Word: Epheser

 

Der Brief an die Epheser

Einleitung

Die Briefe an die Epheser, Kolosser, Philipper und an Philemon wurden alle während der ersten Gefangenschaft des heiligen Paulus in Rom (61-63) geschrieben. Sie tragen deshalb die Bezeichnung „Gefangenschaftsbriefe“. Der im heutigen Kanon an erster Stelle stehende Epheserbrief ist nicht an die Einzelgemeinde von Ephesus gerichtet, in der Paulus drei Jahre gewirkt hat, während der Brief kein näheres persönliches Verhältnis zu den Lesern verrät. Wenn wir ihn nicht für den Kol 4,16 erwähnten Brief an die Gemeinde von Laodizea halten wollen, der dann später nach der Metropole Ephesus benannt wurde, ist der Epheserbrief wohl ein Rundschreiben an mehrere Gemeinden im Hinterland von Ephesus. Der Apostel will die Gläubigen gegen die drohenden Gefahren wappnen. Er zeigt ihnen die Herrlichkeit des Erlösungsgeheimnisses und der göttlichen Heilsanstalt, der Kirche, des mystischen Christusleibes (1-3). Dann ruft er sie zu einem echt christlichen Lebenswandel auf (4-6). Die wichtige Wahrheit, daß es nur innerhalb der Kirche ein wahres Christentum geben kann, wird in diesem Brief mit apostolischer Autorität verkündet für alle Zeiten.

 

Paulus, Apostel Jesu Christi durch den Willen Gottes, an die Heiligen zu Ephesus, die Gläubigen in Christus Jesus. 1: Die Worte „zu Ephesus“ fehlen in vielen alten Textzeugen. Gnade euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus.

 

Zum Höchsten hat uns Gott berufen

 

Das Heil und die Gemeinde

Lobpreis. Preiswürdig ist der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns in Christus gesegnet hat mit allem geistlichen Segen vom Himmel aus. In ihm hat er uns ja auserwählt vor Grundlegung der Welt, daß wir heilig und untadelhaft vor ihm seien. In Liebe hat er uns vorherbestimmt, daß wir in ein Kindesverhältnis zu ihm treten sollen durch Jesus Christus nach seinem gnädigen Willensentschluß, zum Preise seiner herrlichen Gnade, mit der er uns begnadigt hat in dem Geliebten. In ihm haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Sünden nach dem Reichtum seiner Gnade, die überreich uns zuteil geworden ist in aller Weisheit und Erkenntnis. Denn er hat uns das Geheimnis seines Willens kundgetan. So hat es ihm nämlich gefallen, 10 und so hatte er es sich vorgenommen, um seinen Heilsplan zu verwirklichen in ihm in der Fülle der Zeiten: In Christus wollte er alles im Himmel und auf Erden wieder einheitlich zusammenfassen. 10: In Christus sollte nicht nur alles „erneuert“ werden. Er ist nach Gottes ewigen Absichten der Inbegriff alles dessen, was Gott je für seine Geschöpfe tat, das A und Z, der Anfang und das Ende. 11 In ihm sind wir auch zu Erben berufen, wir, die wir vorausbestimmt wurden nach dem Vorsatze dessen, der alles wirkt nach dem Ratschlusse seines Willens. 12 So sollten wir zum Lobe seiner Herrlichkeit dienen, nachdem wir zuvor unsere Hoffnung gesetzt haben auf Christus. 13 In ihm seid auch ihr, nachdem ihr das Wort der Wahrheit, die Frohbotschaft eures Heils, gehört habt und gläubig geworden seid, besiegelt durch den verheißenen Heiligen Geist. 14 Dieser ist das Angeld unseres Erbes zur Erlösung seines Eigentums, zum Lobe seiner Herrlichkeit. 3-14: In einem herrlichen Hymnus besingt der Apostel den göttlichen Heilsplan und seine Verwirklichung. Von Ewigkeit her bestand der Ratschluß des Vaters, uns als seine Kinder anzunehmen (3-6). Sein menschgewordener Sohn vollbrachte die große Heilstat (7-12). Der Geist Gottes vollendet sie bis zum Antritt des ewigen Erbes (13‑14). Alles „zum Lobe seiner Herrlichkeit“! (6,12. 14.)

