnaden

 

Mißstände in der Gemeinde

Das Parteiwesen

Torheit des Parteiwesens. 10 Um des Namens unseres Herrn Jesus Christus willen ermahne ich euch, Brüder: Seid alle einmütig im Bekenntnisse und duldet keine Spaltungen unter euch; seid vielmehr vollkommen eines Sinnes und einer Meinung. 10 ff.: Die Einheit und Einigkeit der Gemeinde ist dem Apostel so wichtig, daß er den vierten Teil des Briefes der Abstellung des Parteihaders widmet. Er kennzeichnet zuerst den Tatbestand und den Widersinn der Parteiungen 1,10-17. Dann deckt er die tieferen Gründe der Parteisucht auf: 1,18-4,21. Die Korinther verkennen den wesenhaften Unterschied zwischen dem Gotteswort und der Weltweisheit: 1,18-31. Der Apostel aber hat bewußt auf Weltweisheit verzichtet: 2,1-5. Den Reifen verkündet er die aus Gott stammende wahre Weisheit: 2,6-16. Die Korinther aber verraten geistige Unreife: 3,1-17, Ihr Stolz ist Selbsttäuschung und Unrecht gegen die schwergeprüften Apostel: 3,18-4, 13. Dennoch bleibt Paulus noch beim Tadeln ihr Vater: 4,14-21. 11 Es ist mir nämlich über euch, meine Brüder, von den Angehörigen der Chloë berichtet worden, daß Streitigkeiten unter euch sind. 12 Ich meine das, daß bei euch der eine sagt: Ich bin Anhänger des Paulus, ein anderer: Ich bin Anhänger des Apollos, der dritte: Und ich des Kephas [Petrus], ein vierter: Ich bin Anhänger Christi. 13 Ist denn Christus geteilt? Ist etwa Paulus für euch gekreuzigt worden? Oder seid ihr auf den Namen des Paulus getauft? 14 Ich danke Gott, daß ich niemand von euch getauft habe als den Krispus und den Gajus. 15 So kann niemand sagen, ihr seiet auf meinen Namen getauft. 16 Doch ja, des Stephanas Haus habe ich getauft, sonst wüßte ich nicht, daß ich noch jemand getauft hätte. 17 Christus hat mich nicht gesandt zu taufen, sondern die Heilsbotschaft zu verkünden, doch nicht mit Menschenweisheit, damit das Kreuz Christi nicht seiner Kraft beraubt werde. 17: Die Gültigkeit und Wirksamkeit der Taufe hängt nicht von der Würde des Spenders ab. Es kommt aber sehr viel darauf an, wer uns im Glauben unterrichtet und wie es geschieht.

 

Die Weisheit der Gerechtfertigten. 18 Denn die Lehre vom Kreuze ist denen, die verlorengehen, Torheit, uns aber, die selig werden, ist sie Gottes Kraft. 19 Es steht ja geschrieben: Vernichten will ich die Weisheit der Weisen, die Klugheit der Klugen zuschanden machen (Is 29,14). 20 Oder wo ist ein Weiser? Wo ein Schriftgelehrter? Wo ein Wortfechter dieser Welt? (Is 33,18). Hat Gott nicht die Weisheit dieser Welt zur Torheit gemacht? 21 Weil die Welt mit ihrer Weisheit Gott in seiner Weisheit nicht erkannte, hat es Gott gefallen, durch die Torheit der Predigt diejenigen selig zu machen, welche glauben. 22 Die Juden fordern Wunderzeichen, und die Griechen suchen Weisheit, 23 wir aber verkünden Christus, den Gekreuzigten, der den Juden ein Ärgernis und den Heiden eine Torheit ist. 24 Denen aber, die berufen sind, den Juden sowohl als den Heiden, predigen wir Christus als Gottes Kraft und Gottes Weisheit. 25 Denn das Törichte, das von Gott kommt, ist weiser als die Menschen, und das Schwache, das von Gott kommt, ist stärker als die Menschen. 26 Seht nur auf eure Berufung, Brüder! Es sind nicht viele Gebildete im Sinne der Welt, nicht viele Einflußreiche, nicht viele aus vornehmen Familien, 27 sondern, was die Welt töricht nennt, das hat Gott auserwählt, um die Gebildeten zu beschämen; was die Welt schwach nennt, das hat Gott sich erwählt, um das Starke zu schanden zu machen. 28 Was die Welt für niedrig hält, was sie verachtet, ja, was keine „Existenz“ hat, das hat Gott sich erwählt, um das, was etwas ist, zunichte zu machen, 29 damit kein Sterblicher sich vor Gott rühme. 30 Aus ihm aber seid ihr in Christus Jesus, welcher uns zur Weisheit von Gott geworden ist, zur Gerechtigkeit, Heiligung und Erlösung. So hat sich das Schriftwort bestätigt: 31 Wer sich rühmt, der rühme sich im Herrn (Jer 9, 23. 24). 26-31: Diese Sätze beweisen nicht, daß das Christentum aus einer Proletarierbewegung entstanden sei; denn es gab, wenn auch „nicht viele“, so doch in hinreichender Zahl auch Christen aus den höheren Kreisen von Anfang an in der Kirche. Gott wollte aber zeigen, daß sein Reich auf Erden nicht Menschenwerk sei, nicht mit natürlichen Machtmitteln und kluger Berechnung errichtet, sondern Schöpfung der Gnade.

 

2 Die Predigt des Apostels ist frei von Weltweisheit. Auch ich bin, als ich zu euch kam, Brüder, nicht aufgetreten mit erhabener Beredsamkeit und hoher Weisheit, um euch das Zeugnis Gottes zu verkünden. Denn ich hatte mir vorgenommen, nichts unter euch zu wissen als allein Jesus Christus, und zwar als Gekreuzigten. Ich trat mit Schwachheit und Furcht und großer Zaghaftigkeit bei euch auf. Mein Reden und Predigen bestand nicht in weiser menschlicher Überredungskunst, sondern im Beweis von Geist und Kraft; euer Glaube sollte sich nicht auf Menschenweisheit, sondern auf Gottes Kraft gründen. 1-5: Paulus war keine äußerlich imponierende Erscheinung. Der vorausgegangene Mißerfolg in Athen hatte ihn noch zaghafter gemacht. Wahre Weisheit reden wir wohl auch unter den Vollkommenen, nicht jedoch Weisheit dieser Welt noch der Fürsten dieser Welt, die abgetan werden. Wir reden vielmehr Gottes Weisheit, die geheimnisvolle, verborgene, die Gott vor Beginn der Welt zu unserer Verherrlichung vorherbestimmt hat. Diese Weisheit hat keiner der Fürsten dieser Welt erkannt, denn hätten sie dieselbe erkannt, nie hätten sie den Herrn der Herrlichkeit gekreuzigt. Vielmehr gilt davon das Schriftwort: Kein Auge hat es gesehen, kein Ohr hat es gehört, und in keines Menschen Herz ist es gedrungen, Gott hat es denen bereitet, die ihn lieben (Is 64,4). 10 Uns aber hat Gott eben das geoffenbart durch seinen Geist; denn der Geist erforscht alles, auch die Tiefen der Gottheit. 11 Denn welcher Mensch kennt das Wesen des Menschen, außer dem Geist des Menschen selbst, der in ihm ist? So erkennt auch keiner das Wesen Gottes als nur der Geist Gottes. 12 Wir aber haben nicht den Geist der Welt empfangen, sondern den Geist, der aus Gott ist, damit wir erkennen, was uns Gott geschenkt hat. 13 Dies reden wir auch nicht in Worten, wie menschliche Weisheit sie lehrt, sondern in Worten, wie der Geist sie lehrt, indem wir das Geistesgut in Geistesworte kleiden. 14 Der sinnliche Mensch faßt nicht, was des Geistes Gottes ist. Ja, als Torheit erscheint es ihm; er vermag es nicht zu verstehen, weil es geistig beurteilt werden muß. 14: Der Erfolg der Glaubensverkündigung hängt nicht nur vom Prediger sondern auch von der Geistesverfassung des Hörers ab. Wenn uns „der Sinn Christi“ abgeht, werden wir nie den Standpunkt wahrhaft religiöser Menschen verstehen. 15 Der Geistige aber beurteilt alles, doch er selbst wird von niemanden beurteilt. 16 Denn wer hat den Sinn des Herrn erkannt, daß er ihn belehren könnte? (Is 40,13.) Wir aber haben den Sinn Christi.

 

3 Nochmaliges Eingehen auf die Parteistreitigkeiten. Auch ich, Brüder, konnte zu euch nicht reden wie zu Geistigen, sondern nur wie zu Fleischlichen, wie zu Unmündigen in Christus. Milch gab ich euch zu trinken, nicht feste Speise, denn die vermochtet ihr noch nicht zu vertragen, ja, ihr vermögt es auch jetzt noch nicht; denn noch seid ihr im irdischen Denken ganz befangen. Denn solange Eifersucht und Zwietracht bei euch herrschen, seid ihr da nicht fleischlich? Wandelt ihr da nicht nach recht menschlicher Weise? Denn wenn einer sagt: Ich bin Anhänger des Paulus, der andere aber: Ich des Apollos — seid ihr da nicht (allzusehr) Menschen? 1-4: Die übertriebenen Ansprüche an die äußere Form der Predigt stehen bei den Korinthern in auffallendem Gegensatz zur eigenen religiösen Unkenntnis. Oberflächenmenschen finden am meisten Anlaß zum Nörgeln am Tun und Lassen der kirchlichen Behörde. Was ist denn Apollos? Und was ist Paulus? Nur Diener sind sie, durch die ihr zum Glauben gelangt seid, und zwar ein jeder, wie es der Herr ihm verliehen hat. Ich habe gepflanzt, Apollos hat begossen, aber Gott hat das Gedeihen gegeben. Daher ist weder der etwas, welcher pflanzt, noch der, welcher begießt, sondern der das Gedeihen gibt: Gott. Der da pflanzt und der begießt, sind eines, ein jeder aber wird seinen besonderen Lohn empfangen nach seiner besonderen Anstrengung.