 

Fürbitte für die Gemeinde um Erkenntnis des Heils. 15 Seitdem ich also von eurem Glauben in der Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus und von eurer Liebe zu allen Heiligen gehört habe, 16 danke ich unaufhörlich für euch und lasse nicht nach, in meinen Gebeten euer zu gedenken. 17 Ich bete, daß der Gott unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Herrlichkeit, euch den Geist der Weisheit und Offenbarung gebe, ihn recht zu erkennen. 18 Er erleuchte die Augen eures Herzens, damit ihr einsehet, zu was für einer Hoffnung ihr berufen seid und wie reich sein herrliches Erbe unter den Heiligen ist. 19 Auch möget ihr erfahren die überschwengliche Größe seiner Macht über uns, die wir glauben, einer Macht, die zu messen ist an seiner gewaltigen Stärke. 17-19: Nicht um irdische Gaben fleht der Apostel, sondern um das Höchste, was Gott zu geben vermag, den Geist der Weisheit und Offenbarung. 20 Diese hat er an Christus kundgetan, da er ihn von den Toten erweckt und zu seiner Rechten im Himmel gesetzt hat. 21 Dort thront er nun hoch über aller Herrschaft, Gewalt, Macht und Kraft und über jedem Namen, der in dieser und der zukünftigen Welt genannt wird. 22 Alles hat er unter seine Füße gelegt, ihn aber hat er seiner Kirche zum alles überragenden Haupt gegeben; 23 ist diese doch sein Leib, die höchste Vollendung dessen, der alles in allem vollendet. 20-23: Der im Himmel thronende Christus ist uns nicht fern und fremd. Er bildet mit uns als unser Haupt und wir mit ihm als seine Glieder eine geheimnisvolle Wirklichkeit, den mystischen Christusleib, die Kirche. Erst in der Kirche erreicht Christus seine höchste Vollendung als gottmenschlicher Erlöser. Und wir sind nur als Glieder der Kirche in den alles erfüllenden Stromkreis des göttlichen Lebens einbezogen, der von ihm, dem Haupte, ausgeht. Der Satz: „Außer der Kirche kein Heil“ ist also keine Anmaßung, sondern eine Naturnotwendigkeit, das Lebensgesetz der Übernatur.

 

Christus Grund und Ziel des neuen Lebens

2 Gottes Erbarmen. Auch ihr waret einst tot in euren Übertretungen und Sünden, in denen ihr einst wandeltet nach der Weise dieser Welt, unter dem Einfluß des Fürsten, der Macht hat im Luftreich, des Geistes, der noch jetzt wirkt in den Söhnen des Ungehorsams. 2: Die Alten dachten sich das Luftreich zwischen Erde und Mond als Herrschaftsgebiet der Dämonen. Auch wir alle wandelten einst unter ihnen in den Gelüsten unseres Fleisches, vollbrachten die Begierden des Fleisches und der Sinne und waren von Natur Kinder des Zornes wie die übrigen. Gott aber, der reich ist an Erbarmen, hat in seiner übergroßen Liebe, mit der er uns geliebt, uns, da wir in den Sünden tot waren, lebendig gemacht mit Christus. Aus Gnade also seid ihr gerettet. Er hat uns mitauferweckt und mitversetzt in den Himmel in Christus Jesus. 6: Die Auferstehung Christi ist Grund, Vorbild und Bürgschaft unserer geistigen Wiederbelebung. Das ewige Leben beginnt in der Rechtfertigung und wird vollendet in der Auferstehung und Beseligung im Himmel. So wollte er in der zukünftigen Zeit den überschwenglichen Reichtum seiner Gnade und Güte gegen uns in Christus Jesus erweisen. Denn durch die Gnade seid ihr errettet mittels des Glaubens, und das nicht aus euch selbst — es ist Gottes Gabe —, nicht aus Werken, damit sich keiner rühme. 10 Denn sein Gebilde sind wir, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken. Diese hat Gott zuvor bereitet, damit wir in ihnen wandeln. 1-10: Wie ein Toter nie aus sich selber ins Leben zurückkehrt, so vermag kein Sünder das verlorene Gnadenleben aus sich selbst wiederzuerlangen. Die Torheit der Lehre von der Selbsterlösung des Menschen ist hier ebenso klar dargelegt, wie die Größe der erbarmenden Gottesliebe gegen uns Sünder.

 

Vereinigung von Juden und Heiden in der Kirche. 11 Darum denket daran: dem Fleische nach waret ihr einst Heiden und wurdet Unbeschnittene genannt von den sogenannten Beschnittenen, die am Fleische mit Händen beschnitten sind. 12 In jener Zeit waret ihr ohne Christus, ausgeschlossen von der Gemeinschaft mit Israel, fremd dem Bunde der Verheißung; ihr lebtet ohne Hoffnung und ohne Gott in der Welt. 13 Nun aber seid ihr, die ihr einst ferne waret, in Christus Jesus nahegebracht worden durch das Blut Christi. 14 Denn er ist unser Friede, er hat aus beiden eins gemacht und die trennende Scheidewand, die Feindschaft, niedergerissen in seinem Fleische. 15 Er hat das Gesetz mit seinen Geboten und Satzungen außer Kraft gesetzt. Er stiftete Frieden, da er die zwei in seiner Person zu einem neuen Menschen umschuf. 16 Und die beiden versöhnte er in einem Leibe mit Gott durch das Kreuz, da er die Feindschaft in seiner eigenen Person tötete.

 

Durch Christus sind wir Hausgenossen Gottes. 17 Er kam und verkündete den Frieden euch, die ihr ferne waret, und Frieden denen, die nahe waren. 17: Jesus ist das Band zwischen Juden und Heiden (den „Nahen und Fernen“), die durch ihn zu einer Herde, einem Volke Gottes geeint werden sollen, ja zu einer einzigen mystischen Person, der Kirche. 18 Durch ihn haben wir beide Zutritt in einem Geiste zum Vater. 19 Also seid ihr nicht mehr Fremdlinge und Beisassen, sondern seid Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes. 19: In den griechischen Städten hatten die Fremdlinge und die Beisassen, die sich außerhalb der Stadtmauern ansiedeln mußten, nicht die gleichen Rechte wie die Bürger. Im Reich Gottes aber haben alle Christen die gleichen Rechte und vollen Anteil an der Gnade Christi. 20 Ihr seid auferbaut auf dem Grunde der Apostel und Propheten; Christus Jesus selbst ist der Eckstein. 21 In ihm hat jeder Bau Halt und wächst empor zu einem heiligen Tempel im Herrn. 22 In ihm werdet auch ihr miterbaut zur Wohnung Gottes im Geiste.

 

Herrlichkeit des apostolischen Berufes

Deshalb bitte ich, Paulus, der Gefangene Christi Jesu, für euch Heiden. Ihr habt gewiß gehört von der Mitteilung des Göttlichen Gnadenamtes, das mir für euch verliehen worden ist. Durch Offenbarung ist mir das Geheimnis kundgemacht worden, wie ich es oben kurz beschrieben habe. Daraus könnt ihr beim Lesen meine Einsicht in das Geheimnis Christi erkennen. Dieses wurde in früheren Zeiten den Menschen nicht kundgemacht, wie es jetzt geoffenbart ist seinen heiligen Aposteln und Propheten durch den Geist. Danach sollen die Heiden Miterben, Mitglieder und Mitteilnehmer sein an seiner Verheißung in Christus Jesus durch die Heilsverkündigung. Ihr Diener bin ich geworden durch die Gabe der göttlichen Gnade, die mir durch sein machtvolles Wirken verliehen wurde. Mir, dem allergeringsten von allen Heiligen, ward solche Gnade verliehen, unter den Heiden zu verkünden die unergründlichen Reichtümer Christi. Allen soll ich klar machen, welches die Verwirklichung des Geheimnisses sei, das von Ewigkeit her verborgen gewesen in Gott, dem Schöpfer des Alls. 10 Aber jetzt soll den Mächten und Gewalten im Himmel durch die Kirche die überaus mannigfaltige Weisheit Gottes kund werden. 11 So war es Gottes Ratschluß von Ewigkeit her. Er hat ihn nun ausgeführt in Christus Jesus, unserem Herrn. 12 In ihm haben wir ja Zuversicht und vertrauensvollen Zutritt (zu Gott) durch den Glauben an ihn. 13 Darum bitte ich, daß ihr nicht mutlos werdet wegen der Drangsale, die ich für euch erdulde; sie gereichen euch zur Ehre. 1-13: Ohne das Gnadenwunder besonderer Offenbarung wäre der ehemalige Pharisäer und Kirchenverfolger Saulus niemals zur Erkenntnis des Christusgeheimnisses gelangt noch dessen Herold unter den Heiden geworden. So erhaben steht die Kirche da, daß sogar die Engel des Himmels erst in ihr die ganze Größe der göttlichen Weisheit erkennen, wie sie sich im Christusgeheimnis = im Erlösungsgeheimnis kundtut.