 

Apostel und Gemeinde. Denn wir sind Gottes Mitarbeiter; ihr seid Gottes Ackerfeld, seid Gottes Bau. 10 Nach der mir von Gott verliehenen Gnade habe ich wie ein weiser Baumeister den Grund gelegt; ein anderer baut darauf weiter. Doch sehe ein jeder, wie er darauf weiterbaue. 11 Denn einen andern Grund kann niemand legen als den, welcher gelegt ist, nämlich Jesus Christus. 11: Das gilt für die religiöse Entwicklung aller Zeiten. 12 Ob aber jemand auf diesem Grunde Gold, Silber, Edelsteine oder Holz, Heu, Stoppeln aufbaut — 13 das wird sich bei dem Werke eines jeden herausstellen; der Tag des Herrn wird es kundmachen, weil er sich im Feuer offenbaren wird. Wie das Werk eines jeden ist, wird das Feuer erproben. 14 Besteht das Werk, das er gebaut hat, so wird er Lohn empfangen. 15 Verbrennt sein Werk, so wird er Schaden leiden. Zwar wird er selbst selig werden, jedoch so wie durch Feuer. 16 Wißt ihr nicht, daß ihr ein Tempel Gottes seid und der Geist Gottes in euch wohnt? 17 Wer nun den Tempel Gottes vernichtet, den wird Gott vernichten; denn der Tempel Gottes ist heilig, und der seid ihr.

 

Warnung vor weltlicher Weisheit. 18 Keiner täusche sich selbst. Wenn jemand unter euch meint, weise zu sein in dieser Welt, so werde er ein Tor, damit er weise werde. 19 Denn die Weisheit dieser Welt ist Torheit vor Gott. Es steht nämlich geschrieben: Er fängt die Weisen in ihrer Schlauheit (Job 5,13). 20 Und wiederum: Der Herr kennt die Gedanken der Weisen in ihrer Nichtigkeit (Ps 94,11). 21 Darum rühme sich niemand der Menschen. Denn alles ist euer: 22 Paulus, Apollos, Kephas, Welt, Leben und Tod, Gegenwart und Zukunft — alles ist euer. 23 Ihr aber seid Christi, Christus aber ist Gottes. 20-23: Wer als Christ sich von Minderwertigkeitsgefühlen beherrschen läßt, beweist, daß er gar nicht weiß, wie recht er ist in seiner Zugehörigkeit zu Christus.

 

4 Die wahren christlichen Lehrer. So halte man uns für Diener Christi und Verwalter der Geheimnisse Gottes. Von Verwaltern fordert man nun, daß sie treu befunden werden. Mir liegt gar wenig daran, daß ich von euch gerichtet werde oder überhaupt von einem menschlichen Gerichte. Doch auch nicht einmal über mich selbst fälle ich ein Urteil. Ich bin mir zwar nichts bewußt, doch deswegen bin ich noch nicht gerechtfertigt; der mich richtet, ist der Herr. So richtet denn nicht vor der Zeit, bis daß der Herr kommt. Er wird auch das im Finstern Verborgene an das Licht bringen und die Gesinnungen der Herzen offenbar machen. Dann wird jeder von Gott sein Lob erhalten. 1-5: Der Glaubensbote steht im Dienste Christi. Gottes Geheimnisse sind ihm zu treuen Händen anvertraut. Er darf also nie seine eigenen Ideen statt des göttlichen Wortes verkünden. Nur seinem göttlichen Herrn schuldet er Rechenschaft.

 

Hinweis auf die Demut. Dies aber, Brüder, habe ich auf mich selbst und auf Apollos angewendet um euretwillen. Lernet so an uns die Regel: Nicht über das hinaus, was geschrieben steht, damit keiner sich aufblähe auf Kosten des einen zugunsten des andern. 6: Die echten und darum einfachen Wahrheiten der Heiligen Schrift bieten uns bessere Gewähr als dieser oder jener vielgenannte Lehrer oder Modeschriftsteller. Wer gibt dir denn einen Vorzug? Was hast du denn, das du nicht empfangen hättest? Hast du es aber empfangen, was rühmst du dich, als hättest du es nicht empfangen? Schon gesättigt seid ihr! Schon reich geworden seid ihr! Ihr seid ohne uns zur Herrschaft gelangt! Ja, wäret ihr nur zur Herrschaft gelangt! Dann könnten wir auch mit euch herrschen. Wie mir scheint, hat Gott uns Apostel in die letzte Reihe gestellt, wie zum Tod Verurteilte. Denn ein Schauspiel sind wir der Welt geworden, den Engeln und Menschen. 10 Wir sind Toren um Christi willen; ihr seid ja klug in Christus! Wir sind schwach; ihr seid stark! Ihr seid hochgeehrt, wir sind verachtet. 11 Bis zur Stunde leiden wir Hunger und Durst und Blöße: wir werden mißhandelt und heimatlos umhergetrieben. 12 Wir müssen uns plagen mit unserer Hände Arbeit. Man flucht uns, und wir segnen; man verfolgt uns, und wir dulden. 13 Man lästert uns, und wir bitten. Wie Auswurf dieser Welt sind wir geworden, wie der allgemeine Abschaum bis zu dieser Stunde. 7-13: Den selbstgefälligen Nörglern stellt Paulus in bitterer Ironie das Bild der bescheidenen und schwergeprüften Glaubensboten gegenüber. Wo die wahre Größe zu finden ist, mögen die Leser selbst entscheiden.

 

Stellung des Apostels zur Gemeinde. 14 Ich schreibe das nicht, um euch zu beschämen, sondern um euch als meine geliebten Kinder zu ermahnen. 15 Denn wenn ihr zehntausend Lehrmeister hättet in Christus, so habt ihr doch nicht viele Väter. Denn in Christus Jesus bin ich durch die Heilsverkündigung euer Vater geworden. 16 So bitte ich euch denn: Werdet meine Nachahmer, [gleich wie ich Christi Nachahmer bin]. 17 Deshalb sende ich den Timotheus, meinen lieben und treuen Sohn im Herrn, zu euch; er wird euch meine Wege in Christus in Erinnerung bringen, so wie ich allenthalben in allen Gemeinden lehre. 18 Als ob ich nicht zu euch käme, so aufgeblasen sind einige geworden. 19 Ich werde, so Gott will, bald zu euch kommen. Dann will ich nicht die Rede der Aufgeblasenen, sondern ihre Kraft kennenlernen. 20 Denn nicht in Worten besteht das Reich Gottes, sondern in Kraft. 19-20: Gegenüber den heidnischen Großsprechern hat der bekehrte römische Rechtsanwalt Minucius Felix und ähnlich der heilige Cyprian von Carthago erklärt: „Wir sind Philosophen in Taten, nicht in Worten, tragen die Weisheit nicht im Mantel, sondern in der Wahrheit zur Schau. Das innere Bewußtsein der Tugend ist uns wichtiger als die Prahlerei damit. Unsere Größe zeigt sich im Leben, nicht im Reden.“ 21 Was wollt ihr? Soll ich mit der Rute zu euch kommen oder in Liebe und im Geiste der Milde?

 

Andere Übelstände

5 Strafurteil über einen Unzüchtigen. Hört man ja doch von Unzucht unter euch und gar von einer solchen Unzucht, dergleichen nicht einmal unter den Heiden vorkommt: nämlich daß einer das Weib seines Vaters hat. Und ihr seid aufgeblasen, anstatt daß ihr in Trauer geraten wäret, damit der Schuldige aus eurer Mitte entfernt würde. Nun — ich für meinen Teil bin zwar nicht leiblich, wohl aber im Geiste unter euch und habe mein Urteil über diesen, der sich so schwer vergangen hat, bereits gefällt, als wäre ich leiblich anwesend. Im Namen unseren Herrn Jesus Christus — im Geiste seid ihr und ich versammelt — mit der Vollmacht unseres Herrn Jesus soll ein solcher dem Satan übergeben werden zum Verderben des Fleisches, damit der Geist gerettet werde am Tage unseres Herrn [Jesus Christus]. 5: Die vom Teufel verursachten körperlichen Leiden sollen den Sünder zur Reue und dadurch zur Rettung der Seele führen. Nicht gut steht es um euer Rühmen. Wißt ihr nicht, daß ein wenig Sauerteig den ganzen Teig durchsäuert? 6: Der Blutschänder ist wie ein gefährlicher Bazillus in der Gemeinde. Feget aus den alten Sauerteig, damit ihr ein neuer Teig seiet. Ihr seid ja ungesäuerte Brote; denn unser Osterlamm, Christus, ist geschlachtet. So lasset uns denn Ostern halten nicht mit altem Sauerteig, nicht mit dem Sauerteig der Bosheit und Schlechtigkeit, sondern mit dem ungesäuerten der Lauterkeit und Wahrheit. In dem (vorigen) Briefe habe ich euch geschrieben: Habt keinen Umgang mit Unzüchtigen. 9: Dieser Brief ist uns nicht erhalten geblieben. 10 Ich meinte damit nicht allgemein die Unzüchtigen dieser Welt oder die Habsüchtigen oder Räuber oder Götzendiener; sonst müßtet ihr ja aus der Welt hinausgehen. 11 Nun aber schreibe ich euch: Ihr sollt keinen Umgang haben mit einem, der sich Bruder nennt und dabei ein Unzüchtiger oder ein Habsüchtiger oder Götzendiener oder Lästerer oder Trunkenbold oder ein Räuber ist; mit einem solchen sollt ihr nicht einmal zusammen essen. 11: Bloße Namenschristen schaden der Kirche am meisten. Übertriebene Toleranz gegen sie ist übel angebracht. 12 Denn was geht es mich an, die, welche draußen sind, zu richten? Richtet ihr nicht die, welche innerhalb der Gemeinde sind? 13 Denn die Außenstehenden wird Gott richten. Schafft den Bösen fort aus eurer Mitte!