 

Gebet für die Gläubigen

14 So beuge ich denn meine Knie vor dem Vater [unseres Herrn Jesus Christus], 15 von welchem jegliche Gemeinschaft, die im Himmel und auf Erden einen Vater hat, ihren Namen empfängt. 15: Gott ist im höchsten Sinne Vater aller Engel und Menschen; sie sind seine Kinder, seine Familie. 16 Er möge euch nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit verleihen, daß ihr durch seinen Geist mit Kraft gestärkt werdet im inneren Menschen. 17 Christus möge durch den Glauben in euren Herzen wohnen. Möget ihr in Liebe festgewurzelt und festgegründet sein, 18 um mit allen Heiligen zu erfassen die Breite und Länge, die Höhe und Tiefe (des göttlichen Heilsplanes); 19 dann werdet ihr erkennen die Liebe Christi, die alle Erkenntnis übersteigt, bis ihr erfüllt seid mit der ganzen Fülle Gottes. 20 Dem aber, der Macht hat, alles zu tun, überschwenglich mehr als wir bitten oder verstehen, nach der Kraft, die in uns wirksam ist — 21 ihm sei Ehre in der Kirche und in Christus Jesus für alle Geschlechter von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen. 14-21: Dieses ergreifende Gebet des Völkerapostels ist der Höhepunkt des gedankentiefen Briefes, es ist das Muster apostolischer Fürbitte. Nicht um Nebensächlichkeiten, nur um Wesenhaftes wird da gebetet.

 

Mahnungen an die Gemeinde

 

Bewahrung der Einigkeit

So ermahne ich euch denn, ich, der Gefangene im Herrn: Wandelt würdig der Berufung, zu der ihr berufen seid, mit aller Demut und Sanftmut, in Langmut. Ertraget einander in Liebe. Bestrebt euch, die Einheit des Geistes zu bewahren durch das Band des Friedens. Ein Leib und ein Geist, wie ihr berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung. Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der da ist über allen und durch alle und in allen. Einem jeden von uns ist die Gnade verliehen nach dem Maße, wie Christus sie ihm gegeben hat. Darum heißt es: Er ist hinaufgestiegen zur Höhe, hat mit sich geführt die Gefangenen und Gaben ausgeteilt den Menschen (Ps 68,19). Das Wort: „Er ist hinaufgestiegen“ — was bedeutet das anders, als daß er zuerst auch herabgestiegen ist auf die Erde hier unten? 10 Der herabstieg, er ist derselbe, der hinaufstieg über alle Himmel, damit er das All erfülle. 11 Und er bestellte die einen zu Aposteln, andere zu Propheten, andere zu Evangelisten, andere zu Hirten und Lehrern. 12 Sie sollen die Heiligen heranbilden zur Ausübung des Dienstes, zur Erbauung des Leibes Christi, 13 bis wir alle gelangen zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zur Mannesreife, zum Vollmaße des Alters Christi. 13: Gemeint ist eine geistige Altersreife, der Fortschritt im Verständnis des Glaubens bis zur Aufnahme der in Christus wohnenden Gnadenfülle. Da diese unermeßlich ist, darf es keinen Stillstand im religiösen Streben geben. 14 Wir sind dann nicht mehr unmündige Kinder, die sich von jedem Winde der Lehre, durch das Trugspiel der Menschen, durch Verführungskünste des Irrtums hin und her schaukeln und umhertreiben lassen. 15 Vielmehr sollen wir uns an die Wahrheit halten und in Liebe heranwachsen in allen Stücken, zu ihm hin, der das Haupt ist, Christus. 16 Von ihm aus wird der ganze Leib zusammengefügt und zusammengehalten durch jedes Gelenk, das da seinen Dienst zu verrichten hat je nach der Kraft, die jedem Einzelglied zugemessen ist. Und so geht das Wachstum des Leibes vor sich, bis er sich selbst auferbaut hat in Liebe. 16: Die Kirche ist ein lebendiger Organismus; der ganze Leib zieht seine Lebenskraft aus dem Haupte durch die in den Gliedern wirkende Liebe, 1-16: Die Erkenntnis des christlichen Lebensadels fordert christlichen Lebenswandel, vor allem die Übung der Gemeinschaftstugenden. Trotz der straffen Einheit herrscht in der Kirche keine Einerleiheit oder Gleichmacherei.