 

6 Prozesse zwischen Christen vor heidnischen Gerichten. Wagt es jemand von euch, der einen Rechtshandel mit einem andern hat, denselben vor den Ungerechten entscheiden zu lassen und nicht vor den Heiligen? 1: Die Christen genossen damals ähnlich wie die Juden in gewissen Punkten die Vergünstigung eigener Gerichtsbarkeit. Um so schlechter wirkte es, wenn sie mit ihren Streitfragen vor die heidnischen Gerichte gingen. Vgl. Apg. 18,12-17. Oder wisset ihr nicht, daß die Heiligen über diese Welt Richter sein werden? Wenn die Welt durch euch gerichtet wird, seid ihr dann nicht würdig, über die geringfügigsten Dinge zu Gericht zu sitzen? Wißt ihr nicht, daß wir Engel richten werden? Um wieviel mehr weltliche Dinge! 3: Vgl. Dan 7,9 ff.; Weish 3,8; Mt 19,28; Lk 22,30. Wenn ihr nun weltliche Rechtshändel habt, so bestellt jene zu Richtern in der Gemeinde, die am wenigsten Ansehen haben. Zu eurer Beschämung muß ich das sagen. Also ist kein Weiser unter euch, auch nicht einer, der Schiedsrichter sein könnte zwischen Brüdern? Nein! Ein Bruder rechtet mit einem Bruder — und das vor Ungläubigen! Es ist überhaupt schon ein Fehler an euch, daß ihr Streitigkeiten miteinander habt. Warum erleidet ihr nicht lieber Unrecht? Warum laßt ihr euch nicht lieber übervorteilen? Statt dessen verübt ihr selber Unrecht und übervorteilt andere, sogar Brüder. Oder wisset ihr nicht, daß Ungerechte das Reich Gottes nicht erben werden? Täuschet euch nicht! Weder Unzüchtige noch Götzendiener, weder Ehebrecher noch Weichlinge, weder Knabenschänder 10 noch Diebe, weder Habsüchtige noch Trunkenbolde, weder Lästerer noch Räuber werden das Reich Gottes erben. 11 Und solche Menschen seid ihr, einige von euch, gewesen. Aber nun seid ihr abgewaschen, ja geheiligt, ja ihr seid gerechtfertigt im Namen unseres Herrn Jesus Christus und im Geiste unseres Gottes.

 

Warnung vor Unzucht. 12 Ihr sagt: Alles ist mir erlaubt. Wohl — aber nicht alles frommt. Alles ist mir erlaubt. Gut — aber ich soll mich von nichts beherrschen lassen. 12: Paulus zitiert Schlagworte korinthischer Schwärmer. Sie verwechselten die christliche Freiheit mit sittlicher Ungebundenheit und meinten, „den Reinen sei alles rein“, auch offensichtliche Unzucht. Sie verunreinige ebensowenig die Seele wie der Genuß der den Juden verbotenen Speisen. Der Christ begeht in Wirklichkeit durch die Unzucht einen Frevel gegen Christus (12-17) und schändet den eigenen Leib (18-20), 13 Die Speise ist für den Magen und der Magen für die Speise; Gott aber wird einmal beide vernichten. Jedoch der Leib ist nicht für die Unkeuschheit, sondern für den Herrn und der Herr für den Leib. 14 Gott hat aber nicht nur den Herrn auferweckt, sondern er wird auch uns durch seine Kraft auferwecken. 15 Wißt ihr nicht, daß eure Leiber Glieder Christi sind? Darf ich nun die Glieder Christi zu Gliedern einer Buhlerin machen? Das sei fern! 16 Oder wißt ihr nicht, daß, wer einer Buhlerin anhängt, ein Leib mit ihr wird? Denn es werden, heißt es, die zwei ein Leib sein (1 Mos 2,24). 17 Wer aber dem Herrn anhängt, ist ein Geist mit ihm. 18 Fliehet die Unkeuschheit! Jede (andere) Sünde, welche der Mensch begeht, bleibt außerhalb des Leibes; wer aber Unkeuschheit treibt, sündigt gegen den eigenen Leib. 19 Oder wißt ihr nicht, daß euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt, den ihr von Gott habt? Wißt ihr nicht, daß ihr nicht euch selbst gehört? 20 Denn um hohen Preis seid ihr erkauft. Verherrlichet Gott [und traget ihn] in eurem Leibe! 19-20: Nirgendwo wird auch dem Menschenleibe so hohe Würde zuerkannt wie in der Religion Jesu; aber sie treibt keinen Fleischeskult. Es gibt kein „Recht auf den Körper“, um ihn zur Sünde zu mißbrauchen.

 

Beantwortung der Anfragen

 

Ehe und Jungfräulichkeit

7 Rechte und Pflichten in der Ehe. Was die Frage betrifft, worüber ihr mir geschrieben habt, so wisset: Der Mann tut wohl daran, keine Frau zu berühren. Um jedoch Unkeuschheit zu verhüten, mag ein jeder Mann seine Frau und jede Frau ihren Mann haben. 1-2: Paulus gibt Antwort auf eine diesbezügliche Frage, will also weder den einzigen noch den höchsten Zweck der Ehe nennen, wenn er sie als das von Gott gegebene Mittel zur Stillung der starken Naturtriebe empfiehlt. Der Frau leiste der Mann die eheliche Pflicht, ebenso die Frau ihrem Mann. Die Frau hat keine Gewalt über ihren Leib, sondern der Mann; ebenso hat auch der Mann kein Recht über seinen Leib, sondern die Frau. Entziehet euch einander nicht, es sei denn mit gegenseitiger Einwilligung auf eine Zeitlang, um euch dem Gebete zu widmen. Dann kommet wieder zusammen, damit der Satan euch nicht versuche wegen eurer Unenthaltsamkeit. 3-5: Beide Gatten stehen sich mit gleichem Recht und gleicher Pflicht in diesem Punkte gegenüber. Kein Eheteil darf ohne Grund dem andern sein Recht verkürzen, aber ebensowenig etwas fordern, was gegen Gottes Gesetz und die Heiligkeit des Ehelebens verstößt.

 

Werte der Ehe und Ehelosigkeit. Ich meine das als Zugeständnis, nicht als Gebot. Ich wünschte nämlich, daß alle Menschen wären, wie ich bin. Aber ein jeder hat eben seine besondere Gnadengabe von Gott, der eine so, der andere anders. 7: Nicht nur die Berufung zur gottgeweihten Jungfräulichkeit, sondern auch zur Ehe ist eine Gnade. Den Unverheirateten und den Witwen sage ich: Es ist gut für sie, wenn sie bleiben wie ich. Wenn sie aber nicht die Kraft zur Enthaltsamkeit haben, so sollen sie heiraten, denn besser ist Heirat als steter Brand der Sinnlichkeit. 10 Den Verheirateten gebiete nicht ich, sondern der Herr, daß die Frau sich nicht vom Manne trenne. 11 Falls sie sich aber doch getrennt haben sollte, so bleibe sie unverheiratet oder versöhne sich mit dem Manne. Ebenso soll der Mann die Frau nicht verstoßen. 10-11: Die Unauflösbarkeit der Ehe ist also ein Gebot des Herrn und gilt für alle. Vgl. Mt 5,32; 19,3-11; Mk 10,4-12; Röm 7,1-3. Die Kirche kann daran nichts ändern, noch weniger der Staat..

 

Ehen zwischen Christen und Heiden. 12 Den übrigen aber sage ich, nicht der Herr: Wenn ein Mitbruder eine ungläubige Frau hat, und diese willigt ein, mit ihm zu leben, so entlasse er sie nicht. 13 Und wenn eine [gläubige] Frau einen ungläubigen Mann hat, und dieser willigt ein, mit ihr zusammenzuleben, so entlasse sie den Mann nicht. 14 Denn der ungläubige Mann ist durch die gläubige Frau geheiligt und ebenso die ungläubige Frau durch den gläubigen Mann, sonst wären ja eure Kinder unrein, nun aber sind sie heilig. 15 Wenn jedoch der Ungläubige sich trennen will, so mag er sich trennen. Denn in solchem Falle ist der Bruder oder die Schwester nicht gebunden, sondern zum Frieden hat uns Gott berufen. 16 Denn woher weißt du, Frau, ob du den Mann zum Heile führen wirst? Oder woher weißt du, Mann, ob du die Frau zum Heile führen wirst? 17 Nur wandle ein jeder so, wie es ihm der Herr zugeteilt, wie der Herr ihn berufen hat. Also verordne ich es in allen Gemeinden. 12-17: Bis heute gilt dieses „paulinische Privileg“ bei Ehen, die von zwei Ungetauften geschlossen wurden, wenn ein Ehegatte später christlich wird. 18 Ist einer als Beschnittener berufen, so suche er das nicht zu verbergen. Ist einer als Unbeschnittener berufen, so lasse er sich nicht beschneiden. 19 Weder auf Beschneidung kommt es an noch auf Unbeschnittensein, sondern auf die Beachtung der Gebote Gottes. 18-19: Die Rassenunterschiede sind nicht das Wesentliche in der Religion. 20 Ein jeder bleibe in dem Berufe, in welchem er berufen worden ist. 21 Bist du als Sklave berufen, mach dir keine Sorgen. Aber auch wenn du frei werden kannst, bleibe erst recht dabei. 22 Denn wer als Sklave im Herrn berufen ward, ist ein Freigelassener des Herrn. Ebenso, wer als Freier berufen ward, ist ein Sklave Christi. 23 Ihr seid teuer erkauft; werdet keine Menschenknechte. 24 Worin ein jeder berufen ist, Brüder, darin bleibe er bei Gott. 20-24: Andere Erklärer verstehen die Stelle im umgekehrten Sinne: Aber wenn du gar frei werden kannst, dann mache lieber Gebrauch von der Freiheit. Jedoch zeigt der Zusammenhang, daß nur die oben gegebene Übersetzung die richtige sein kann. Das Christentum wollte nicht die Massen der Sklaven unzufrieden machen und zur Revolution treiben. Es überwand die Sklaverei von innen heraus. Der Wert des Menschen ist unabhängig von seiner sozialen Stellung.

 

Vorzug der Jungfräulichkeit. 25 Betreffs der Jungfrauen habe ich kein Gebot vom Herrn. Einen Rat aber gebe ich als ein Mann, der durch die Gnade des Herrn Vertrauen verdient. 26 So meine ich denn, daß dieses gut sei bei der gegenwärtigen Bedrängnis, daß es nämlich gut für einen Menschen sei, also zu sein. 27 Bist du an eine Frau gebunden? — Suche keine Lösung. Bist du ledig, — Suche keine Frau. 28 Wenn du aber heiratest, so sündigst du nicht, und wenn die Jungfrau heiratet, so sündigt sie nicht. Bedrängnis des Fleisches werden sie jedoch haben. Und davon sähe ich euch gerne verschont. 29 Das sage ich euch, Brüder: Die Zeit drängt. Hinfort gilt es, daß die, welche Frauen haben, leben, als hätten sie keine; 30 und die, welche weinen, als weinten sie nicht; die, welche sich freuen, als freuten sie sich nicht; die, welche kaufen, als besäßen sie nichts; 31 und die, welche diese Welt genießen, als genössen sie dieselbe nicht; denn die Gestalt dieser Welt vergeht. 32 Ich wünsche aber, ihr möchtet ohne Sorge sein. Der Ehelose ist um das besorgt, was des Herrn ist; er möchte dem Herrn gefallen. 33 Der Verheiratete ist um das besorgt, was der Welt ist; er möchte seiner Frau gefallen. 34 So ist sein Herz geteilt. Die unverheiratete Frau und die Jungfrau ist auf das bedacht, was des Herrn ist; sie will an Leib und Seele heilig sein. Die Verheiratete aber ist auf das bedacht, was der Welt ist; sie will dem Manne gefallen. 35 Dies sage ich euch zu eurem Besten, nicht um eine Schlinge über euch zu werfen, sondern um die gute Sitte zu fördern und das unentwegte Ausharren beim Herrn. 32-35: Nicht um ein bequemeres Leben zu haben, soll einer die Jungfräulichkeit der Ehe vorziehen, sondern um in ungeteilter Hingabe Gott zu dienen und „an Leib und Seele heilig zu sein“. 36 Wenn aber jemand meint, es gereiche ihm zur Unehre, wenn seine Jungfrau über das blühende Alter hinaus ist, und wenn es so sein muß, so tue er, was er will; er sündigt nicht: sie mögen heiraten. 37 Wer aber in seinem Herzen festen Entschluß gefaßt hat, wer nicht genötigt ist, sondern Freiheit hat, nach seinem Willen zu handeln und sich dafür in seinem Herzen entschieden hat, seine Jungfrau (als Jungfrau) zu bewahren, der tut wohl daran. 38 Also, wer seine Jungfrau verheiratet, tut wohl: wer sie aber nicht verheiratet, tut besser. 36-38: Die Empfehlung des Jungfräulichkeitsideals brachte manchen Vater und Vormund in Verlegenheit, wie er es mit der Lebensgestaltung seines heiratsfähigen Mädchens halten sollte. Deshalb gibt Paulus darüber Auskunft.

 

Witwenstand. 39 Die Frau ist gebunden, solange ihr Mann lebt. Wenn aber ihr Mann entschlafen ist, so ist sie frei, sie heirate, wen sie will, doch geschehe es im Herrn. 40 Glücklicher aber wird sie sein, wenn sie so bleibt — nach meiner Ansicht; und ich meine doch auch den Geist Gottes zu haben.

 

Über den Genuß von Götzenopferfleisch

8 Der Genuß des Götzenopferfleisches ist an sich etwas Gleichgültiges. Was nun das Götzenopferfleisch betrifft, so haben wir ja alle hierin Erkenntnis. — Die (bloße) Erkenntnis bläht auf; die Liebe hingegen erbaut. Wenn aber jemand sich einbildet, etwas zu wissen, so hat er noch gar nicht erkannt, wie man erkennen soll. Wer aber Gott liebt, der ist erkannt von ihm. — Was also den Genuß des Götzenopferfleisches angeht, so wissen wir, daß ein Götze nichts in der Welt ist, und daß kein Gott ist als der Eine. — Wenn es auch wirklich sogenannte Götter geben mag, sei es im Himmel, sei es auf Erden — es gibt ja (bei den Heiden) viele Götter und viele Herren —, so haben wir doch nur einen Gott, den Vater, von dem alles kommt und für den wir da sind, und einen Herrn Jesus Christus, durch den alles ward und durch den wir sind.

 

Rücksicht auf die Schwachen. Allein nicht alle haben diese Erkenntnis; vielmehr einige, die ihre bisherige Gewöhnung an den Götzendienst noch nicht abgelegt haben, essen es als Götzenopfer, und ihr Gewissen wird, weil es schwach ist, dadurch befleckt. Speise gibt uns keinen Wert vor Gott. Denn bei ihm gewinnen wir nichts, wenn wir essen, und verlieren wir nichts, wenn wir nicht essen. Seht aber zu, daß diese eure Freiheit nicht etwa den Schwachen zum Anstoß werde. 10 Denn wenn jemand dich, der du die „Erkenntnis“ hast, beim Opfermahle sitzen sieht, wird nicht sein Gewissen, weil es schwach ist, aufgemuntert werden, Götzenopfer zu essen? 11 Und so geht durch deine „Erkenntnis“ der Schwache verloren, der Bruder, für den Christus gestorben ist. 12 Wenn ihr so gegen eure Brüder sündigt und ihr schwaches Gewissen verletzt, sündigt ihr gegen Christus. 13 Wenn daher eine Speise meinem Bruder Ärgernis gibt, will ich in Ewigkeit kein Fleisch essen, damit ich meinem Bruder nicht Anstoß gebe. 9-13: Eine in sich erlaubte Handlung kann durch die äußeren Umstände sündhaft werden. Das Christentum ist die Religion der Liebe, nicht des starren Rechts. 1 ff.: Ein Teil des den Götzen geopferten Fleisches wurde bei der Kultmahlzeit im Tempel gegessen, anderes kam zum Verkauf auf den Markt. Da die Christen als Minderheit unter den Heiden wohnten, ergaben sich daraus bei Einladungen leicht Gewissenszweifel.

 

9 Beispiel des Apostels. Seine Rechtsansprüche. Bin ich nicht frei? Bin ich nicht ein Apostel? Habe ich nicht [Christus] Jesus, unsern Herrn, gesehen? Seid ihr nicht mein Werk im Herrn? Wenn ich für andere kein Apostel bin, so bin ich es doch für euch. Denn das Siegel meines Apostelamtes seid ihr im Herrn. Dies ist meine Verteidigung gegen die, welche mich zur Rede stellen. Haben wir nicht das Recht, uns Essen und Trinken reichen zu lassen? Haben wir nicht das Recht, eine Frau als Schwester mit uns zu führen, wie auch die übrigen Apostel, die Brüder des Herrn und Kephas? 5: Mit der Frau oder Schwester meint der Apostel wohl eine ältere Christin, welche für die leiblichen Bedürfnisse der Apostel sorgte, wie einst auch Frauen den Herrn begleiteten und „ihm mit ihrem Vermögen dienten“ (Luk 8,3). Es ist also nicht an eine Ehefrau gedacht. Über die Brüder des Herrn vgl. Mt 12,46; Gal 1,19. Oder haben nur ich und Barnabas nicht das Recht, das Handwerk aufzugeben? Wer leistet denn Kriegsdienste auf eigene Kosten? Wer pflanzt einen Weinberg, ohne seine Frucht zu genießen? Wer weidet eine Herde und nährt sich nicht von ihrer Milch? Rede ich dies nur nach menschlichen Vernunftgründen? Oder sagt dies nicht auch das Gesetz? Denn im Gesetz des Moses steht geschrieben: Du sollst einem Ochsen beim Dreschen keinen Maulkorb anlegen (5 Mos 25,4). Kümmert sich Gott wohl um die Ochsen? 10 Oder sagt er das nicht vielmehr um unseretwillen? Ja, unseretwegen ist es geschrieben. In der Hoffnung soll der Pflüger pflügen, und der Drescher soll arbeiten in der Hoffnung, an der Frucht Anteil zu haben. 11 Wir haben euch das Geistige gesät; ist es da zuviel, wenn wir von euch Zeitliches ernten? 12 Wenn andere das Verfügungsrecht über euch genießen, warum nicht vielmehr wir? Aber wir haben von dieser Befugnis keinen Gebrauch gemacht, sondern wir ertragen alles, um nicht der Heilsbotschaft Christi ein Hindernis zu bereiten. 13 Wißt ihr nicht, daß die, welche im Heiligtum beschäftigt sind, vom Heiligtum auch leben? Daß die, welche dem Altare dienen, vom Altare auch ihren Anteil bekommen? 14 So hat auch der Herr verordnet, daß die, welche die Heilsbotschaft verkünden, von der Heilsverkündigung leben sollen.

 

Freiwilliger Verzicht auf die Rechtsansprüche. 15 Ich habe davon keinerlei Gebrauch gemacht. Doch schreibe ich das nicht, damit es künftig so mit mir gehalten werde; denn lieber will ich sterben, als — nein, meinen Ruhm soll mir keiner rauben! 16 Wenn ich nämlich predige, gereicht mir das noch nicht zum Ruhme. Das ist meine Pflicht und Schuldigkeit, wehe mir, wenn ich die Heilsbotschaft nicht verkünden würde! 17 Denn wenn ich meine Arbeit aus freien Stücken tue, so habe ich Anspruch auf Lohn; tue ich sie aber unfreiwillig, so ist es nur ein Verwalteramt, das mir übertragen wurde. 16-17: In der Art seiner Berufung zum Apostelamt sieht Paulus eine Verpflichtung zu höheren Leistungen. 18 Worin besteht also mein Verdienst? Darin, daß ich die Heilsbotschaft unentgeltlich verkünde und dadurch von meinem Rechte keinen Gebrauch mache, das ich hätte auf Grund der Heilsverkündigung. 19 Denn obwohl ich unabhängig von allen war, habe mich doch zum Knechte aller gemacht, um recht viele zu gewinnen. 20 Den Juden bin ich wie ein Jude geworden, um Juden zu gewinnen. Denen, die unter dem Gesetze sind, ward ich, als wäre ich unter dem Gesetz, obwohl ich nicht unter dem Gesetze bin, um die zu gewinnen, welche unter dem Gesetze sind. 21 Denen, welche ohne Gesetz sind, bin ich wie einer der ihrigen geworden, obwohl ich nicht ohne Gesetz Gottes, sondern unter dem Gesetze Christi bin, um sie, die Gesetzlosen, zu gewinnen. 22 Den Schwachen bin ich ein Schwacher geworden, um die Schwachen zu gewinnen. Allen bin ich alles geworden, um auf jeden Fall etliche zu retten. 22: Als erfahrener Menschenkenner weiß der Apostel, daß er nicht alle zu retten vermag: aber er bietet alles auf, um wenigstens etliche zum Heil zu führen. 23 Das alles tue ich um der Heilsbotschaft willen, auf daß ich ihrer mit teilhaftig werde.

 

Der Wettkampf des Lebens. 24 Wißt ihr nicht, daß die Läufer in den Rennbahnen zwar alle laufen, daß aber nur einer den Preis gewinnt? Laufet so, daß ihr ihn erlanget. 25 Wer im Wettkampf ringt, enthält sich von allem. Jene tun das, um einen vergänglichen Kranz zu gewinnen, wir aber einen unvergänglichen. 26 So laufe auch ich nicht wie ins Blaue hinein; so kämpfe auch ich nicht wie einer, der Lufthiebe macht. 27 Vielmehr züchtige ich meinen Leib und mache ihn mir untertan, um nicht, während ich andern Herold war, selber dazustehen wie einer, der die Prüfung nicht bestand. 24-27: Um die Berufung zum Christentum ist es etwas bitter Ernstes. Der Name allein tut es nicht, noch genügen fromme Stimmungen.