 

Wandelt als neue Menschen

Umwandlung des alten Menschen. 17 Das also sage ich und beschwöre euch im Herrn: Wandelt nicht mehr wie die Heiden, die nach ihrem verkehrten Sinne wandeln. 18 Sie sind verfinstert in ihrer Sinnesart, sind entfremdet dem Leben Gottes infolge der Unwissenheit, die in ihnen ist wegen der Verstocktheit ihres Herzens. 19 Abgestumpft sind sie, geben sich der Ausschweifung hin und frönen allen unreinen Lastern in unersättlicher Gier. 19: Das Laster nimmt dem Menschen die Lust am Geistigen. Der Lasterhafte vertiert. 20 So etwas habt ihr von Christus nicht gelernt, 21 vielmehr habt ihr von ihm gehört und seid durch ihn belehrt, wie ja in Jesus Wahrheit ist: 22 Ablegen sollt ihr den alten Menschen mit seinem früheren Wandel, der in seinen trügerischen Begierden zugrunde geht. 23 Erneuert euch vielmehr in eurer ganzen Gesinnung 24 und zieht an den neuen Menschen, der nach Gott geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit.

 

Warnung vor heidnischen Lastern. 25 Darum leget ab die Lüge und redet Wahrheit im gegenseitigen Verkehr, denn wir sind Glieder untereinander. 26 Zürnet ihr, so sündiget nicht; die Sonne gehe nicht unter über eurem Zorn (Ps 4, 5). 27 Gebt nicht Raum dem Teufel. 28 Wer gestohlen hat, stehle nicht mehr, sondern erwerbe sich durch die Arbeit seiner Hände ehrlichen Lohn, damit er auch dem Bedürftigen mitteilen kann. 29 Kein faules Gerede komme aus eurem Munde, sondern nur gutes, das, wo es immer nottut, zur Erbauung dient; damit es den Hörern Segen bringe. 30 Betrübet nicht den Heiligen Geist Gottes, in welchem ihr besiegelt seid für den Tag der Erlösung. 31 Alle Bitterkeit, aller Zorn und Groll, alles Lärmen und Lästern, ja alle Bosheit bleibe ferne von euch.

 

Pflege des Tugendlebens. 32 Seid gütig und barmherzig gegeneinander. Vergebet einander, wie auch Gott in Christus euch vergeben hat.

 

Werdet also Nachahmer Gottes als geliebte Kinder. Wandelt in Liebe, wie auch Christus euch geliebt und sich selbst für uns hingegeben hat als Opfer, Gott zum lieblichen Wohlgeruch. Unzucht und jede Art von Unreinigkeit oder Habsucht soll unter euch nicht einmal zum Gegenstand des Gesprächs gemacht werden, wie es Heiligen ziemt; ebensowenig Gemeinheit, fades Geschwätz oder schlüpfriger Witz, Dinge, die sich nicht gehören; statt dessen vielmehr Danksagung! 3-4: Wo es nottut, müssen und dürfen auch solche Dinge besprochen werden; aber ein Christ wird sie nie leichtfertig in die Unterhaltung ziehen. Nicht der Prüderie, sondern dem feinen Ehrgefühl und der Schamhaftigkeit redet Paulus das Wort. Denn das merkt euch wohl: Kein Unzüchtiger oder Unreiner oder Habsüchtiger — denn das ist ein Götzendiener — hat Anteil an dem Reiche Christi und Gottes. Laßt euch von niemand betrügen mit eitlen Worten; denn um solcher Dinge willen kommt der Zorn Gottes über die ungehorsamen Söhne. Werdet also nicht ihre Genossen!