 

10 Die Geschichte als Lehrmeisterin. Ich will euch nicht in Unkenntnis darüber lassen, Brüder, daß unsere Väter alle unter der Wolke waren und alle durch das Meer hindurchgingen und alle auf Moses in der Wolke und im Meere getauft wurden und alle dieselbe geistige Speise aßen und alle denselben geistigen Trank tranken; sie tranken nämlich aus einem geistigen Felsen, der sie begleitete — dieser Fels war Christus. Trotzdem hatte Gott an der Mehrzahl von ihnen kein Wohlgefallen; denn sie wurden niedergestreckt in der Wüste. Dies ist uns zum Vorbild geschehen. Es soll uns eine Warnung sein. Wir sollen nicht auch wie jene die Begierlichkeit zum Bösen in uns aufkommen lassen. Werdet auch nicht Götzendiener wie manche aus ihnen. Denn die Schrift sagt: Das Volk setzte sich, um zu essen und zu trinken, und stand dann auf, um zu tanzen (2 Mos 32,6). Laßt uns auch nicht Unkeuschheit treiben, wie einige von ihnen Unkeuschheit trieben; und es fielen an einem Tage dreiundzwanzigtausend. Laßt uns auch Christus nicht versuchen, wie etliche von ihnen es taten, die dafür durch die Schlangen umkamen. 10 Auch murret nicht, wie einige von ihnen murrten, die durch den Würgengel zugrunde gingen. 11 All das widerfuhr ihnen, uns zum Vorbilde. Es ist zur Warnung geschrieben für uns, zu denen das Ziel und Ende der Weltzeiten gekommen ist. 12 Wer also zu stehen glaubt, der sehe zu, daß er nicht falle. 13 Es hat euch bisher nur menschliche Versuchung betroffen. Gott ist treu, er läßt euch nicht über eure Kräfte versucht werden, sondern wird mit der Versuchung auch den Ausweg schaffen, der euch das Aushalten ermöglicht. 1-13: Die Geschichte Israels lehrt die Christen, daß die bloße Zugehörigkeit zum auserwählten Volke das Heil noch nicht sichert, auch im Neuen Bunde nicht.

 

Teilnahme an Götzenopfern. 14 Deshalb, Geliebte, fliehet vor dem Götzendienst. 15 Ich rede wie zu Verständigen, beurteilt denn selbst, was ich sage. 16 Der geweihte Kelch, den wir segnen, ist er nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Und das Brot, das wir brechen, ist es nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi? 17 Denn weil es ein einziges Brot ist, so sind wir trotz unserer Vielheit ein einziger Leib, wir alle teilen uns ja in das eine Brot. 18 Sehet auf die Israeliten nach dem Fleische! Haben nicht die, welche die Opfer essen, teil an dem Altare? 19 Was sage ich damit? Daß das Götzenopfer etwas sei? Oder daß ein Götze etwas sei? 20 Nein! Sondern, was die Heiden opfern, das opfern sie den bösen Geistern und nicht Gott. Ich will aber nicht, daß ihr Gemeinschaft habt mit den bösen Geistern. 21 Ihr könnt nicht den Kelch des Herrn trinken und den Kelch der bösen Geister. Ihr könnt nicht am Tische des Herrn teilnehmen und am Tische der bösen Geister. 16-21: Die hier dargelegten Wirkungen des eucharistischen Brotes und Weines beweisen klar den Glauben der Urkirche an die wahre Gegenwart des Leibes und Blutes Christi unter den Gestalten von Brot und Wein. 22 Oder wollen wir den Herrn herausfordern? Sind wir etwa stärker als er?

 

23 „Alles ist mir erlaubt.“ Wohl, aber nicht alles frommt. „Alles ist mir erlaubt.“ — Aber nicht alles erbaut. 24 Keiner suche den eigenen Vorteil, sondern den des Nächsten. 24: Der Satz: „Gemeinnutz geht vor Eigennutz“ war also schon den ersten Christen bekannt. Vgl. Vers 33; Röm 15,2. 25 Alles, was auf dem Fleischmarkte verkauft wird, das esset, ohne um des Gewissens willen ängstlich nachzuforschen. 26 Des Herrn ist die Erde und alles, was sie erfüllt (Ps 24,1). 27 Wenn euch ein Ungläubiger einladet und ihr euch entschließt, hinzugehen, so esset alles, was euch vorgesetzt wird, ohne um des Gewissens willen nachzuforschen. 28 Sagt aber einer: Dies ist Opferfleisch, dann esset nicht, um dessentwillen, der es gesagt hat, und um des Gewissens willen. 29 Aber nicht dein Gewissen meine ich, sondern das des andern. Warum denn soll ich meine Freiheit von einem fremden Gewissen richten lassen? 30 Wenn ich mit Danksagung etwas genieße, warum soll ich mich lästern lassen wegen dessen, wofür ich Danke sage? 31 Ihr möget also essen oder trinken oder sonst etwa tun, tut alles zur Ehre Gottes. 32 Gebt kein Ärgernis, weder Juden noch Heiden, noch der Kirche Gottes, 33 so wie auch ich allen in allem zu Gefallen bin und nicht meinen Vorteil, sondern den Nutzen der vielen suche, damit sie selig werden. 25-33: Nach der vorausgehenden Erörterung gibt der Apostel nun praktische Anweisungen über den Genuß von Götzenopferfleisch.

 

11 Seid meine Nachahmer, wie ich Christi Nachahmer bin.

 

Über die gottesdienstlichen Versammlungen

Die Frauen beim Gottesdienste. Ich lobe euch, Brüder, daß ihr in allem meiner eingedenk seid und meine Vorschriften haltet, wie ich sie euch überliefert habe. Ihr müßt wissen, daß das Haupt eines jeden Mannes Christus ist; das Haupt der Frau aber ist der Mann, Christi Haupt endlich ist Gott. Jeder Mann, der mit verhülltem Haupte betet oder prophetisch redet, entehrt sein Haupt. Jede Frau aber, die mit unverhülltem Haupte betet oder prophetisch redet, entehrt ihr Haupt; denn es ist geradeso, als wäre sie geschoren. Denn wenn eine Frau sich nicht verhüllt, so mag sie sich gleich auch die Haare abschneiden lassen; gilt es aber für eine Frau als Schande, sich die Haare abschneiden oder kahlscheren zu lassen, so verhülle sie ihr Haupt. Der Mann dagegen soll das Haupt nicht verschleiern; denn er ist das Ebenbild und der Abglanz Gottes; die Frau aber ist des Mannes Abglanz. Denn der Mann stammt nicht von der Frau, sondern die Frau vom Manne. Auch ist der Mann nicht der Frau wegen geschaffen, sondern die Frau des Mannes wegen. 10 Deshalb soll die Frau ein Machtzeichen auf dem Haupte haben um der Engel willen. 11 Jedoch ist weder der Mann ohne die Frau noch die Frau ohne den Mann im Herrn. 12 Wie nämlich die (erste) Frau vom Manne stammt, so ist (seither) der Mann durch die Frau; alles aber kommt von Gott. 13 Urteilt selbst: Ist es schicklich, daß eine Frau unverschleiert zu Gott bete? 14 Lehrt euch nicht die Natur selbst, daß einem Manne langes Haar zur Unehre gereicht, 15 wenn aber die Frau langes Haar trägt, es ihr eine Zierde ist? Die Haare sind ihr ja zum Schleier gegeben. 16 Wenn jedoch einer glaubt, streitsüchtig auf seiner Meinung bestehen zu müssen, der wisse: Wir haben einen solchen Brauch nicht und auch nicht die Gemeinden Gottes. 2-16: Korinthische Frauen zogen aus der christlichen Lehre von der Gleichberechtigung beider Geschlechter vor Gott falsche Schlüsse und wollten nun auch äußerlich wie die Männer auftreten, indem sie keinen Schleier mehr trugen. Dieser Bruch mit alter Sitte und Gewohnheit brachte Verwirrung beim Gottesdienst und gefährdete den guten Namen der Christen, weil damals die ehrlosen Frauen ohne Schleier aufzutreten pflegten. Deshalb erteilt Paulus auf die diesbezügliche Anfrage eine so entschiedene Antwort. Von Minderbewertung der Frau ist dabei keine Rede. Ist doch gerade der Schleier ein tiefes Symbol echten und reinen Frauentums.

 

Feier des Abendmahles. 17 Die folgende Anordnung treffe ich, ohne euch loben zu können, weil ihr nicht zum Wohl, sondern zum Schaden zusammenkommt. 18 Fürs erste höre ich, daß bei euren Gemeindeversammlungen Spaltungen unter euch seien und teilweise glaube ich es. 19 Es muß ja Spaltungen geben, damit die Bewährten unter euch offenbar werden. 20 Bei euren Zusammenkünften heißt es nicht mehr, des Herrn Abendmahl halten. 21 Nimmt doch ein jeder sein eigenes Mahl beim Essen vorweg; der eine hungert, während der andere betrunken ist. 22 Habt ihr denn nicht eure Häuser zum Essen und Trinken? Oder verachtet ihr die Kirche Gottes und beschämt die, welche nichts haben? Was soll ich euch sagen? Soll ich euch loben? Hierin kann ich euch nicht loben. 17-22: Mit der Feier der eucharistischen Geheimnisse pflegte die Urkirche ein Liebesmahl (Agape) zu verbinden. Es war Ausdruck des liebenden Familiengeistes und bot Gelegenheit zur Unterstützung der Armen. In Korinth waren schlimme Mißstände dabei eingerissen. 23 Denn ich habe vom Herrn empfangen, was ich euch auch überliefert habe: In der Nacht, in welcher er verraten wurde, nahm der Herr Jesus Brot, 24 dankte, brach es und sprach: [Nehmet hin und esset,] das ist mein Leib, der für euch [hingegeben wird]. Tut dies zu meinem Andenken. 25 Auf gleiche Weise nahm er nach dem Mahle den Kelch und sprach: Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blute. So oft ihr trinket, tut es zu meinem Andenken. 25: Das im Kelche enthaltene Blut ist Christi Blut, wodurch der Neue Bund geschlossen wird, wie auch der Alte Bund mit Opferblut geschlossen worden ist. (2 Mos 24,8). 26 So oft ihr nämlich dieses Brot esset und diesen Kelch trinket, verkündet ihr den Tod des Herrn, bis er kommt. 27 Wer daher unwürdig das Brot ißt oder den Kelch des Herrn trinkt, der ist schuldig des Leibes und Blutes des Herrn. 27: Wer das Brot oder den Kelch unwürdig empfängt, ist nach den Worten des Apostels schuldig des Leibes und Blutes Christi; daraus folgt, daß unter jeder der beiden Gestalten der ganze Christus gegenwärtig ist und der Genuß unter einer Gestalt genügt. 23-27: Dem Zerrbild der korinthischen Eucharistiefeier stellte Paulus das heilige Urbild des Herrenmahls gegenüber.