 

Kinder des Lichtes, keine Finsterlinge! Denn einst waret ihr Finsternis, nun aber seid ihr Licht im Herrn. Wandelt als Kinder des Lichtes! Die Frucht des Lichtes ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit. 10 Prüfet, was Gott wohlgefällig ist. 11 Nehmet nicht teil an den unfruchtbaren Werken der Finsternis, rückt sie vielmehr ins rechte Licht. 12 Denn alles, was im geheimen von ihnen getrieben wird, davon auch nur zu reden, ist schändlich. 13 Alles aber, was ins Licht gerückt wird, ist vom Lichte erhellt. 14 Denn alles, was offenbar wird, ist Licht. Darum heißt es: Wach auf, der du schläfst, steh auf von den Toten, und Christus wird dir aufleuchten! 14: „Christus wird dich erleuchten“, heißt es im lateinischen Text.. Die Stelle dürfte einem urchristlichen Hymnus entnommen sein, vielleicht aus der ältesten Taufliturgie. 15 Sehet also zu, Brüder, wie ihr vorsichtig wandelt, nicht wie Unweise, sondern wie Weise. 16 Erkaufet die Zeit; denn die Tage sind böse. 17 Seid daher nicht unverständig, sondern lernt einsehen, was der Wille des Herrn ist. 18 Berauschet euch nicht mit Wein; das führt zur Liederlichkeit. Werdet vielmehr des Geistes voll. 19 Redet zueinander in Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern; singet und jubelt dem Herrn in eurem Herzen. 20 Danket allezeit für alles Gott, dem Vater, im Namen unseres Herrn Jesus Christus.

 

Mahnung bezüglich des Familienlebens. 21 Ordnet euch einander unter in der Ehrfurcht vor Christus. 21: Wo einer im andern Christus sieht, fällt die Unterordnung nicht schwer, am wenigsten in der Ehe und Familie. 22 Die Frauen sollen ihren Männern untertänig sein wie dem Herrn. 23 Denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie Christus das Haupt der Kirche ist, er, der Erlöser seines Leibes. 23: Diese Stelle gehört zum Erhabensten, was sich über die Ehe sagen läßt: Der Mann ist Abbild Christi, des Erlösers seines Leibes, der Kirche. Die Frau ist Abbild der bis zu Selbsthingabe von Christus geliebten Kirche, der Braut Christi. Nicht Selbstsucht führt sie zusammen, sondern der Wille, sich gegenseitig zu heiligen. Eines wird dem andern zum zweiten Ich. Und diese Einheit in der Zweiheit ist eingegliedert in die übernatürliche Lebensgemeinschaft mit Christus. Die Ehe ist also unendlich mehr als ein „weltlich Ding“. 24 So wie die Kirche Christus unterworfen ist, so seien es die Frauen ihren Männern in allem. 25 Ihr Männer, liebet eure Frauen, so wie Christus die Kirche geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat, 26 um sie zu heiligen, indem er sie reinigte im Wasserbade durch das Wort [des Lebens]. 27 Herrlich wollte er die Kirche für sich selbst darstellen, ohne Makel, ohne Runzel oder andere Fehler; heilig sollte sie vielmehr sein und ohne Fehl. 28 So sollen die Männer ihre Frauen lieben wie ihren eigenen Leib. Wer sein Weib liebt, liebt sich selbst. 29 Denn niemand hat je sein eigenes Fleisch gehaßt, sondern er hegt und pflegt es, so wie Christus die Kirche. 30 Wir sind ja Glieder seines Leibes, [von seinem Fleisch und seinem Gebein]. 31 Darum wird der Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seinem Weibe anhangen, und die zwei werden ein Fleisch sein (1 Mos 2,24). 32 Dieses Geheimnis ist groß; ich sage dies aber in bezug auf Christus und die Kirche. 33 Jedenfalls sollt auch ihr, einer wie der andere, seine Frau lieben wie sich selbst. Die Frau aber soll vor ihrem Manne Ehrfurcht haben.