 

Unwürdiger Empfang. 28 Darum prüfe jeder sich selbst, und so esse er von dem Brote und trinke von dem Kelche. 29 Denn wer [unwürdig] ißt und trinkt, ißt und trinkt sich das Gericht, da er den Leib [des Herrn] nicht unterscheidet. 30 Darum sind unter euch so viele Schwache und Kranke, und viele sind entschlafen. 31 Wenn wir uns aber selbst richteten, so würden wir nicht gerichtet werden. 32 Wenn wir aber gerichtet werden, so werden wir vom Herrn gezüchtigt, damit wir nicht mit der Welt verdammt werden. 33 Deshalb, meine Brüder, wenn ihr zum Mahle zusammenkommt, so wartet aufeinander. 34 Ist aber jemand hungrig, so esse er zu Hause, damit eure Versammlung euch nicht zum Strafgerichte wird. Das übrige will ich anordnen, wenn ich komme. 34: Das Nüchternheitsgebot vor Empfang der heiligen Kommunion galt damals noch nicht.

 

Über die Geistesgaben

12 Ursprung und Nutzen. Über die Geistesgaben will ich euch, Brüder, nicht im unklaren lassen. 1 Unter Geistesgaben oder Charismen versteht man außerordentliche übernatürliche Gnadengeschenke des Heiligen Geistes, die einzelnen Gläubigen zum Nutzen anderer und zur Erbauung des mystischen Leibes Christi verliehen werden. Sie traten in der Urkirche besonders stark in Erscheinung. Unklare Begriffe darüber und Überschätzung einzelner Gaben aus Sensationslust brachten Unordnung in den Gottesdienst. Ihr wisset, als ihr Heiden waret, ließet ihr euch willenlos zu den stummen Götzen hinziehen. Darum tue ich euch kund: Keiner, der im Geiste Gottes redet, flucht Jesus. Ebenso kann niemand sagen: Herr Jesus, außer im Heiligen Geiste. 3: Gläubiges Bekenntnis Christi oder Christushaß sind die besten Kennzeichen echter oder unechter Geistesgaben. Es gibt verschiedene Gnadengaben, aber es ist derselbe Geist. Verschieden sind die Ämter, aber es ist derselbe Herr. Verschieden sind die Wunderwirkungen; aber es ist derselbe Gott, der alles in allem wirket. Jedem aber wird die Offenbarung des Geistes zum (allgemeinen) Nutzen gegeben. Dem einen wird durch den Geist das Wort der Weisheit verliehen, einem andern das Wort der Wissenschaft nach demselben Geiste. Einem dritten Glauben in demselben Geist; einem andern die Gnadengabe zu Heilungen in dem einen Geiste. 10 Diesem die Gabe, Wunder zu wirken, jenem die Prophetengabe, einem andern die Unterscheidung der Geister, diesem mancherlei Sprachengabe, jenem die Auslegung solcher Sprachen. 11 All dies bewirkt ein und derselbe Geist, der einem jeden nach seiner Art zuteilt, wie er will.

 

Die Gläubigen sind Glieder des Leibes Christi. 12 Wie nämlich der Leib einer ist und doch viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obgleich ihrer viele sind, doch einen Leib bilden, also auch Christus. 13 Denn in einem Geiste sind wir alle zu einem Leibe getauft, ob Juden oder Heiden, ob Sklaven oder Freie; und alle sind wir mit einem Geiste getränkt. 14 Denn auch der Leib besteht nicht aus einem Glied, sondern aus vielen. 15 Wenn der Fuß sagte: Weil ich nicht Hand bin, gehöre ich nicht zum Leibe, so gehörte er darum doch zum Leibe. 16 Und wenn das Ohr sagte: Weil ich nicht Auge bin, gehöre ich nicht zum Leibe, so gehört es darum doch zum Leibe. 17 Wenn der ganze Leib Auge wäre, wo wäre das Gehör? Wenn der ganze Leib Gehör wäre, wo wäre der Geruch? 18 So aber hat Gott ein jedes der Glieder am Leibe angebracht, wie er wollte. 19 Wenn alles nur ein Glied wäre, wo wäre da der Leib? 20 Nun aber sind es viele Glieder, jedoch nur ein Leib. 21 Es kann aber das Auge nicht zur Hand sagen: Ich bedarf deiner Dienste nicht, oder das Haupt zu den Füßen: Ich brauche euch nicht. 22 Nein; vielmehr sind diejenigen Glieder des Leibes, welche die schwächeren zu sein scheinen, besonders notwendig. 23 Jene, die als weniger ehrbar gelten, umkleiden wir mit reichlicherem Schmucke, und was an uns unanständig ist, wird mit um so mehr Anstand behütet; 24 die anständigen Teile brauchen das nicht. Gott hat den Leib so eingerichtet, daß er demjenigen mehr Ehre zuteil werden ließ, welchem es daran gebrach, 25 damit es keine Unordnung am Leibe gebe, sondern die Glieder einmütig füreinander Sorge trügen. 26 Wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit; wenn ein Glied ausgezeichnet wird, so freuen sich alle mit. 12-26: Wie es sinnlos wäre, wenn alle Glieder am Menschenleibe die gleiche Stellung und Aufgabe hätten, so haben die mit weniger auffälligen Geistesgaben ausgerüsteten Gläubigen keinen Grund, sich zurückgesetzt zu fühlen. Die Inhaber der vielbegehrten Gaben dürfen ebensowenig verächtlich auf die anderen herabschauen. Alle sollen miteinander und füreinander wirken. 27 Ihr aber seid Christi Leib, einzeln genommen dessen Glieder. 28 Und zwar hat Gott die einzelnen in der Kirche bestimmt, teils zu Aposteln, teils zu Propheten, zu Lehrern, dann für Wundertaten, dann für Krankenheilungen, für Hilfeleistungen, für Verwaltungen, für verschiedene Arten von Sprachengaben [und Auslegungen]. 29 Es sind doch nicht alle Apostel? Doch nicht alle Propheten? Doch nicht alle Lehrer? Haben etwa alle Wunderkräfte? 30 Alle die Gabe zu heilen? Reden alle in Sprachen? Haben alle die Gabe der Auslegung? 27-30: Die Lehre von der mystischen Einheit aller Gläubigen mit Christus von unserem Sein und Wirken in Christus und durch Christus, gehört zu den Lieblingsgedanken des Apostels. Die Kirche ist der mystische Leib Christi, Christus das Haupt. Also ist die Kirche keine bloße Organisation von Menschen, sondern ein göttlich-menschlicher Organismus. 31a Bemühet euch eifrig um die besseren Gaben. 31b Doch noch einen vorzüglicheren Weg will ich euch weisen.

 

13 Das Hohelied der Liebe. Wenn ich mit Menschen‑, ja mit Engelszungen redete, hätte aber die Liebe nicht, so wäre ich wie ein tönendes Erz und eine klingende Schelle. Hätte ich die Prophetengabe, wüßte ich alle Geheimnisse und besäße alle Erkenntnis, hätte ich alle Glaubenskraft, so daß ich Berge versetzen könnte, fehlte mir aber die Liebe, so wäre ich nichts. Wenn ich alle meine Habe den Armen zur Speise austeilte, und wenn ich meinen Leib zum Verbrennen hingäbe, hätte aber die Liebe nicht, so nützte es mir nichts. Die Liebe ist langmütig, gütig ist die Liebe; die Liebe ist nicht eifersüchtig, sie prahlt nicht und bläht sich nicht auf. Sie handelt nicht taktlos, sucht nicht das Ihrige; sie läßt sich nicht erbittern, sie trägt das Böse nicht nach. Sie freut sich nicht über das Unrecht, freut sich vielmehr mit der Wahrheit. Sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie hält alles aus. 7: Statt „sie erträgt alles“ kann es auch heißen „sie deckt alles zu“, aber nicht aus Schwäche, wie es zuweilen mit dem Ausdruck bezeichnet wird: „Alles mit dem Mantel der Liebe zudecken.“ Die Liebe hört nie auf. Die Prophetengaben verschwinden; die Sprachengaben hören auf; Erkenntnis wird ein Ende nehmen. Denn Stückwerk ist unser Wissen, und unsere Prophetengabe ist Stückwerk. 10 Wenn das Vollkommene erscheint, wird das, was Stückwerk ist, abgetan werden. 11 Als ich ein Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte wie ein Kind, urteilte wie ein Kind; als ich aber Mann ward, legte ich das kindische Wesen ab. 12 Jetzt sehen wir nur wie durch einen Spiegel in Rätseln, dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt ist mein Erkennen Stückwerk; dann aber werde ich erkennen, wie auch ich erkannt bin. 13 Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; das größte aber unter ihnen ist die Liebe. 13: Denn die Liebe dauert im Himmel fort; dagegen geht der Glaube über ins Schauen, die Hoffnung in den Besitz. 1-13: Dieses Hohelied der Liehe zählt zu den kostbarsten Perlen aller religiösen Literatur. Die erste Strophe (1-3) preist den unersetzlichen Wert der Liebe in dreifachem Vergleich mit den Geistesgaben. In der zweiten Strophe werden die Eigenschaften der Liebe genannt (4-7). Die dritte Strophe gilt dem besonderen Vorzug der Liebe: ihrer Unvergänglichkeit (8-13).