 

Ihr Kinder, gehorchet euren Eltern im Herrn; denn so gehört es sich. „Du sollst Vater und Mutter ehren“, das ist das erste Gebot mit einer Verheißung: „auf daß es dir wohlergehe und du lange lebest auf Erden.“ Ihr Väter, verbittert eure Kinder nicht, sondern erziehet sie in der Lehre und Zucht des Herrn. Ihr Knechte, gehorchet euren leiblichen Herren mit Furcht und Zittern, in Einfalt eures Herzens, als gälte es Christus, — nicht in Augendienerei, um Menschen zu gefallen, sondern als Diener Christi, die den Willen Gottes tun von Herzen. Leistet euren Dienst mit willigem Sinn, als gälte es dem Herrn und nicht Menschen. Ihr wißt ja: Ein jeder, der Gutes tut, wird Lohn empfangen vom Herrn, sei er Knecht oder Freier. Ihr Herren, handelt ebenso gegen sie [die Knechte]. Lasset das Schelten. Bedenket, daß sie ebenso wie ihr einen Herrn im Himmel haben, bei dem kein Ansehen der Person gilt.

 

Die christliche Waffenrüstung

10 Im übrigen, [meine Brüder,] werdet stark im Herrn durch seine mächtige Kraft. 11 Ziehet an die volle Waffenrüstung Gottes, daß ihr standhalten könnt gegen die Nachstellungen des Teufels. 12 Denn wir haben nicht bloß zu kämpfen mit Fleisch und Blut, sondern mit Mächten und Gewalten, mit den finsteren Weltbeherrschern, mit den bösen Geistern in den Höhen. 13 Leget darum an die volle Waffenrüstung Gottes, damit ihr am bösen Tage widerstehen und in allem unerschütterlich aushalten könnt. 14 Tretet also an, eure Lenden umgürtet mit Wahrheit. Ziehet an den Panzer der Gerechtigkeit, 15 beschuhet die Füße mit der Bereitschaft für die Frohbotschaft des Friedens. 16 Zu allem hin ergreifet den Schild des Glaubens, mit dem ihr alle feurigen Geschosse des Bösen auslöschen könnt. 16: Die Krieger im Altertum gebrauchten auch Pfeile mit verschiedenen brennbaren Stoffen an der Spitze, die vor dem Abschießen angezündet wurden. Paulus meint mit den „feurigen Geschossen“ die bösen Begierden, wohl auch die Verleumdungen und Anklagen von seiten der christenfeindlichen Juden und Heiden. 17 Nehmt den Helm des Heils und das geistige Schwert, das ist das Wort Gottes. 18 Mit allerlei Bitten und Gebeten flehet allezeit im Geiste. Seid dabei auch wachsam in beharrlicher Fürbitte für alle Heiligen. 19 Betet auch für mich, daß mir das rechte Wort gegeben werde, wenn ich den Mund auftue, um freimütig das Geheimnis der Heilsbotschaft zu verkünden. 20 Für diese bin ich ein Gesandter in Fesseln. Freimütig will ich dafür eintreten, wenn es meine Pflicht ist zu reden. 10-20: Paulus war während der Gefangenschaft ständig von einem Soldaten bewacht. In ihm sieht er das Bild des Christen als Gottesstreiter. Nicht um einen Kampf von Mensch gegen Mensch handelt es sich, sondern um das Niederringen des Fürsten der Finsternis und seiner Vasallen. Da reichen Menschenkräfte nicht aus. Das Gebet sichert die Hilfe von oben.

 

Schluß des Briefes

21 Damit ihr wißt, welches meine Lage ist und wie es mir geht, so soll Tydaikus, der vielgeliebte Bruder und treue Diener im Herrn, euch alles berichten. 22 Ich schicke ihn zu euch zu dem Zwecke, daß ihr erfahret, wie es um uns steht, und daß er eure Herzen tröste. 23 Friede sei den Brüdern und Liebe samt Glauben von Gott, dem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. 24 Die Gnade sei mit allen, die unsern Herrn Jesus Christus liebhaben in Unvergänglichkeit! [Amen.]