 

14 Über den Wert der Sprachengabe und Prophetengabe. Strebet nach der Liebe! Wenn ihr dann noch Geistesgaben begehrt, so vorzüglich die Prophetengabe. Denn wer „in Sprachen redet“, redet nicht für Menschen, sondern für Gott, ihn versteht ja niemand, er redet im Geiste Geheimnisse. Wer dagegen prophetisch redet, redet für Menschen zur Erbauung, Ermahnung und Tröstung. 1-3: Unter den wunderbaren Gaben, womit Gott den Eifer der ersten Christen belohnte, ragen besonders die Sprachengabe und Prophetengabe hervor. Das „Reden in Sprachen“ war eine Verzückung, ein wunderbares Reden mit Gott in einer Sprache, welche die Zuhörer nicht verstanden. Die „Prophetengabe“ war ebenfalls ein gotterleuchtetes, begeistertes Sprechen, welches aber für die Zuhörer verständlich war und darum zur allgemeinen Erbauung, Ermahnung und Tröstung gereichte. Wer „in Sprachen redet“, erbaut sich selber; wer aber prophetisch redet, erbaut die Gemeinde [Gottes]. Ich wünsche zwar, daß ihr alle in Sprachen redet, noch lieber aber, daß ihr prophetisch redet. Denn der Prophet steht über dem Sprachenredner, es sei denn, daß dieser zugleich auslegt, damit die Gemeinde erbaut wird. Nun denn, Brüder, wenn ich als Sprachenredner zu euch käme, was würde ich euch nützen, wenn ich nicht zu euch redete in Offenbarung oder Erkenntnis oder Prophezeiung oder Belehrung? Schon bei leblosen Instrumenten, die einen Ton geben, wie Flöte oder Zither, ist es so. Wenn sie nicht bestimmt unterschiedene Töne geben, wie sollte man doch das Geblasene oder Gespielte erkennen? Ebenso, wenn die Trompete einen unbestimmten Ton gibt, wer wird dann zur Schlacht rüsten? So ist es auch bei euch. Wenn ihr mittels der Sprachengabe nicht eine wohlverständliche Rede hervorbringet, wie wird man das Gesprochene verstehen? Ihr werdet in den Wind reden. 10 Soviel Arten von Sprachen sind wohl in der Welt, und keine ist zur Verständigung ungeeignet. 11 Wenn ich aber den Sinn der Sprache nicht kenne, so werde ich dem Redenden ein Fremdling sein, und der Redende ist für mich ein Fremdling. 12 So ist es auch bei euch. Da ihr euch also um die Geistesgaben bemüht, so trachtet danach, solche in Fülle zu haben, welche zur Erbauung der Gemeinde dienen. 12: Immer wieder betont der Apostel, daß beim Gottesdienst der Gemeinde in erster Linie der Nutzen der Gesamtheit zu erstreben ist, nicht bloß private Ergriffenheit. Liturgie ist Gemeinschaftsdienst vor Gott. 13 Wer daher „in Sprachen redet“, der bitte um die Gabe der Auslegung. 14 Denn wenn ich „in Sprachen bete“, so betet zwar mein Geist, aber mein Verstand bleibt ohne Frucht. 15 Was folgt daraus? Ich will mit dem Geiste beten, aber ich will auch mit dem Verstande beten; ich will singen mit dem Geiste, aber ich will auch mit dem Verstande singen. 16 Sonst, wenn du mit dem Geiste lobpreisest, wie soll der unkundige Laie zu deiner Lobpreisung das Amen sagen? Er weiß ja nicht, was du sagst. 17 Du sprichst zwar ein schönes Dankgebet; aber der andere wird nicht erbaut. 18 Ich danke Gott, daß ich mehr die Sprachengabe besitze als ihr alle. 19 Aber in der Gemeinde will ich lieber fünf Worte mit einem Verstande reden, um auch andere zu belehren, als zehntausend Worte „in Sprachen“. 20 Brüder, seid keine Kinder im Denken. In der Bosheit seid kleine Kinder, im Urteil aber Erwachsene. 21 Im Gesetz steht geschrieben: In fremden Sprachen und mit fremden Lippen will ich zu diesem Volke reden; aber auch so werden sie mir kein Gehör schenken, spricht der Herr (Is 28,11). 21: Den übermütigen Spöttern drohte Gott im Alten Bund seine Strafe in der Sprache der Feinde an, aber umsonst. So wird der Unglaube durch die Sprachengabe bestärkt: den Gläubigen aber ist solch ein Zeichen nicht nötig. 22 Demnach ist die Sprachengabe zum Zeichen nicht für die Gläubigen, sondern für die Ungläubigen; die Prophetengabe aber nicht für die Ungläubigen, sondern für die Gläubigen. 23 Wenn also die ganze Gemeinde sich versammelt und alle „in Sprachen reden“, und es kommen dann Nichteingeweihte oder Ungläubige hinein, werden sie nicht sagen, daß ihr von Sinnen seid? 24 Wenn aber alle prophetisch reden, und es kommt ein Ungläubiger oder Nichteingeweihter dazu, so wird er von allen überführt, von allen beurteilt, 25 das Verborgene seines Herzens wird offenbar; er wird niederfallen auf sein Angesicht, wird Gott anbeten und bekennen: Wahrhaftig, Gott ist unter euch!

 

Vorschriften über die richtige Anwendung der Geistesgaben. 26 Was ist also zu tun, Brüder? Wenn ihr zusammenkommt, hat jeder einen Psalm oder eine Lehre oder eine Offenbarung oder die Sprachengabe oder die Auslegung; da gilt: Alles geschehe zur Erbauung. 27 Redet jemand „in Sprachen“, so sollen es nur zwei tun oder höchstens drei, und zwar nacheinander, und einer gebe die Auslegung. 28 Ist aber kein Ausleger da, so schweige jener in der Versammlung; er rede mit sich und Gott. 29 Propheten mögen zwei oder drei sprechen, und die übrigen mögen es beurteilen. 30 Wenn aber einem andern, der noch dasitzt, eine Offenbarung zuteil wird, so soll der erste schweigen. 31 Denn ihr könnt alle der Reihe nach prophetisch reden, damit alle lernen und alle ermahnt werden. 32 Und Prophetengeister sind Propheten untertan. 33 Denn Gott ist nicht ein Gott der Unordnung, sondern des Friedens. So soll es gelten in allen Gemeinden der Heiligen. 26-33: Während heute mit allen Mitteln versucht werden muß, die Laien zum aktiven Anteil am Gemeindegottesdienst zu bringen, mußten der Begeisterung der ersten Christen straffe Zügel durch Vorschriften angelegt werden, wie sie Paulus hier gibt.

 

34 Die Frauen sollen in den Versammlungen schweigen. Denn es ist ihnen nicht gestattet zu reden, sondern sie sollen sich unterordnen, wie auch das Gesetz sagt. 35 Wollen sie aber sich über etwas unterweisen lassen, so mögen sie zu Hause ihre Männer fragen; denn es steht der Frau übel an, in der Gemeindeversammlung zu reden. 36 Oder ist etwa von euch Gottes Wort ausgegangen? Oder ist es zu euch allen gekommen? 34-36: Die Frauen dürfen und sollen sich aktiv am Gottesdienst beteiligen (vgl. 11,5-16). Nicht darauf bezieht sich das Schweigegebot. Aber das endlose Disputieren (vgl. 14,29-33) und ungezügelte Fragestellen sowie das amtliche Lehren, das „Reden von der Kanzel herab“ beim allgemeinen Gottesdienst verwehrt Paulus den Frauen, weil es dem Feinsten und Tiefsten in der Frauenseele widerstreitet und zugleich Störung hervorruft. 37 Wenn jemand meint, Prophet zu sein oder eine andere Geistesgabe zu besitzen, so anerkenne er, daß dies, was ich euch schreibe, ein Gebot des Herrn ist. 38 Wer es aber nicht anerkennt, der wird auch nicht anerkannt werden. 39 Also, meine Brüder, strebt nach der Prophetengabe, und das Sprachenreden hindert. 40 Alles aber geschehe mit Anstand und Ordnung.

 

Die Auferstehung Christi und unsere Auferstehung

15 Tatsache der Auferstehung des Herrn. Ich mache euch, Brüder, aufmerksam auf die Heilsbotschaft, die ich euch verkündet habe. Ihr habt sie angenommen, ihr steht in ihr fest. Durch sie werdet ihr gerettet, wenn ihr sie genauso festhaltet, wie ich sie euch verkündet habe. Sonst hättet ihr ja vergebens geglaubt. Ich habe euch nämlich vor allem vorgetragen, was ich auch selber überkommen habe, nämlich, daß Christus für unsere Sünden gestorben ist gemäß der Schrift, daß er begraben worden und am dritten Tage wieder auferstanden ist gemäß der Schrift, daß er dem Kephas erschienen ist und danach den Zwölfen. Hierauf ist er mehr als fünfhundert Brüdern auf einmal erschienen, von denen die Mehrzahl jetzt noch am Leben ist, während einige entschlafen sind. Weiter ist er dem Jakobus erschienen, dann sämtlichen Aposteln. Zuletzt von allen ist er auch mir erschienen, der ich doch gleichsam eine Mißgeburt bin. Denn ich, ich bin der geringste unter den Aposteln, nicht wert, Apostel zu heißen, weil ich die Kirche Gottes verfolgt habe. 10 Durch die Gnade Gottes bin ich, was ich bin, und seine mir geschenkte Gnade ist nicht unwirksam gewesen, sondern ich habe mehr als sie alle gearbeitet, doch nicht ich, sondern die Gnade Gottes mit mir. 11 Ob ich oder sie — also predigen wir, und also habt ihr geglaubt. 1-11: Der Bericht des Apostels über die Auferstehung Jesu ist keine Legende oder Privatmeinung, sondern ein durch viele Zeugen erhärteter Beweis für einen geschichtlichen Vorgang der jüngsten Vergangenheit, ein Hauptstück des urchristlichen Glaubensbekenntnisses.

 

Bedeutung der Auferstehung Christi für uns. 12 Wenn aber gepredigt wird, daß Christus von den Toten auferstanden ist, wie behaupten dann einige von euch: Es gibt keine Auferstehung der Toten? 13 Gibt es aber keine Auferstehung der Toten, so ist auch Christus nicht auferstanden. 14 Wenn aber Christus nicht auferstanden ist, so ist unsere Predigt ohne Sinn, ohne Sinn auch euer Glaube. 15 Dann sind wir als falsche Zeugen Gottes befunden, weil wir gegen Gott bezeugt haben, daß er Christus auferweckt habe, den er nicht auferweckt hat, wenn nämlich Tote nicht auferstehen. 16 Denn wenn Tote nicht auferstehen, so ist auch Christus nicht auferstanden. 17 Wenn aber Christus nicht auferstanden ist, so ist euer Glaube nichtig; dann seid ihr noch in euren Sünden. 18 Dann sind auch die in Christus Entschlafenen verloren. 19 Wenn wir bloß in diesem Leben auf Christus unsere Hoffnung setzen, so sind wir bejammernswerter als alle Menschen. 12-19: Weil Christus und die Christen eine einzige mystische Person bilden, so haben die Glieder teil am Geschick des Hauptes. Leugnet also jemand die allgemeine leibliche Auferstehung, so muß er auch die Auferstehung Christi leugnen. 20 Nun aber ist Christus von den Toten auferstanden als Erstling der Entschlafenen. 21 Denn weil durch einen Menschen der Tod gekommen ist, so durch einen Menschen die Auferstehung der Toten. 22 Und gleichwie in Adam alle sterben, so werden auch in Christus alle belebt werden. 23 Ein jeder aber, wenn die Reihe an ihm ist, als Erstling Christus, dann die, welche Christus angehören, bei seiner Wiederkunft. 24 Hierauf ist das Ende, wenn er das Reich Gottes dem Vater übergibt, nachdem er jede Herrschaft, Macht und Gewalt vernichtet hat. 25 Denn er muß herrschen, bis er alle Feinde unter seine Füße gelegt hat. 26 Als letzter Feind wird der Tod vernichtet. 27 Denn alles hat er seinen Füßen unterworfen (Ps 8, 8). Wenn er aber erklärt: Alles ist unterworfen, so ist offenbar der ausgenommen, welcher ihm alles unterworfen hat. 28 Wenn ihm aber alles unterworfen ist, dann wird auch der Sohn sich selbst dem unterwerfen, der ihm alles unterworfen hat, auf daß Gott sei alles in allem. 20-28: Diese herrliche Schilderung der jenseitigen Vollendung nennt man die „Apokalypse des hl. Paulus“. Die „christliche Zeit“ geht über in die ewige Seligkeit bei dem dreieinigen Gott.

 

Folgen der Leugnung der Auferstehung. 29 Was wollen sonst die tun, welche in Stellvertretung für die Toten sich taufen lassen? Wenn überhaupt Tote nicht auferstehen, wozu lassen sie sich noch taufen in Stellvertretung für dieselben? 29: Die stellvertretende Taufe ist zwecklos. Paulus knüpft nur an diesen Mißbrauch seine Darlegung an, ohne ihn gutzuheißen, 30 Wozu setzen wir uns stündlich der Gefahr aus? 31 Täglich sterbe ich, so wahr ihr mein Ruhm seid, Brüder, den ich habe in Jesus Christus, unserem Herrn. 32 Wenn ich nur nach Menschenart in Ephesus mit wilden Tieren gekämpft habe — was nützt es mir, wenn Tote nicht auferstehen? Laßt uns dann essen und trinken, denn morgen sind wir tot! 32: Paulus gebraucht wohl den Ausdruck „wilde Tiere“ bildlich von den verrohten Feinden. 33 Laßt euch nicht irreführen! Böser Umgang verdirbt gute Sitten. 34 Werdet gründlich nüchtern und sündigt nicht! Denn einigen mangelt es an Erkenntnis Gottes; zu eurer Beschämung sage ich es.

 

Beschaffenheit unserer Auferstehung. 35 Aber es könnte einer sagen: Wie stehen die Toten auf? Mit was für einem Leibe kommen sie zum Vorschein? 36 Du Tor! Was du säest, keimt nicht auf, wenn es nicht zuvor abstirbt. 37 Und wenn du säest, säest du nicht die Pflanze, die erst werden soll, sondern ein bloßes Korn, etwa ein Weizen- oder ein anderes Samenkorn. 38 Gott aber gibt ihm einen Körper, so wie er will, und einer jeden Samenart einen eigenen Körper. 39 Nicht alles Fleisch ist dasselbe Fleisch; vielmehr ein anderes ist das Fleisch der Menschen, ein anderes das der Vierfüßler, anders das der Vögel, anders das der Fische. 40 So gibt es auch himmlische Körper und irdische Körper; aber anders ist der Glanz der himmlischen, anders derjenige der irdischen. 41 Anders ist der Glanz der Sonne, anders der Glanz des Mondes, anders der Glanz der Gestirne; denn Stern unterscheidet sich von Stern an Glanz. 42 So ist's auch mit der Auferstehung der Toten. Gesät wird in Verweslichkeit, auferweckt in Unverweslichkeit. 43 Gesät wird in Häßlichkeit, auferweckt in Herrlichkeit. Gesät wird in Hinfälligkeit, auferweckt in Kraft. 44 Gesät wird ein sinnlicher Leib, auferweckt ein vergeistigter Leib. Wenn es einen sinnlichen Leib gibt, so gibt es auch einen geistigen Leib. 45 Also steht geschrieben: Der erste Mensch, Adam ward zum lebenden Wesen (1 Mos 2,7), der letzte Adam ward zum lebendigmachenden Geist. 46 Freilich ist das Geistige nicht das Erste, sondern zuerst das Sinnliche, dann das Geistige. 47 Der erste Mensch ist aus der Erde, ist Staub, der zweite Mensch ist vom Himmel [ist himmlisch]. 48 Wie der Irdische, so auch die Irdischen, und wie der Himmlische, so auch die Himmlischen. 49 Wie wir daher das Bild des Irdischen getragen haben, so werden wir auch das Bild des Himmlischen tragen. 35-49: An Beispielen aus der Natur erläutert der Apostel die Möglichkeit der leiblichen Auferstehung und weist auf die Eigenschaften des Auferstehungsleibes hin, wie sie am verklärten Leibe Christi offenbar wurden.

 

50 Das aber versichere ich, Brüder: Fleisch und Blut können das Reich Gottes nicht erben, so wenig die Verwesung erbt die Unverweslichkeit. 51 Sehet, ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden zwar nicht alle entschlafen, wohl aber werden wir alle verwandelt werden. 51: Im Lateinischen lautet der Vers: „Alle werden wir zwar auferstehen, aber nicht alle verwandelt werden.“ Daraus wollte man schließen, vor dem letzten Gericht müßte das dann noch lebende Geschlecht für kurze Zeit sterben, um auferstehen zu können. Der Urtext verbietet diese Schlußfolgerung. 52 Plötzlich, in einem Augenblick, auf den Schall der letzten Posaune; diese wird ertönen, und die Toten werden unverweslich auferstehen, und wir werden verwandelt werden. 53 Dieses Verwesliche nämlich muß anziehen Unverweslichkeit; und dieses Sterbliche muß anziehen Unsterblichkeit.

 

Dank an Christus, den Sieger über den Tod. 54 Wenn aber dieses Verwesliche Unverweslichkeit angezogen und dieses Sterbliche sich mit Unsterblichkeit umkleidet hat, dann wird das Wort der Schrift erfüllt werden: Verschlungen ist der Tod im Sieg (Is 25,8). 55 Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel? (Os 13,14.) 56 Der Stachel des Todes ist die Sünde, die Macht der Sünde ist das Gesetz. 57 Gott sei Dank, der uns den Sieg verliehen hat durch unsern Herrn Jesus Christus. 58 Darum, meine lieben Brüder, seid fest, seid unerschütterlich, voll des Eifers im Werke des Herrn allezeit. Ihr wißt ja, daß eure Arbeit nicht vergeblich ist im Herrn. 58: Aus dem Jenseitsglauben wächst der Mut zur rechten Lebensgestaltung auf Erden. Er schafft Helden.

 

Schluß

16 Sammlung für die Gemeinde in Jerusalem. Was die Sammlung für die Heiligen betrifft, macht es ebenso, wie ich es für die Gemeinden von Galatien angeordnet habe. An jedem ersten Tage der Woche lege ein jeder von euch daheim zurück, was ihm gutdünkt, damit nicht erst bei meiner Ankunft gesammelt zu werden braucht. 2: Der Sonntag wurde schon in der Urkirche als „Tag des Herrn“ gefeiert, d. h. als Tag des verklärten Christus. Vgl. Offb 1,10. Bin ich dann da, so will ich jene, die ihr für geeignet haltet, mit Empfehlungsschreiben abschicken, damit sie eure Liebesgaben nach Jerusalem bringen. Lohnt es sich, daß auch ich reise, so sollen sie mit mir reisen.

 

Reiseplan. Ich werde zu euch kommen, sobald ich die Reise durch Mazedonien beendet habe; denn Mazedonien wird für mich nur Durchgangsland sein. Bei euch aber werde ich vielleicht bleiben oder auch den Winter zubringen, damit ihr mir die Missionsreise in sorgfältiger Vorbereitung unterstützet. Ich will euch nämlich jetzt nicht nur im Vorbeigehen sehen, ich hoffe vielmehr, einige Zeit bei euch zu verweilen, wenn es dem Herrn gefällt. In Ephesus werde ich bis Pfingsten bleiben. Denn eine große vielversprechende Türe hat sich mir aufgetan; doch auch der Widersacher sind viele.

 

Timotheus und Apollos. 10 Wenn aber Timotheus kommt, so sehet zu, daß er nicht eingeschüchtert wird unter euch; denn er arbeitet am Werke des Herrn wie ich. 11 Niemand also verachte ihn; geleitet ihn vielmehr in Frieden, daß er zu mir komme; denn ich erwarte ihn mit den Brüdern. 12 Von dem Mitbruder Apollos tue ich euch kund, daß ich ihn dringend gebeten habe, mit den Brüdern zu euch zu gehen. Indes er war durchaus nicht gewillt, jetzt zu gehen; er wird jedoch kommen, sobald es ihm gelegen ist.

 

Schlußermahnungen. 13 Seid wachsam, steht fest im Glauben, seid Männer, seid stark. 14 Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe. 15 Ich habe noch eine Ermahnung an euch, Brüder: Ihr kennet die Familie des Stephanus [des Fortunatus und Achaikus]. Ihr wisset, daß sie die Erstlingsfrucht Achajas ist und daß sie sich der Dienstleistung an den Heiligen zur Verfügung gestellt haben. 16 Ordnet auch ihr euch solchen unter und allen, welche mitwirken und arbeiten. 17 Ich freue mich über die Anwesenheit des Stephanas Fortunatus und Achaikus, weil sie den Mangel eurer Gegenwart ersetzt haben. 18 Denn sie haben meinen Geist erquickt und den eurigen. Solche Männer haltet in Ehren.

 

Grüße: 19 Es grüßen euch die Gemeinden von Asien. Auch grüßen euch vielmals im Herrn Aquila und Priska samt der Gemeinde in ihrem Hause [bei denen ich auch Obdach habe]. 20 Es grüßen alle Brüder. Grüßet einander mit heiligem Kusse. 21 Hier den Gruß von meiner, des Paulus, Hand! 21: Die eigenhändige Unterschrift galt zugleich als Beglaubigung. 22 Wenn jemand unsern Herrn Jesus Christus nicht liebt, der sei verflucht. Maran atha. 22: Maran atha ist ein altchristlicher Spruch, er wird übersetzt: Der Herr kommt; oder: Unser Herr komme! 23 Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit euch. 24 Meine Liebe gehört euch allen in Christus Jesus. [Amen.]